Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
entdecken!“
„Verständlich! Weil du keine Kleider, sondern Lumpen trägst. Und nun geh und zieh dir Frauenkleidung an, wie es sich für eine Lady gehört!“
Valandra stemmte empört die Hände in die Hüften. „Wenn du schon mit Beleidigungen um dich wirfst, dann hab wenigstens den Anstand, mich dabei anzusehen!“
Ranulf ließ sein Schwert sinken. „Wie du wünschst! Du besitzt meine ungeteilte Aufmerksamkeit!“
Das klang eher wie eine Drohung, fuhr es Valandra durch den Sinn, und tatsächlich ließ er den Blick beleidigend langsam über ihren Körper gleiten und gab ihr das beschämende Gefühl, nackt vor ihm zu stehen.
Ranulfs Lippen bildeten einen grimmigen Strich. Verdammt, sie hatte kein Recht, hier zu sein! Er tat alles, um ihr aus dem Weg zu gehen, und was machte sie? War es nicht schon schlimm genug, wenn sie ihn von ihrem Gemach aus beobachtete? O ja, er hatte sie bemerkt! Er bemerkte sie immer! Sie musste sich nur im selben Raum mit ihm aufhalten, und schon vibrierten seine Nervenenden. Jeden Abend stand sie dort oben und raubte ihm seinen Seelenfrieden. Sie erschien ihm wie ein ätherisches Wesen aus einer anderen Welt. Wunderschön, unerreichbar und unsäglich nervtötend.
„Also? Was willst du hier?“
„Ich bin hier, damit du dein Versprechen einlöst und mich im Schwertkampf unterrichtest.“
„Unsinn, davon war nie die Rede.“
„Und ob! Du hast meinem Vater dein Wort darauf gegeben“, beschied Valandra streng. „In seiner Botschaft an mich stand es schwarz auf weiß.“
„Ich war damit einverstanden, seinen Sohn Val zu unterrichten“, korrigierte Ranulf sie entschieden und machte keinen Hehl daraus, dass damit die Angelegenheit für ihn erledigt war.
Valandra dachte jedoch gar nicht daran, ihn so leicht davonkommen zu lassen. „Ich bin Val, und ich erwarte, dass du dein Wort hältst!“
„Nein!“ Mit grimmiger Entschlossenheit schob er Valandra zur Seite. „Es wird keinen Unterricht geben! In die Hand einer Frau gehören entweder der pralle Schaft eines Mannes oder eine Sticknadel! Aber mit Sicherheit kein Schwert!“ „Die Galanterie deiner Wortwahl ist erschlagend, mein Freund“, erklärte Kasim, der grinsend näher trat.
„Halt den Mund!“
„Schon wieder?“, erkundigte sich Kasim, und sein Grinsen wurde noch breiter. „Mir scheint, in letzter Zeit möchtest du herzlich wenig meinen Worten lauschen.“
„Mach dir nichts daraus“, erklärte Valandra vertraulich. „Dein Freund ist offensichtlich wieder einmal wild entschlossen, sich unausstehlich zu geben.“ An Ranulf gewandt, sagte sie: „Falls du mich mit deinen Gemeinheiten vertreiben willst, solltest du dir etwas Besseres einfallen lassen. Deine Beleidigungen sind für mich beinahe schon zur Gewohnheit geworden. Du könntest mich höchstens in Angst und Schrecken versetzen, wenn du plötzlich einen freundlichen Charakterzug erkennen ließest.“
Ranulf rammte sein Schwert in den Boden. „Dann solltest du endlich deinen Verstand gebrauchen und dich von mir fern halten! Kasim, führ sie vom Feld und sorge dafür, dass diese grässlichen Hosen verbrannt werden!“
Das war nun der Tropfen, der das Fass endgültig zum Überlaufen brachte. „Zur Hölle mit dir, Ranulf! Du bist weder mein Vater noch mein Ehemann! Also hast du auch kein Recht, mir Befehle zu erteilen! Ich bin alt genug, um selbst zu entscheiden, was ich trage, und benötige ganz bestimmt keine fremde Erlaubnis! Deine schon gar nicht!“ Sie hob ihr Schwert. „Du hast meinem Vater versprochen, mich im Schwertkampf zu unterweisen. Nun steh zu deinem Wort!“
„Ich sagte nein!“
„Dann bist du ein Blender, Ranulf de Bretaux! Vielleicht hat mein Vater in dir einen ehrenhaften und kühnen Krieger gesehen. In meinen Augen bist du jedoch nichts anderes als ein arroganter, selbstherrlicher Tyrann. Ein verdammter Dieb und Lügner!“
Valandra hörte, wie Kasim scharf den Atem einsog.
Die unangenehme Stille, die plötzlich eingetreten war, wirkte ausgesprochen beklemmend.
„Ein Dieb, Valandra?“, erkundigte sich Ranulf leise, während er einen bedrohlichen Schritt auf sie zumachte.
Valandra hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Warum musste ihr vorschnelles Mundwerk sie nur immer wieder in Schwierigkeiten bringen? Sie spürte, dass sie etwas Dunkles, womöglich Tödliches angerührt hatte, und wünschte sich beinahe, ihre Worte zurücknehmen zu können. Ihr Stolz verbot es ihr jedoch, jetzt einen Rückzieher zu machen, und
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