Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)

Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)

Titel: Im Zwielicht der Gefühle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Alge
Vom Netzwerk:
Lamont-Krieger die Kehle durchzuschneiden. Aber das durfte sie Valandra keinesfalls erzählen. Ihre Schwester liebte den Hauptmann so sehr, dass sie um seiner Sicherheit willen auf ihre Flucht verzichten würde.
    „Leider weiß ich auch nichts Genaueres über Lord Ranulf. Seit man ihn aus der Halle geschleift hat, habe ich nichts mehr von seinem Zustand erfahren. Aber sorge dich nicht um ihn. Kasim wird sich bestimmt um seine Befreiung kümmern.“ Das hoffte sie zumindest. Sie hatte den jungen Syrer seit Stunden nicht mehr gesehen.
    „Und nun bring dich in Sicherheit! Du bist die Einzige, die wirklich in Gefahr schwebt.“
    Endlich nickte Valandra entschlossen. Dalvina hatte Recht. Nur wenn sie dieser grässlichen Heirat mit McGregor entfliehen konnte, war sie in der Lage, auch allen anderen zu helfen. „In Ordnung. Ich reite nach Oban, um mich Papa anzuschließen. Er wird wissen, was zu tun ist.“ Sie umarmte Dalvina ein letztes Mal. „Ich danke dir von ganzem Herzen. So Gott will, werden wir uns bald wieder sehen.“
    Valandra stopfte sich frische Stoffröllchen in die Backentaschen, vergewisserte sich mit einem Blick in den Spiegel, dass sie tatsächlich nicht zu erkennen war, und eilte zur Tür.
    „Dann werde ich Euch jetzt verlassen, Mylady. Genießt Euer Bad!“, krächzte Dalvina mit der Stimme der alten Magd.
    Valandra atmete tief durch, nahm allen Mut zusammen und öffnete die Tür. Hinter sich hörte sie Wasser aufspritzen. Ihre Schwester dachte wirklich an alles.
    Mit klopfendem Herzen passierte Valandra die Wachposten. Wie Dalvina prophezeit hatte, schenkten sie ihr kaum Beachtung. Himmel, alles in ihr drängte danach, die Beine unter die Arme zu nehmen und den schwach beleuchteten Flur entlangzustürmen. Sie wollte nur noch fort von hier. Doch sie zwang sich zu einer langsamen Gangart, die ihrer ungewohnten Körperfülle entsprach und keinen Verdacht erregte. Als sie endlich den Dienstbotenaufgang neben der großen Treppe erreichte, hätte sie vor Erleichterung weinen können. Ihr Puls raste, und ihr war grässlich übel vor Angst.
    Mit flinken Schritten eilte sie die eng gewundene Treppe hinunter. Vorbei, an den Schlaf und Arbeitsräumen der Dienstboten und durch eine schmale Türe hinaus ins Freie. Die kalte Nachtluft, wirkte wie Balsam auf ihren erhitzten Wangen.
    Valandra dankte dem Herrn, dass der Mond gerade hinter einigen Wolken verschwand und das riesige Feld des Übungsplatzes in tiefe Schwärze tauchte. Sie schlich sich an der Burgmauer entlang und biss sich unschlüssig auf die Unterlippe. Wenn sie nach Oban gelangen wollte, benötigte sie dringend ein Pferd. Aber wie sollte sie das unbemerkt bewerkstelligen?
    Der Zufall kam ihr zu Hilfe. Gerade als sie bei den Ställen ankam, öffnete sich das Hauptportal der Burg, und Lord Spencer kam mit seinem Gefolge ins Freie. Er wirkte ausgesprochen wütend. „Keinen Augenblick verweile ich länger in dieser Burg!“, brüllte er zornig. „Zuerst diese hinterhältige Täuschung durch Lady Valandra und nun diese Beleidigung. Was muss man sich noch alles bieten lassen?“
    Valandra wartete atemlos, bis Lord Spencer in den Stallungen verschwunden war, und eilte ihm nach. Wenn er mit seinem Gefolge losritt, konnte sie sich ihm vielleicht unbemerkt anschließen. Ein Reiter mehr oder weniger würde bestimmt nicht auffallen.
     
    Es roch nach Moder und fauligem Stroh, aber zumindest war nun endlich Ruhe in den Verliesen eingekehrt. Die wütenden Protestrufe der Gefangenen waren verstummt. Nur das Trippeln der Ratten und ihr gelegentliches Piepsen drangen durch die feuchte Schwärze der Dunkelheit, die hier unten herrschte.
    Ranulfs Schädel dröhnte noch immer von dem Knüppelhieb, und er schritt mit der Unruhe eines gefangenen Tieres in seiner Zelle auf und ab. Er spürte weder die Kälte, die bis in seine Knochen drang, noch die schmerzhaften Prellungen, die er McGregor zu verdanken hatte. Alles, was er fühlte, war die verzehrende Sorge um Valandra. Es brachte ihn beinahe um den Verstand, dass er ihr nicht zu Hilfe eilen konnte. Er hätte seinen rechten Arm dafür hergegeben, wenn er nur gewusst hätte, wie es ihr ging. Allein der Gedanke, dass McGregor vielleicht gerade in diesem Augenblick bei ihr war und ihr Gewalt antat, riss seine Seele beinahe entzwei.
    Ranulfs Finger glitten in seine Tasche und befühlten die Heiratserlaubnis. Trauer und das bittere Gefühl des Verlustes machten ihm das Atmen schwer. Dieser Abend hatte etwas ganz Besonderes

Weitere Kostenlose Bücher