Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
an den Kopf werfen und dennoch sinnlich unter seiner Berührung erbeben?
Ranulf schüttelte ärgerlich den Kopf. Diese Frau war ein ständiges Ärgernis – und eine Herausforderung, der er sich einfach nicht entziehen konnte. Wie sehr er sich auch dagegen wehrte: Die Anziehungskraft, die sie auf ihn ausübte, war geradezu unheimlich. Ihre abweisende Haltung weckte den Jäger in ihm. Es drängte ihn danach, ihr zu beweisen, dass sein Kuss sie ganz und gar nicht kalt gelassen hatte – drängte ihn danach, es aus ihrem eigenen Mund zu hören. Aber weshalb? Lag es an seiner gekränkten Männlichkeit? Oder entsprang dieser Wunsch eher der Tatsache, dass er selbst diesen Kuss nicht vergessen konnte?
Ranulf schüttelte erneut den Kopf, diesmal über sich selbst. Er benahm sich wie ein Narr!
Energisch stemmte er die Hände auf den kühlen Stein der Mauer und ließ den Blick in die Ferne schweifen. Das silberne Licht des Vollmonds lag wie schimmernde Seide über den sanften Hügeln von Walkmoor und tauchte die Wälder und Ebenen in ein unwirkliches Gespinst aus Licht und Schatten.
Er verdrängte jeden Gedanken an Valandra, denn er war nicht zur Burgwehr hinaufgestiegen, um über sie nachzusinnen oder sich gar an der Schönheit der schlummernden Landschaft zu laben. Er war dem Ruf seiner Gefühle gefolgt. Seine Augen glitten suchend über die bewaldeten Hügel, bis er ein goldenes Flackern in der Dunkelheit entdeckte. Er hatte gewusst, dass es da sein würde, und nun funkelte es ihm boshaft entgegen - Malvens Lagerfeuer. Nicht größer als ein Nadelkopf, und doch war es für Ranulf ein stilles Mahnmal, dass seine Zeit gekommen war. Die Vergangenheit hatte ihn eingeholt. „Guten Abend, Malven, mein Freund“, grüßte er leise seinen Verfolger.
Heute, während der Jagd, hatte er Malvens Ungeduld gespürt. Er wusste, dass das lange Warten bald ein Ende hätte.
Seltsam… Weshalb fühlte er sich dann nicht erleichtert? Seit Jahren wartete er auf diesen Zeitpunkt, darauf, dass Malven endlich seinen Auftrag ausführen und ihm den lang ersehnten Frieden schenken würde. Doch nun, da es so weit war, fühlte er nichts als leises Bedauern. „Ist er da?“
Ranulf nickte, ohne Kasim anzusehen. „Er ist wie ein Schatten, der mich nie verlässt.“
Sie standen eine Weile schweigend nebeneinander und starrten das kleine Licht an.
Ranulf ergriff das Wort. „Es ist höchste Zeit, dass du mich verlässt, Kasim. Hier gibt es nichts mehr für dich zu tun.“
„Du irrst dich, mein Freund. Gerade jetzt brauchst du mich“, gab Kasim ernst zurück.
„Ich brauche niemanden“, schnaubte Ranulf frostig. „Ich habe mich längst mit meinem Schicksal abgefunden. Also pack deine Sachen und verschwinde!“
Kasim erkannte, dass Ranulf verschlossener war denn je, und bat Allah um die nötige Geduld.
„Es spricht für dich, dass du mich von der Gefahr fern halten willst, aber ich habe meinen Schwur noch nicht erfüllt.“
Ranulf gönnte ihm keine Antwort.
„Vermutlich wäre es einfacher, einen tollwütigen Löwen zu bändigen, doch Allah scheint großes Vertrauen in meine Fähigkeiten zu setzen. Eines Tages wirst du mir dankbar sein.“
„Wofür? Dass du ständig in Rätseln sprichst und mir damit den letzten Nerv raubst? Du faselst wirres Zeug! In meinen Augen bist du nichts weiter als eine entsetzliche Plage!“
Kasim lächelte gewinnend. „Deine Worte klingen grausam, doch ich verzeihe dir.“
Ranulf schnaubte gereizt, bevor er das Thema wechselte und fragte: „Hast du Lady Lamont und ihre Tochter wieder freigelassen?“
Kasim nickte. „Wie du sagtest, haben wenige Minuten gereicht, um sie wieder zur Vernunft zu bringen. Sie sind wie zwei geschlagene Hunde in ihre Gemächer zurückgekehrt. Sie werden es sich bestimmt zweimal überlegen, bevor sie dich erneut herausfordern.“
„Das bezweifle ich. Vermutlich hecken sie bereits den nächsten Racheplan aus. Bei solchen Ladys sollte man auf alles gefasst sein.“
Kasim kratzte sich nachdenklich am Kinn. „Deine Worte sind weise. Ich werde die Damen im Auge behalten.“
„Tu das.“
„Eigentlich bedauere ich es, dass sie sich nicht für den Stall entschieden haben. Ich hatte mir so viel Mühe mit ihrem Nachtlager gegeben.“
„Die Schweine werden es dir danken.“ Ranulf versank lange in Schweigen, bevor er leise gestand: „Vielleicht ist es doch von Bedeutung, dass du hier bist, Kasim. Sollte mir etwas zustoßen, möchte ich, dass du die Burg verteidigst, bis Lord
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