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Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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räusperte sich.
    »Der König von Jordanien wurde für den kommenden Mittwoch zu Besuch erwartet. Inkognito.«
    Die anderen wechselten Blicke, der Polizeipräsident starrte den Chef der Nachrichtensektion der Kriminalpolizei an, einen kräftigen, rothaarigen Mann, der entgegen seiner üblichen Gewohnheit während dieser Besprechung noch kein Wort gesagt hatte.
    »Ein Versuch, die letzten Reste des Oslo-Abkommens zu retten«, sagte Überwachungschef Ole Henrik Hermansen nach einer kurzen Pause, während der er sich aus irgendeinem Grund suchend umgesehen hatte. »Darf man hier rauchen?«
    »Eigentlich nicht«, antwortete der Polizeipräsident und kratzte sich am Kopf. »Aber heute machen wir eine Ausnahme.«
    Er holte einen gläsernen Aschenbecher aus der Schreibtischschublade und stellte ihn seinem Kollegen hin. Hermansen hatte sich schon eine Zigarette angezündet.
    »Da die Ministerpräsidentin nicht mehr lebt, ist der Besuch natürlich abgesagt worden. Das könnte eine Spur sein. Allerdings gäbe es andere und weitaus weniger dramatische Methoden, um den König von Jordanien von Norwegen fernzuhalten. Wenn etwas über den Besuch durchgesickert wäre, hätte eine telefonische Drohung sicher auch ausgereicht.«
    Die Rauchringe bildeten über seinem Kopf eine Kette von Heiligenscheinen.
    »Dann haben wir natürlich die Rechtsextremen. Wie ihr wißt, sind die zur Zeit besonders aktiv. Die Zeitungen übertreiben natürlich, aber wir wissen mit Sicherheit von zwei oder drei Gruppen, die fanatisch genug sind, um einen Mord zu planen. Bisher haben wir sie nicht für so radikal gehalten. Aber das scheint sich geändert zu haben.«
    »Aber …«
    Håkon Sand fuchtelte wie ein übereifriger Examenskandidat mit dem Zeigefinger.
    »Wenn die dahinterstecken, warum haben sie nicht … warum haben sie sich nicht zu dem Mord bekannt? Die ganze Sache hat doch keinen Sinn, wenn die Welt nicht erfährt, daß sie das waren.«
    »Schon richtig«, sagte Ole Henrik Hermansen, ohne Håkon Sand anzusehen.
    »Wir haben auf eine Meldung gewartet. Aber sie ist ausgeblieben. Falls eine oder mehrere von diesen Gruppen hinter dem Mord stehen, dann haben wir ein gewaltiges Problem. Am Freitag.«
    »Die Beisetzung«, murmelte der Polizeipräsident müde.
    »Genau. Die Ministerpräsidentin stand ganz oben auf den sogenannten Todeslisten. Und alle anderen, die dort aufgeführt sind, und ich meine wirklich alle, kommen zur Beisetzung.«
    »Und das wird die reinste Hölle«, sagte der Leiter der Terrorpolizei, ein untersetzter, schwarzhaariger Mann.
    »Da sagst du was Wahres«, kommentierte der Überwachungschef und drückte mit energischer Handbewegung seine Zigarette aus. »Vielleicht haben sie deshalb noch keine Erklärung abgegeben. Sie warten. Das ist natürlich möglich. Voll und ganz möglich.«
    21.39, Stolmakergata 15
    Non potendo carrezzarmi,
    le manine componesti in croce.
    E tu sei morto senza sapere
    quanto t’amava questa tua mamma.
    Billy T. stand in einem kleinen Schlafzimmer, das wegen der Etagenbetten, die nur einen halben Meter voneinander entfernt waren, noch kleiner wirkte. Er legte beim Bettenabziehen eine Pause ein und schlug die Hände vors Gesicht, während er sich auf das obere Bett stützte. Die Musik dröhnte durch die ganze Wohnung, er hatte in jedem Zimmer Lautsprecher aufgebaut. Auch im Kinderzimmer, obwohl seine eifrigen Versuche, vier junge Männer zwischen sechs und acht Jahren zu Opernliebhabern zu erziehen, bisher gescheitert waren.
    Schwester Angelica beklagte im Mittelteil von Puccinis »Il trittico« ihren toten Sohn, und Billy T. hielt sich das Bettzeug ans Gesicht und schloß die Augen. Hinter den Augenlidern brannte alles. Seit dem vergangenen Freitag hatte er fünf Stunden geschlafen; es war ein unruhiger Schlaf gewesen, in dem er sich von einer Seite auf die andere gewälzt hatte und beim Erwachen noch erschöpfter gewesen war als vorher. Bald würde er vor dem Schlafmittel, das wie ein Rettungsanker im Schrank lag, kapitulieren müssen, er hatte es seit einem Jahr nicht mehr angerührt.
    Er rieb sich mit dem Bettzeug das Gesicht. Seine Augen brannten. Eigentlich hätten die Jungen das Wochenende bei ihm verbringen sollen. Geduldig, altklug und verständnisvoll hatten die vier Halbbrüder sich damit abgefunden, am Samstag vormittag zu ihren jeweiligen Müttern kutschiert zu werden, nachdem am Freitag abend Billy T.s Schwester kurzfristig hatte einspringen müssen.
    »Papa soll den Mörder finden«,

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