Im Zweifel suedwaerts
klebten förmlich an dem winzigen Bildschirm.
Lucy nickte interessiert. »Und worum geht es?«
»Liebe … ähm … Verrat, Betrug … sabe?«
Lucy nickte wieder. Langsamer, als wollte sie ihr Gehirn nicht bei der Arbeit stören. »Ah … okay, verstehe. Ich weiß zwar nicht, was ›sabe ist‹, aber der Rest ist in Deutschland auch so.«
Betty kam aus dem Bad, bekleidet mit einem mintgrünen Frottéhandtuch mit Blumenmuster. »Was ist in Deutschland auch so?«
»Liebe, Verrat … das Übliche«, ich zuckte mit den Schultern. »Darf ich jetzt?«
Sie machte einen Schritt zur Seite und eine einladende Geste Richtung Badezimmertür »Hereinspaziert, Schätzelein. Aber du musst das hier nehmen, im Bad war nur eins.« Sie reichte mir ganz selbstverständlich das Handtuch. Lucy kreischte, Marco hielt sich brav die Hand vor die Augen, und ich seufzte genervt, weil das Handtuch klatschnass war und somit natürlich jegliche Trockenfunktion eingebüßt hatte. Ana bekam von all dem nichts mit. Im Fernsehen gab eine Frau einem Mann eine schallende Ohrfeige. »Bastardo!«
Ich war davon überzeugt, dass er es nicht anders verdient hatte.
Die weitere Abendplanung gestaltete sich etwas schwierig, weil die Bedürfnisse der Mitglieder unserer Reisegruppe sehr unterschiedlich waren. Marco und Betty zum Beispiel brauchten dringend ein bis zwei oder drei Gläschen Port, um sich von den Strapazen dieses aufregenden Tages zu erholen. Lucy und Ana hingegen hatten ihre Form der Entspannung bereits gefunden. Sie hieß »Remédio Santo«. Ich hatte weder Lust auf Fernsehen noch darauf, mich schon am Spätnachmittag in einer Bar zu betrinken – zumal mit Portwein. Also verabredeten wir eine Uhrzeit und einen Treffpunkt, an dem wir später alle wieder vereint sein würden, und trennten uns für die nächsten Stunden.
Ich spazierte ziellos durch die Straßen von Lagos, mit dem Vorsatz, unser Zuhause für die nächsten Tage besser kennenzulernen, und stellte fest, dass wir es mit dem Ort unserer Autopanne deutlich schlechter hätten treffen können – aber sicherlich auch besser. Das Zentrum von Lagos war hübsch, leider aber auch ein wenig überlaufen. Und wenn man die Altstadt verließ, um den Touristen aus dem Weg zu gehen, fand man sich zwar in einer ruhigeren, aber bei Weitem nicht so attraktiven Gegend wieder. Die Stadt war hier sehr viel weniger malerisch, und das Urlaubsfeeling nahm merklich ab.
Ich wusste nicht genau, ob es an den grauen Häusern oder der plötzlichen Einsamkeit lag, dass ich mich plötzlich unsagbar niedergeschlagen fühlte. Wobei Letzteres wohl eher nicht der Grund für meine Schwermut war, denn ich war froh, allein zu sein. So gern ich meine Reisebegleiter auch hatte, jetzt gerade kam mir die plötzliche Ruhe äußerst gelegen. Auch wenn ich traurig war, gerade deswegen: Es handelte sich dabei einfach um diese Art von Traurigkeit, die man lieber mit sich selbst ausmachte. Die Frage war: Woher kam sie?
Vielleicht lag es am Adrenalin in meinem Blut, das seit dem Motorschaden vor einigen Stunden in erhöhter Konzentration durch meinen Körper gerauscht war – und jetzt langsam wieder abnahm und mich nicht mehr von allem ablenkte, was mich bedrückte. Von Richard in erster Linie. Ana, das Hotel, die ganze Hektik des Nachmittags, nicht einmal als ich mit Sky telefoniert hatte, waren unsere Probleme mir in den Sinn gekommen. Aber jetzt, allein in einer der schmuckloseren Seitenstraßen von Lagos, konnte ich mich nicht mehr gegen die Gedanken wehren, die mit aller Macht zurück in mein Bewusstsein drängten. Ich erinnerte mich an die Schwere der Situation, weil ich plötzlich förmlich spüren konnte, wie sie an meinem Herzen zog. Immer nach unten. Ich ließ den Kopf hängen. Allein spazieren gehen. Was für eine Schnapsidee.
Ich hätte Richard anrufen können, um zu versuchen, diesen neuesten Streit aus der Welt zu schaffen, aber ich tat es nicht. Ich sagte mir, dass das sowieso zwecklos gewesen wäre, als würde man ein Pflaster über eine Wunde kleben, die eigentlich genäht werden musste. Außerdem ging es ja längst nicht mehr nur um diesen Streit oder den davor, oder einen der unzähligen anderen Kämpfe, die wir in den letzten Monaten ausgetragen hatten. Es ging um die grundsätzliche Frage, ob unsere Beziehung überhaupt noch eine Chance hatte, oder ob wir eigentlich schon viel zu lange versuchten, eine Vase zu kleben, die aber so viele Risse hatte, dass sie nie wieder schön werden konnte.
Ich kannte
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