Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
Muskeln schmerzten so sehr, dass sie sich kaum mehr bewegen konnte. Ihre Verachtung Eleanora gegenüber gab ihr jedoch die Kraft, den Schmerz zu verdrängen. Sie biss tapfer die Zähne zusammen und nahm eine Stufe nach der anderen.
Das Abendessen war längst vorüber und der Großteil der Krieger wieder auf die Wachposten zurückgekehrt. Jene, deren Tageswerk bereits beendet war, saßen in kleinen Gruppen zusammen, erzählten sich Geschichten, würfelten oder unterhielten sich angeregt mit den Dienstmädchen. Leises Lachen und Gesprächsfetzen drangen an Valandras Ohr, und sie fühlte, wie sich ihr Herz erwärmte.
Das war ihr Heim. Sie liebte die sanfte Ruhe, die sich zur Abendzeit über die von Kaminfeuer und Kerzenschein erhellte Halle legte. Die Arbeit war getan, und Zufriedenheit und Harmonie erfüllten den Raum. Ihr Blick glitt zum prunkvollen Lehnstuhl des Hausherrn, der nur darauf wartete, dass ihr Vater endlich wieder auf ihm Platz nahm. Bald, dachte sie, bald würde sie wieder das Lachen ihres geliebten Vaters hören.
Valandras Blick glitt suchend durch die Halle, und sie stellte erleichtert fest, dass Ranulf nicht unter den anwesenden Männern war. Dem Himmel sei Dank! „Lady Valandra, ich freue mich, dass es Euch wieder besser geht“, kam Sophia, das Dienstmädchen lächelnd auf sie zu. „Möchtet Ihr zu Abend essen?“ „Nein danke, ich bin nicht hungrig. Ich suche meine Stiefmutter. Hast du sie gesehen?“
Sophia deutete wortlos zum großen Kamin hinüber.
Valandra entdeckte Eleanora und Dalvina in einer Nische beim Sticken. Offensichtlich hatten die beiden Valandra ebenfalls gesehen und starrten nun lauernd in ihre Richtung.
„Könntest du bitte veranlassen, dass jemand Badewasser in mein Gemach bringt?“
„Ich werde mich sofort darum kümmern“, versprach Sophia und machte sich auf den Weg in die Küche.
„Sieh an, wer sich doch noch blicken lässt“, höhnte Eleanora, kaum dass Valandra sich ihr genähert hatte. „ Ich dachte schon, wir würden deinen gesellschaftlichen Ansprüchen nicht mehr genügen.“
„Dabei haben wir uns nur für dich so hübsch herausgeputzt“, warf Dalvina hämisch ein und deutete auf die Juwelen an ihrem Hals.“
„Wie ich sehe, habt ihr Papas Kriegsbeute bereits an euch gerissen“, gab Valandra bemüht ruhig zurück. Sie wusste, dass die beiden sich über ihr Aufbegehren freuen würden, doch diese Genugtuung wollte sie ihnen nicht gönnen.
„Ich möchte gleich auf den Punkt kommen“, erklärte sie deshalb schlicht und wandte sich an Eleanora. „Wenn du Schwierigkeiten mit mir hast, dann kläre sie mit mir, aber lass meine Diener außen vor. Sie haben nichts mit deiner Abneigung mir gegenüber zu tun.“
Eleanora ließ ihre Stickerei auf den Schoss sinken und lehnte sich genüsslich an die gepolsterte Wandlehne. „Wie ich sehe, hat der kleine Hanswurst endlich den Mut gefunden, um sich bei dir über uns zu beschweren. Wie amüsant! Es hat länger gedauert, als ich dachte.“
Die Zufriedenheit in Eleanoras Gesicht weckte Valandras Zorn.
„Er heißt Detlef! Und ich werde es nicht dulden, dass du ihn weiterhin piesackst, nur um mich zu treffen.“
„Ach, tatsächlich? Und was gedenkst du dagegen zu unternehmen? Du, eine entmachtete Burgherrin?“, lachte Eleanora süffisant. „Du scheinst zu vergessen, dass Lord Ranulf nun das Sagen hat. Du kannst mir nicht mehr drohen.“
„Ich habe dir noch nie gedroht“, stellte Valandra richtig. „Aber jetzt werde ich es tun. Solltest du noch einmal deine Bosheiten an Detlef auslassen, werde ich dich zur Verantwortung ziehen! Denn du irrst dich! Lord Ranulf hat zwar die Befehlsgewalt über die Krieger, doch ich bin nach wie vor für die Belange des Haushaltes zuständig.“
Valandra wusste nicht, ob dies tatsächlich zutraf, doch zu sehen, wie Eleanoras selbstgefälliges Lächeln gefror, war ihr eine vermeintliche Lüge wert.
„Und was soll das heißen? Willst du uns ohne Abendessen ins Bett schicken?“, mischte sich Dalvina spöttisch ein.
„Nein, aber ich werde dafür sorgen, dass ihr keine Zeit mehr habt, um irgendwelche Bosheiten gegen Detlef auszuhecken. In einer Burg wie dieser gibt es jede Menge zu tun. Die Dienerschaft wäre um vier helfende Hände bestimmt froh!“
Dalvina hielt entsetzt den Atem an, während Eleanora ihre Entrüstung lautstark kundtat.
„Du dummes, kleines Miststück. Man hätte dich gleich nach der Geburt ertränken sollen!“, zischte sie und verwandelte sich
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