Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
hätte lesen können. Vielleicht war es dumm von ihr gewesen, doch sie war ihrem Gefühl gefolgt und hatte dem leisen Hoffnungsschimmer nachgegeben, der ihr mit Engelszungen zuflüsterte, dass es für sie beide noch nicht zu spät war.
Valandra senkte beschämt den Blick. Sie liebte ihn noch immer, und sein eisernes Schweigen tat ihr bis in die Seele weh.
Er selbst hatte sie um dieses Gespräch gebeten, und sie hatte so sehr gehofft, er werde ihr seine wahren Gefühle eröffnen. Sie hatte gehofft, er werde Greystone und die anderen Kerle zur Hölle schicken, weil er sie mit keinem dieser Männer teilen wollte. Tief in ihrem Herzen hatte sie sich sogar an die Hoffnung geklammert, er werde doch noch um ihre Hand anhalten, weil ihm bewusst geworden war, wie viel er für sie empfand.
Was war sie doch für eine Närrin! Die kalte Distanziertheit, die er ihr entgegenbrachte, sprach eine gänzlich andere Sprache.
„Du wolltest mit mir reden?“, hob sie tapfer an, um das zermürbende Schweigen zwischen ihnen zu brechen.
Sie hätte weinen können. Zwischen ihnen war eine schier unüberwindliche Kluft aufgebrochen, und sie spürte, wie Ranulf sich immer weiter von ihr entfernte. Bald würde sie ihn nicht mehr erreichen können. Er hatte mit ihr abgeschlossen, hatte alles, was sie betraf, aus seinen Gedanken verbannt.
Aber sie wollte ihn nicht gehen lassen. Sie wollte nicht, dass zwischen ihnen Mauern aufragten. Sie liebte diesen Mann. Sie vermisste seine Zärtlichkeit, das Gefühl der Sicherheit und Wärme, das er ihr stets vermittelt hatte.
Ihr Blick fiel auf seine Hände. Kräftige, große Hände, und doch besaßen sie die Macht, sie zärtlich zu trösten, ihr die Schmerzen zu nehmen und ihr das Glück auf Erden zu schenken. Jetzt aber umklammerten sie nur den kalten Stein der Brustwehr.
Oh, wie gern hätte sie Ranulf angeschrien, ihn geschüttelt und geschlagen, bis er endlich wieder eine menschliche Reaktion auf sie zeigte. Selbst wenn es nur seine Wut wäre. Wut war immer noch besser als diese vernichtende Gleichgültigkeit.
„Das hätte auch bis morgen warten können.“ Endlich wandte er sich ihr zu. „Aber da du schon mal hier bist, können wir es auch gleich erledigen. Wir haben nicht viel Zeit, wie du weißt. McGregor wird alles daransetzen, um die Heiratserlaubnis zu bekommen, und wenn diese erst unterzeichnet ist, gibt es kein Zurück. Deshalb möchte ich kein Risiko eingehen. Deine Hochzeit findet am Sonntag statt.“
In fünf Tagen!
Valandra fühlte, wie der zarte Hoffnungsschimmer wie eine Kerze im Wind erlosch und eine bittere Finsternis hinterließ.
Er meint es ernst, erkannte Valandra fassungslos. Er wollte sie tatsächlich einem dieser Männer vor die Füße werfen. Sie bedeutete ihm gar nichts. Er hatte sie benutzt, hatte alles genommen, was sie ihm hatte geben können, und nun ließ er sie wie einen faulen Apfel fallen. Ihre Kehle brannte plötzlich von den unvergossenen Tränen, doch über ihre Lippen kam kein Laut. Nein, sie würde nicht weinen. Niemals würde sie ihm zeigen, wie sehr er sie verletzt hatte.
Das brauchte sie auch nicht. Ranulf hatte ihr Gesicht genau beobachtet, und es riss seine Seele beinahe entzwei, als er sah, wie das Feuer in ihren Augen erlosch. Ihre Enttäuschung bohrte sich wie ein Speer in seine Brust und ließ ihn erneut mit dem Schicksal hadern.
Wie gern hätte er Valandra in seine Arme gezogen, um sie zu trösten. Sie wirkte so unnatürlich blass und reglos im fahlen Mondlicht, dass er es beinahe mit der Angst zu tun bekam.
„Valandra.“ Er streckte die Hand nach ihr aus, doch sie wich vor ihm zurück. Langsam schüttelte sie den Kopf und flüsterte atemlos: „Fass mich nicht an, du herzloses Ungeheuer!“
„Verdammt, glaubst du, mir fällt das Ganze hier leicht?“, verlangte er aufgebracht zu wissen.
Valandra warf wütend ihr Haar in den Nacken. „Du Ärmster! Muss ich dich daran erinnern, dass du es warst, der diese Männer eingeladen hat? Du hast dir in den Kopf gesetzt, dass ich heiraten soll, also lass diese fadenscheinigen Ausflüchte! Es ist mir vollkommen egal, ob es dir leicht fällt oder nicht. Hast du jemals einen Gedanken daran verschwendet, wie ich mich dabei fühle? Immerhin bin ich es, die zeit ihres Lebens an einen Mann gefesselt sein wird, den sie nicht liebt! Ich werde alles verlieren, was mir lieb und teuer ist - mein Heim, meinen Vater und auch meine Freiheit. Mein Leben wird ein einziger Albtraum sein! Also erwarte bitte kein
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