Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
schüttelte sie den Kopf. „Du hast mir heute schon genug geholfen, Dalvina und ich danke dir von Herzen. Doch nun geh zu deiner Mutter, du machst dir bestimmt schon schreckliche Sorgen um sie.“ Dalvina nickte traurig. „Die Gefangenschaft bekommt ihr gar nicht gut. Sie vermisst ihren Bruder und fürchtet sich vor Vaters Heimkehr.“ Sie zögerte kurz, bevor sie fragte: „ Was, glaubst du, wird Vater mit ihr machen?“
Valandra konnte beim besten Willen kein Mitgefühl für Eleanora aufbringen. Sie hatte sich aus purer Selbstsucht in diese unangenehme Situation gebracht. „Das kann ich dir nicht beantworten. Aber ich bin sicher, Vater wird Gerechtigkeit walten lassen.“
Dalvina nickte bedrückt, wünschte Valandra eine angenehme Bettruhe und stieg die Stufen zum Turm hinauf, in dem ihre Mutter eingesperrt war. Die Wachen öffneten wortlos die Tür, als sie Dalvina erkannten, und sie trat ein. Es war ein bescheidener Raum, ohne viel Zierrat oder Dingen zur Annehmlichkeit. Ein Bett, zwei Kleidertruhen, eine Schüssel, um sich zu waschen und ein Tisch mit zwei Stühlen befanden sich darin.
Eleanora lag blass in ihrem Bett und starrte an die Decke.
„Mama?“ Zuerst glaubte Dalvina, keine Antwort mehr zu bekommen, doch dann flüsterte Eleanora: „Wie schön, dass du dich noch an mich erinnerst, mein Kind. Hattest du einen angenehmen Abend?“
„Mama, bitte, du weißt, dass ich Valandra nicht allein mit all den Männern lassen konnte. Das wäre höchst unanständig gewesen.“
„Natürlich. Obwohl ich den Zeitpunkt für eine Brautwerbung mehr als unpassend gewählt finde. Aber was kann man von dieser Verräterin anderes erwarten?“
Dalvina setzte sich neben Eleanora aufs Bett. „Du tust ihr Unrecht, Mutter. Nicht Val ist die Verräterin. Lord McGregor ist der Schuft, der dich hintergangen hat. Sie hat auch nichts mit dieser Brautwerbung zu tun. Lord Ranulf hat alles arrangiert, und das gegen ihren Willen.“
„Das sieht diesem undankbaren Luder wieder ähnlich.“
Dalvina biss die Zähne zusammen. Manchmal war ihre Mutter wirklich unerträglich.
„Soll ich dir etwas vorlesen?“
Eleanora seufzte leise auf. „Wenn es dir nicht zu viele Umstände macht?“
Kapitel 23
Derweil stand Ranulf auf der Brustwehr und starrte auf den kleinen hellen Punkt in der Ferne. Malven hatte am entfernten Waldrand sein Nachtlager aufgeschlagen.
Wie so oft in den letzten Tagen fragte sich Ranulf, weshalb sein Freund ihm diesen kleinen Aufschub gewährt hatte.
Malven war kein Mann der Gnade. Er verfolgte seine Ziele mit tödlicher Gewissenhaftigkeit. Also, was hatte ihn zögern lassen? War die Zeit einfach noch nicht reif gewesen, oder hatte er vielleicht Ranulfs innere Verzweiflung gespürt?
„Was auch immer es war, ich danke dir, mein Freund.“
Er brachte es trotz der Umstände nicht über sich, Malven als einen Feind zu betrachten. Sie waren Freunde gewesen, vereint, in einer Zeit des Zwiespalts und der Verfolgung. Bitterer Groll stieg in ihm auf. Wie konnte Malven dann glauben, dass er getan hatte, was der Großmeister ihm vorwarf?
„Deine Dummheit bekümmert mich, mein Freund“, erklärte Kasim, der neben ihn getreten war und nun ebenfalls in die Nacht hinausspähte.
„Dann verschwinde!“
Kasim schnaubte ungeduldig. „Auch dein Mangel an Feingefühl lässt mich manchmal nahezu verzweifeln. Wie gut, dass ich ein Meister im Üben von Geduld bin.“
Ranulf schloss die Augen und atmete tief die feuchte Nachtluft ein. „Nicht jetzt, Kasim. Ich habe wirklich andere Sorgen.“
Der junge Syrer lehnte sich lässig an die Mauer. „Ich weiß. Du fragst dich, für welchen dieser Männer sich Lady Valandra entscheiden wird.“
Ranulf schüttelte den Kopf. „ Non, ich überlege, wo ich einen Mann auftreiben kann, der ihrer würdig ist. Diese schmächtigen Würstchen könnten Valandra nicht einmal vor einer stärkeren Windbö beschützen.“
„Aber du könntest es.”
Ranulf durchbohrte Kasim mit einem glühenden Blick. „Ich könnte ihr auch eigenhändig mein Schwert in die Brust rammen. Du weißt verdammt genau, dass Malven nicht zögern würde, sie zu töten. Wenn du also gekommen bist, um Unsinn zu reden, dann verschwinde gleich wieder. Mir steht der Sinn wirklich nicht nach deinen Spielchen.“
Kasim zuckte ungerührt mit den Schultern. „Ich pflege niemals zu spielen, wenn es um Liebe geht. Aber anscheinend bist du noch immer nicht bereit, deinen Verstand zu gebrauchen. Ich werde
Weitere Kostenlose Bücher