Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)
ich kann hier einziehen.«
»Das ist noch die Frage«, sagte Billy T. »Traust du dich, das Doppelbett mit mir zu teilen, oder willst du eins von den Kinderbetten?«
»Letzteres ist wohl sicherer«, sagte sie und gähnte nachdrücklich.
»Aber erst köpfen wir eine Flasche Wein, ja?«
Hanne Wilhelmsen starrte ihr kaum berührtes Bier an.
»Eigentlich würde ich nichts lieber tun, als jetzt mit dir eine Flasche Wein zu teilen. Rein gar nichts.«
»Und Pizza«, grinste Billy T. »Selbstgemachte.«
Der Wecker auf dem Nachttisch leuchtete schwach grünlich und verriet ihr, daß der Tag vier Stunden und fünf Minuten alt war. Billy T. hatte die Decke weggestrampelt und lag diagonal in seinem eigens für ihn konstruierten Bett. Er trug Boxershorts und ein Fußballhemd, ein Geschenk von Cecilie, San Francisco 49ers in Größe XXXL, und er schnarchte leicht mit offenem Mund. Hanne blieb stehen und sah ihn an, für einen Moment hätte sie es sich fast noch anders überlegt. Dann stieg sie leise ins Bett und schmiegte sich an seinen riesigen Körper.
»Ich hab so böse Träume«, flüsterte sie. »Und das Bett nebenan ist so schrecklich hart.«
Er schmatzte leicht und rückte weiter Richtung Bettkante. Dann legte er den linken Arm um sie und murmelte:
»Ich wußte ja, daß ich dich irgendwann ins Bett kriegen würde.«
Hanne schmunzelte im Dunkeln. Und dann schliefen sie beide ein.
Montag, 7. April 1997
9.15, Oberstes Gericht
Benjamin Grinde starrte den Gerichtspräsidenten an und schüttelte kurz den Kopf.
»Ich weiß wirklich nicht, was ich dazu sagen soll. Wie ich dir gestern schon am Telefon erzählt habe, hat die Polizei zugegeben, daß das ganze ein kapitaler Irrtum war. Aber ich habe keine Ahnung, woher die Presse Wind von der Sache bekommen hat.«
Der Gerichtspräsident hielt sich die Zeitung vors Gesicht. Seine Brillengläser waren sehr stark und ließen seine Augen verschwindend klein aussehen; jetzt kniff er sie zu allem Überfluß auch noch zusammen.
Richter vom Obersten Gericht festgenommen
Benjamin Grinde – der Mann,
der Volter als letzter lebend sah
Von Liten Lettvik und Trond Kjevik (Foto)
Wenn die Polizei nun schon seit fast drei Tagen hartnäckig behauptet, im Fall Volter noch keine Festnahmen vorgenommen zu haben, so entspricht das nicht den Tatsachen. Was die Polizei und Benjamin Grinde, Richter beim Obersten Gericht, verzweifelt zu verbergen versuchen, ist, daß Grinde am späten Freitag abend in seiner Wohnung verhaftet wurde.
Bereits eine halbe Stunde nachdem Ministerpräsidentin Birgitte Volter in ihrem Büro tot aufgefunden worden war, wurde gegen Richter Grinde ein Haftbefehl erlassen (siehe Kasten). Der bekannte Jurist, der übrigens die sogenannte Grinde-Kommission leitet, hat die Ministerpräsidentin allem Anschein nach als letzter lebend gesehen. Nach unseren Informationen behauptet Grinde, der der AZ gegenüber keinen Kommentar abgeben wollte, daß sein Besuch in Birgitte Volters Büro am späten Freitag nachmittag pure Routine gewesen sei. Die Polizei will diese Aussage jedoch nicht bestätigen. Die Osloer Hauptwache umgibt den Haftbefehl mit einer Mauer des Schweigens. Polizeipräsident Hans Christian Mykland erklärt, der Haftbefehl sei längst aufgehoben worden, er sei lediglich durch eine »Fahrlässigkeit« ausgestellt worden. Die Reaktionen in politischen Kreisen reichen von Gelassenheit bis Entsetzen.
»Ungünstig«, murmelte der Gerichtspräsident. »Wirklich ungünstig.«
Benjamin Grinde starrte auf die Tischplatte und fixierte dann eine abgegriffene rote Gesetzessammlung. Der Löwe im Landeswappen grinste ihn arrogant und herablassend an, und Grinde kniff die Augen zusammen.
»Du hast recht«, sagte er leise. »Aber was soll ich tun? Bis auf weiteres meine Tätigkeit als Richter einstellen?«
Der Gerichtspräsident legte die Zeitung hin, stand auf und ging um den massiven Eichentisch des Richterzimmers herum ans Fenster. Er starrte die Fassade des Nachbarhauses an, in die die erste Zeile der Nationalhymne eingehauen war.
»Schönes Bild«, murmelte er und legte die Handflächen an die Glasscheibe.
»Wie meinst du?«
»Das war ein wirklich schönes Bild von dir. In der Zeitung.«
Er drehte sich um und setzte sich wieder hin. Er schien für eine Weile abwesend zu sein, doch Benjamin Grinde kannte ihn als einen Mann, der nachdachte, ehe er etwas sagte, und unterbrach deshalb das Schweigen nicht.
»Das wäre nicht richtig«, sagte der Gerichtspräsident
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