Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
Hühnerbrüstchen aus.
Ihr Tadel reizte Ranulf bis aufs Blut, und seine Stimmung näherte sich dem absoluten Tiefpunkt.
Kasim beugte sich näher zu Dalvina hinüber, die ihrerseits die Situation mit wachsendem Unbehagen beobachtete. „Es ist besser, Ihr bringt Lady Valandra aus der Gefahrenzone. Sie hat meinem Freund jetzt hart genug zugesetzt.“ Dalvina zögerte. „Ich weiß, sie übertreibt ein wenig. Aber Lord Ranulf hat sie tief verletzt. Es ist nur gerecht, wenn sie ihre kleine Rache auskostet.“
Kasim nickte zustimmend. „Rache ist der süßeste Wein. Doch sie wird sich nicht lange daran erfreuen können, wenn Ranulfs Zorn die Überhand gewinnt. Er wird unberechenbar, wenn er zu viel trinkt. Deshalb bringt Ihr Eure Schwester nun besser in Sicherheit. Sorgt dafür, dass sie Ranulf heute nicht mehr unter die Augen gerät.“
Dalvina suchte Valandras Blick und gab ihr mit einer leichten Kopfbewegung zu verstehen, dass es Zeit zum Rückzug war.
Valandra atmete sogleich erleichtert auf. Obwohl dieses Theaterspiel anfangs recht amüsant gewesen war, empfand sie es längst nur noch als ermüdend. Sie hasste Falschheit, und auch die Tatsache, dass sie Ranulf eins auswischen wollte, rechtfertigte nicht, dass sie mit den Gefühlen dieser Männer spielte. Auch wenn es Lord Greystone, diesem arroganten Kerl, nur recht geschah. Valandra legte anmutig die Serviette auf den Tisch. „Meine Herren, ich bedanke mich für diesen überaus anregenden Abend. Wenn Ihr meine Schwester und mich nun entschuldigen wollt?“
Sie wollte sich erheben, doch Lord Greystone hielt sie am Unterarm zurück.
„Was soll das heißen?“, forderte er barsch zu wissen und zog eine Augenbraue in die Höhe. „Ihr habt uns kaum zwei Stunden mit Eurer Anwesenheit beehrt. Nach meiner beschwerlichen Anreise von fast zwei Tagesritten darf ich doch wohl mehr von Eurer kostbaren Zeit verlangen.“
Valandra erkannte die drohende Gefahr in Ranulfs funkelnden Augen. Sie sah, wie er sich angriffslustig vorbeugte, und kam ihm rasch zuvor.
„Ich bitte um Vergebung, Mylord. Ich möchte wirklich nicht undankbar erscheinen, doch wie Ihr wisst, liegt meine Stiefmutter krank darnieder. Wäre es nicht kaltherzig von mir, wenn ich ihr Leiden ob eines so schönen Abends vergäße?“
Lord Greystone gab sich anscheinend mit dieser Erklärung zufrieden und nickte großmütig. „Nun gut, ich nehme Eure Entschuldigung an.“
Valandra hätte ihm gern ins Gesicht geschrien, wohin er sich seine Großzügigkeit stecken konnte. Doch das hätte die richtige Valandra Lamont getan. Heute Abend spielte sie eine elegante, wohlerzogene Dame. So lächelte sie ihn huldvoll an und säuselte: „Ich nehme an, ich darf Lady Eleanora Eure besten Wünsche überbringen?“
Greystone nickte erneut. „Tut dies, meine Liebe, und ich erwarte, dass Ihr morgen mehr Zeit für mich erübrigt.“
Ranulf erhob sich ebenfalls und geleitete Valandra zur Treppe, die in das obere Stockwerk führte.
„Hattest du deinen Spaß?“, knurrte er durch seine zusammengebissenen Zähne. Der mühsam unterdrückte Zorn ließ Valandra schaudern und machte ihr das Atmen schwer.
„Ja, danke der Nachfrage“, antwortete sie zynisch. „Deine Wahl der Kandidaten war angenehmer, als ich dachte.“
Ranulfs Griff um ihren Arm verstärkte sich. „Gut. Ich erwarte dich in einer Stunde im Arbeitszimmer deines Vaters.“
Wozu?, fragte sich Valandra entsetzt und spürte einen Anflug von Panik in sich aufflackern. Wollte er mit ihr die verschiedenen Vorzüge der einzelnen Bewerber durchgehen? Wollte er wissen, ob sie bereits einen Favoriten hatte? Dieser kaltherzige Mistkerl! Nein, sie wollte nicht mit ihm allein sein.
Valandra wartete mit ihrer Antwort, bis Kasim und Dalvina zu ihnen stießen. „Ich fürchte, das muss bis morgen warten. Ich bin schrecklich müde.“
Ranulfs Augen senkten sich in ihre. „Eine Stunde, und sei pünktlich! Sonst werde ich dich holen kommen.“
Mit diesen Worten machte er auf dem Absatz kehrt und ließ sie stehen.
“Möchtest du, dass ich bei dir bleibe?“, erkundigte sich Dalvina, als sie Valandras Gemach erreichten. „Falls Lord Ranulf seine Drohung wahr macht, wäre es vielleicht besser, wenn du nicht allein wärst.“
Valandra hätte dieses Angebot gern angenommen. Sie zweifelte nicht daran, dass Ranulf seine Drohung tatsächlich wahr machen würde. Allein der Gedanke, dass er in ihr Gemach eindringen könnte, bereitete ihr Magenschmerzen. Dennoch
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