Im Zweifel suedwaerts
rosafarbenes Baseballcap auf, als wollte sie sichergehen, dass die Herde sie auch erkannte.
»Ich weiß ja nicht, wie es euch geht«, sagte Betty, die schon mehrere argwöhnische Blicke geerntet hatte, als wären wir wieder in Remscheid, »aber ich brauche sofort so ein ›I heart Portugal‹- T -Shirt. Und eine passende Mütze. Beides. Dringend. Jetzt.«
Ana lachte. Sie ging neben Marco ein paar Schritte vor uns als Führerin durch die verwinkelten Gassen von Lagos, in denen wir sonst nie das kleine Hotel ihrer Großcousine Patricia gefunden hätten, in dem zufällig noch ein Zimmer frei gewesen war. »Aber nur eins. Leider alle anderen voll sonst – Saison«, hatte Ana mit ihrem typischen, bedauernden Gesicht erklärt.
»Macht nix«, verkündete Betty. »Ich bleib eh im Bus. Es gibt keinen schöneren Ort.«
Lucy sah das anders. Sie freute sich wie ein kleines Kind auf ein echtes Bett und eine echte Dusche und vier Wände und eine Tür. »Ich hoffe, es gibt auch einen Fernseher!«
»Aber du verstehst doch gar kein Portugiesisch«, gab ich zu bedenken.
Sie sah mich nur verständnislos an. »Häh? Ja und?«
Es war zwar noch Platz im Hotelbett, aber ich hatte mich trotzdem dagegen entschieden, zu Lucy zu ziehen. Und auch die Angebote von Marco und Ana, in seinem Camper oder auf der Gästecouch im Haus ihrer Eltern zu schlafen, hatte ich ausgeschlagen. Es waren definitiv verlockende Optionen, auf jeden Fall versprachen sie mehr Komfort als Skys gelber Schrott auf Rädern. Aber diesem Schrott jetzt den Rücken zu kehren, hätte das Ende von Bettys und meinem gemeinsamen Abenteuer bedeutet. Drei Wochen im Bus, zusammen. Das war schließlich der Plan gewesen. Und solange der Bus zwar nicht fuhr, aber bewohnbar war, wollte ich diesen Plan durchziehen, denn einen verfrühten Auszug aus Bequemlichkeit würde ich hinterher bestimmt bereuen. In einem normalen Zimmer konnte ich schließlich in allen anderen Nächten im Jahr schlafen.
Ein bisschen neidisch wurde ich allerdings schon, als wir in Patricias Hotel ankamen. Lucys kleines Reich für die kommenden Tage war zwar einfach eingerichtet, aber sauber und gemütlich, mit hellblauen Wänden, daran Blumenmotive, und an den Fenstern zarte Spitzenvorhänge. Durch das geöffnete Fenster drangen Lachen, Geschirrklappern und eine Unterhaltung auf Portugiesisch herein. Während wir anderen eine kleine Warteschlange vor dem Badezimmer bildeten, um nach und nach eine ausgiebige Dusche zu nehmen und uns den Reisedreck vom Körper zu waschen, packte Lucy ihren Koffer aus, summte zufrieden ein Lied und schaltete den Fernseher ein, der in einer Ecke des Zimmers stand. Je mehr Kanäle sie ausprobierte, desto mehr verfinsterte sich ihre Miene, während sie langsam verstand, worauf ich mit meinem Hinweis auf ihre mangelnden Portugiesisch-Kenntnisse hinausgewollt hatte. »Da versteh ich ja kein Wort«, sagte sie enttäuscht und schob die Unterlippe vor.
Marco lehnte lässig an der Wand neben dem Badezimmer. Gentleman, der er war, hatte er uns Damen beim Duschen natürlich den Vortritt gelassen. »Du hattest doch nicht etwa vor, hier zu sitzen und fernzusehen, wenn da draußen die Sonne und das Meer auf dich warten.«
Lucy drehte sich zu ihm um und zuckte mit den Schultern. »Ich hab seit Ewigkeiten nicht mehr ferngesehen. Mir fehlt das. So entspann ich eben einfach am besten.«
Im Hintergrund plätscherte portugiesischer Singsang aus den Lautsprechern des alten Fernsehers und gewann Anas Aufmerksamkeit. Sie reckte erst nur den Kopf, um zu sehen, was auf dem Bildschirm vor sich ging, doch es dauerte nicht lange, da hatte die Sendung sie so sehr in ihren Bann gezogen, dass sie sich neben Lucy auf das Bett setzte und konzentriert den Geschehnissen im Fernsehen folgte.
»Ana?!« Marco war sichtlich baff. Drinnen sitzen und fernsehen, wenn das Wetter gut war? Frevel! Wie schon am vorherigen Abend in Lissabon, als Lucy die verflohte Katze gestreichelt hatte, wirkte er wie ein gestresster Familienvater. Vielleicht war unsere Gesellschaft für ihn doch nicht so gut, wie er gedacht hatte.
»Então o que? Ich habe jeden Tag Sonne und Strand.« Ana sah ihn nicht einmal an, während sie mit ihm redete, um bloß nichts zu verpassen. Sanft legte sie Lucy eine Hand aufs Bein, neigte sich zu ihr hin und flüsterte schnell, als würde sie ihr ein Geheimnis anvertrauen: »Das is ›Remédio Santo‹, beste Telenovela, allerbeste. Ich gucke jeden Tag, wenn ich kann, seit Anfang an.« Ihre Augen
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