Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
eigenes, warmes Blut. Obwohl ihr nach Weinen zumute war, drängte sie ihre Tränen eisern zurück. Nein, eine solche Genugtuung wollte sie diesem Bastard nicht gönnen.
„Eines solltest du dir gleich zu Beginn merken. Niemand beleidigt James McGregor ungestraft. Das war nur ein kleiner Vorgeschmack dessen, was dich noch erwartet.“
McGregor griff nach Valandras Kinn und grub seinen Daumennagel mitten in die blutende Wunde ihrer Unterlippe. Der sengende Schmerz raubte ihr beinahe den Atem, und sie keuchte gepeinigt auf, was McGregor ein triumphierendes Lachen entlockte.
„Wie ich heute Nachmittag schon sagte: Es wird mir ein Vergnügen sein, dich zu zähmen.“
Er wandte sich an seine Männer. „Schafft sie nach unten und besorgt ihr einen wärmenden Mantel. Ich will schließlich nicht, dass sie vor ihrer Zeit stirbt. Ich komme in einer Sekunde nach.“
„Nein!“, schrie Valandra entsetzt auf. Sie wollte Ranulf nicht mit diesem Ungeheuer allein lassen. Er würde ihm wehtun! Vielleicht würde er ihn sogar töten! Sie setzte sich mit aller Kraft zur Wehr, schlug um sich, biss und trat die Männer, doch sie zogen sie unaufhaltsam von Ranulf fort.
Alles, was Valandra noch sah, war McGregors sadistisches Grinsen und das Aufblitzen seines Dolches, als er sich über Ranulf beugte.
„Neiiin!!!“, schrie sie erneut auf, und Tränen der Verzweiflung rannen ihr über die Wangen.
Die Krieger zerrten sie durch die große Halle in den Hof hinaus. Es war stockfinster und kalt, doch Valandra fühlte die eisige Nachtluft nicht. Sie war wie betäubt von ihrer eigenen Furcht, der Sorge um Ranulf und den unheimlichen Bildern, die sich ihr auf dem Weg durch die Burg geboten hatten. Nirgends waren sie auf Widerstand gestoßen, denn sowohl Ranulfs Männer als auch die Lamont-Krieger lagen herum wie tote Fliegen. Zumindest ließ ihr lautes Schnarchen erkennen, dass sie kein gewaltsames Ende gefunden hatten, doch ihre Reglosigkeit war wahrlich beängstigend.
Im Hof hatten sich McGregors Männer versammelt und saßen auf ihren vor Ungeduld mit den Hufen scharrenden Pferden. Die Zugbrücke war bereits heruntergelassen. Offensichtlich stand dem Aufbruch nichts mehr im Weg. Valandra wurde grob in einen dicken Umhang gehüllt und auf einen grauen Hengst gehoben. Sekunden später waren ihre Hände gefesselt.
Alle warteten nur noch auf McGregor, und als dieser endlich auf der Treppe zum Hof erschien, hätte Valandra beinahe aufgeschrien. Er wirkte so zufrieden, so freudig erregt, dass es nur einen Rückschluss zuließ: Ranulf war tot.
Nein, schrie alles in Valandra. Nein! Ranulf lebte! Sie würde es bestimmt fühlen, wenn dem nicht so wäre.
McGregor schwang sich hinter ihr in den Sattel und drückte ihr boshaft grinsend etwas Weiches in die gefesselten Finger.
„Ich dachte, du würdest dich über ein kleines Erinnerungsstück an deinen Geliebten freuen.“
Valandra bewegte sich keinen Millimeter. Sie wagte kaum zu atmen, und ihr graute davor, den Gegenstand in ihren Händen näher zu befühlen. Welche grausame Teufelei hatte sich dieser Bastard nun wieder einfallen lassen? Nur zaghaft öffnete sie die Finger, und ein Schluchzen entrang sich ihrer Kehle. In den Händen hielt sie eine von Ranulfs blonden Haarsträhnen. Sie war blutverschmiert.
„Ich bin sicher, es wäre in seinem Sinne gewesen, wenn er die Zeit für einen letzten Willen gefunden hätte.“
„Nein“, flüsterte Valandra heiser. Ihr Herz weigerte sich, die Botschaft dieser Worte anzunehmen, und doch wogte der Schmerz wie ein aufgepeitschtes Meer in ihrer Brust. „Ihr habt ihn nicht getötet. Ranulf kann nicht tot sein.“ McGregors Lachen ließ Valandras Seele zu Stein erstarren.
„Ihn getötet? Diese Bezeichnung passt tatsächlich nicht. Ich habe ihn nämlich wie einen räudigen Hund abgestochen.“
Er presste sie eng an seine Brust. „Vielleicht tröstet dich der Gedanke, dass er ausgesprochen tapfer starb. Er zog es vor, an seinem eigenen Blute zu ersticken, bevor er um Gnade winselte.“
„Du Schwein!“, stieß Valandra gepeinigt hervor und versuchte, vom Pferd zu springen. Sie musste zu Ranulf! Sie wollte ihn noch ein letztes Mal sehen, wollte sich von ihm verabschieden - ihm ihre Liebe gestehen. Vielleicht war er seinen Verletzungen noch nicht erlegen. Vielleicht konnte sie ihn noch retten, wenn sie nur schnell genug zu ihm gelangte.
„Lass dieses Gezappel, du verrücktes Weib. Oder willst du, dass mein Hengst scheut und wir uns das Genick
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