Im Zeichen des Todes
vorbei zur Tür ging, lächelte sie Zak aufmunternd zu. Dann war er allein mit Michael.
Zunächst schwieg der alte Mann und sah ihn nur aus seinen intensiv grünen A ugen an. Schließlich konnte Zak dem Blick nicht mehr standhalten und sah zu Boden.
» Wahrscheinlich denkst du, dass ich dich ziemlich schlecht behandle«, sagte Michael endlich.
» Ich weiß nicht, was ich denken soll«, erwiderte Zak wahrheitsgemäß.
» Du musst wissen, dass ich dich nicht aktivieren würde, wenn ich nicht der Meinung wäre, dass du diesen A uftrag bewältigen kannst. A ber das bedeutet nicht, dass du gehen musst. Es gibt keinen Zwang. Die W ahl liegt bei dir.«
Zak dachte einen Moment darüber nach, bevor er erwiderte: » Als ich hierhergekommen bin, haben Sie gesagt, Sie würden mir etwas über meine Eltern erzählen, wenn die Zeit reif ist. Sagen Sie mir, was Sie wissen, dann denke ich vielleicht darüber nach, nach Mexiko zu gehen.«
Michael neigte den Kopf. » Ich nehme es dir nicht übel, dass du zu verhandeln versuchst. Das würde ich an deiner Stelle auch tun. A ber ich fürchte, die A ntwort lautet immer noch ›Nein‹. Es wird die Zeit kommen, da du verstehst, warum, aber es ist noch nicht so weit. Du musst eine Entscheidung treffen, ohne dass der Gedanke an deine Eltern dein Urteilsvermögen beeinträchtigt. Und du musst sie jetzt treffen, Zak.«
Zak stand auf. Er ging zu den großen Fenstern hinüber und sah hinaus auf die Insel. Die Sonne, die bei seinem A ufwachen so hell geschienen hatte, war nun hinter W olken verborgen. Das überraschte Zak nicht. A n diesem entlegenen Ort wechselte das W etter ziemlich rasch und jetzt sah es so windig und trostlos aus wie üblich.
» Was passiert, wenn ich Nein sage?«, fragte er.
» Dann bleibst du hier bei Raphael und Gabriella. Du machst mit deinem Training weiter und wartest darauf, dass sich etwas …« Michael schien nach dem passenden W ort zu suchen. » … A ngemesseneres findet. W enn du dich allerdings beharrlich weigerst, aktiviert zu werden, hört deine Nützlichkeit für uns natürlich irgendwann auf.«
» Und dann?«
» Tja, was dann?«
Es entstand eine weitere Pause.
» Ich biete dir einen Handel an«, sagte Michael.
Zak drehte sich zu ihm um. » Ich wusste gar nicht, dass Sie Deals auszuhandeln pflegen.«
» Tue ich auch nicht. A ber in diesem Fall … Geh nach Mexiko. Schleich dich bei Martinez ein. V ersuche, die Beweise zu finden, die wir brauchen. W enn nicht, holen wir dich raus und bringen dich hierher zurück. A ber was auch immer geschieht – und das verspreche ich dir hoch und heilig –, wenn wir uns das nächste Mal treffen, werde ich dir sagen, was mit deinen Eltern geschehen ist.«
Michael war ernst, so ernst, dass es Zak nicht einmal in den Sinn kam, ihm zu misstrauen.
» Sie können mich jederzeit rausholen?«, fragte er.
» Jederzeit«, antwortete Michael.
Zak nickte und sah wieder aus dem Fenster. » Und wenn Cruz mich nicht mag?«, fragte er. » In der Schule mögen mich eine Menge Leute nicht. Ich meine, mochten.«
Michael trat zu Zak, stellte sich neben ihn und sah ebenfalls hinaus auf die karge Landschaft. » Das Geheimnis einer erfolgreichen Operation ist es, nichts dem Zufall zu überlassen«, erklärte er ruhig und legte Zak eine Hand auf die Schulter. » Cruz wird dich mögen. Und Martinez auch. Das kann ich dir versprechen. Das haben wir alles bereits vorbereitet.«
Es begann zu regnen, doch verglichen mit dem A nwesen eines Drogenbarons schien die karge Insel auf einmal viel einladender.
» Was passiert, wenn dieser Martinez nicht vor Gericht gebracht wird?«, wollte Zak wissen.
» Dann werden weiterhin Familien sterben. Unschuldige Kinder. Und nicht nur in Mexiko. Die Drogen, die sie nach England schicken, zerstören mehr Leben, als wir zählen können.«
Zaks Fingernägel gruben sich in seine Handflächen. Er hatte das Gefühl, an einer Klippe zu stehen und nicht den Mut für den entscheidenden Schritt aufzubringen.
» Ja oder nein, Zak? Mehr musst du nicht sagen. Es ist deine Entscheidung.«
Zak holte tief Luft. Er warf einen Blick über die Schulter auf das Foto von Cruz, das ihn von der Leinwand ansah, dann blickte er wieder aus dem Fenster in den immer dunkler werdenden Himmel.
Schließlich antwortete er. » Ja.«
Michael nickte. » Schön. Dann hör mir gut zu, Zak. Ich habe dir versprochen, dass Cruz dein bester Freund werden wird. Und das werden wir folgendermaßen anstellen …«
Teil zwei
Onkel
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