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Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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hatte Alexander, der Älteste, den anderen erklärt.
    »Papa wird ihn finden. Nicht wahr, Papa?«
    Jetzt war Papa müde. Und traurig. Er stapfte ins Wohnzimmer und ließ sich in den einzigen bequemen Sessel fallen, einen gigantischen englischen Ohrensessel mit abgenutztem Lederbezug. Er legte die Beine auf den ramponierten Couchtisch vom Flohmarkt und stellte mit der Fernbedienung die riesige Stereoanlage noch lauter.
    M’ha chiamata mio figlio
    dentro un raggio di stelle
    m’e aparso il suo sorriso
    m’ha detto: Mamma, vieni in Paradiso!
    Addio! Addio!
    Addio, chiesetta! In te quant’ho pregato.
    Das Libretto lag vor ihm, obwohl er fast den ganzen Text auswendig wußte. Das Heftchen verschwand beinahe in seinen Pranken, während er hilflos dasaß und ins Leere starrte.
    Fast hätte er die Türklingel nicht gehört. Gereizt versuchte er herauszufinden, wieviel Uhr es war, schließlich fiel sein Blick auf die Herduhr, während er die Musik leiser stellte.
    »Komm ja schon«, sagte er, als es noch einmal klingelte. Er machte sich am Sicherheitsschloß zu schaffen, und es wurde noch einmal geklingelt.
    »Komm ja schon, Mensch«, fauchte er und riß die Tür auf.
    Als erstes sah er einen riesigen Seesack, der oben nicht richtig verschnürt war, ein großer Wollpullover versuchte zu entkommen. Dann sah er ein Paar Stiefel aus Schlangenleder mit echten Silberbeschlägen.
    Die Frau vor ihm lächelte. Sie hatte halblange braune Haare und leuchtendblaue Augen mit einem schwarzen Ring um die Iris. Die Lederjacke war hell und noch ganz neu, mit kurzen Fransen am Brustteil und indianischen Stickereien auf den Taschen. Die Frau war sonnengebräunt, ein mattgoldener Farbton ohne die geringste Röte zeigte, daß sie sich lange in sonnigen Gefilden aufgehalten hatte. Von den Augen zog sich jeweils ein weißer Streifen über die Schläfen. Sie lachte.
    »Jetzt siehst du fast schon mondsüchtig aus. Kann ich bei dir wohnen?«
    »Hanne«, flüsterte er. »Das ist einfach nicht wahr! Hanne!«
    »It’s me all right«, sagte sie, als er über den Seesack stieg, sie um die Taille packte, sie hochhob und mit ihr in die Wohnung zurücksprang.
    Dort ließ er sie in den Ohrensessel fallen, breitete die Arme aus und brüllte:
    »Hanne! Warum in aller Welt bist du hier? Wann bist du gekommen? Bleibst du lange?«
    »Hol meinen Sack rein, ja?«
    Billy T. holte den Seesack und stellte die Oper aus.
    »Kann ich dir irgendwas anbieten? Was zu trinken?«
    Er kam sich vor wie ein Kind, und er merkte, daß er vor Freude rot anlief, das war restlos ungewohnt, aber nicht unangenehm. Hanne Wilhelmsen war wieder zu Hause. Und sie würde bei ihm wohnen. Im Kühlschrank lagen eine vom Freitag übriggebliebene halbe Pizza Marke Eigenbau und fünf Dosen Bier. Er schnappte sich zwei davon, schaltete den Backofen ein und warf der Frau im Sessel die eine Dose zu.
    »Erzähl«, sagte er, setzte sich vor ihr auf den Boden, verschränkte seine Arme auf ihren Knien und starrte ihr in die Augen. »Wann bist du gekommen?«
    »Eben. Jede Menge Verspätungen, ich bin hundemüde. Wie spät ist es eigentlich?«
    Ohne auf Antwort zu warten, fuhr sie ihm plötzlich über die Schulter.
    »Es ist schön, dich zu sehen, Billy T. Wie geht’s dir?«
    »Ganz gut«, sagte er ungeduldig. »Wirst du wieder arbeiten? Jetzt sofort?«
    »Nein, ich bin bis Weihnachten beurlaubt, und ich muß auch wieder nach Kalifornien zurück. Demnächst. Aber ich konnte einfach nicht dortbleiben. Cecilie hat das eingesehen. Sie versteht, daß ich da drüben durchdrehen würde, während ihr hier …«
    Sie beschrieb mit der Bierdose einen Bogen in der Luft, und das Bier schwappte über.
    »Ich konnte dich mit diesem Fall doch nicht allein lassen. Ich könnte dir helfen, als eine Art … freie Mitarbeiterin? Damit du nicht mehr allein bist.«
    »Allein?«
    Er bohrte den Kopf in ihren Schoß, packte ihre Beine und schüttelte sich.
    »Wir sind doch fast zweihundert Leute!«
    »Aber die sind alle nicht wie ich«, sagte Hanne Wilhelmsen und lachte.
    Ihr Lachen trillerte leise, kroch ihm in die Ohren und ins Gehirn und wanderte dann angenehm das Rückgrat hinunter.
    Hauptkommissarin Hanne Wilhelmsen war wieder da. In Norwegen. In Oslo. Sie wollte ihm helfen.
    »Ich bin so froh darüber, daß du hier bist«, flüsterte er. »Ich habe …«
    Er verstummte und kratzte sich am Rücken.
    »Du hast mich vermißt, was? Ebenso. Wo kann ich schlafen? Wir haben doch unsere Wohnung vermietet, ich hoffe also,

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