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Imagica

Imagica

Titel: Imagica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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schüttelte sie.
    »Das halte ich für angemessen«, fügte Gentle hinzu.
    »Und mehr wäre unklug«, erwiderte Pie. »Hab' Vertrauen zu mir.«
    »Das habe ich immer. Jetzt und in Zukunft.«
    »Wir können von Glück sagen, Gentle.«
    »Warum?«
    »Weil uns das Schicksal erlaubte, die vergangenen Monate gemeinsam zu verbringen.«
    Zacharias begegnete dem Blick des Mystifs, und ihm wurde klar, daß seine Worte noch viel mehr bedeuteten, als es zunächst den Anschein hatte. Unruhe erfaßte ihn. Pie schien zu befürchten, daß sie sich hier und jetzt für immer verabschieden müßten.
    »In einigen Stunden sehen wir uns wieder«, sagte Gentle.
    »Ich verlasse mich darauf. Verstehst du? Wir müssen unseren 580

    Schwur halten.«
    Pie nickte und zog die Hand zurück. Huzzahs kleinere und wärmere Finger ersetzten sie sofort.
    »Wir machen uns jetzt besser auf den Weg, Engelchen«, meinte Gentle und führte das Mädchen zum Tor in der Mauer des Kesparats. Pie blieb bei den vier Eurhetemecs.
    Huzzah sah über die Schulter, als sie sich von der Gruppe entfernten, aber Zacharias widerstand dieser Versuchung. Es nützte Pie nichts, wenn er jetzt sentimental wurde, außerdem hielt er es für besser, auch weiterhin von der Annahme auszugehen, daß sie in einigen Stunden wieder zusammen wären und in einem Cafe des Oke T'Noon sitzen würden.
    Trotzdem zögerte Gentle am Tor und starrte noch einmal die Straße mit den hohen Bäumen entlang, deren harte Blüten den Sturm unversehrt überstanden hatten. Das
    Hinrichtungskommando war bereits in den Chianculi verschwunden, und mit ihm der verlorene Sohn namens Pie'oh'pah.
    581

KAPITEL 32
l
    Die lange yzordderrexianische Abenddämmerung würde erst in einigen Stunden der Nacht weichen, doch der Autokrat saß sowieso in einer Kammer, die vor dem Tag geschützt war. Das Zimmer befand sich in der Nähe des Zapfenturms, und hier wurde der Kreauchee-Trost nicht von Licht beeinträchtigt; hier fiel es leicht zu glauben, daß alles Leben nur die Realität eines Traums hatte, den man ohne nachträglichen Kummer zu Ende träumen konnte. Doch Rosengarten fand den Autokraten mit untrüglichem Instinkt und brachte ihm Nachrichten, die sich als ebenso störend erwiesen wie Licht. Der Versuch, möglichst still und unauffällig die von Pater Athanasius angeführte Mangler-Gemeinde zu eliminieren, hatte sich durch Quaisoirs Auftauchen in ein Spektakel für die Öffentlichkeit verwandelt.
    Es kam zu Gewalt, die ihrerseites Gewalt schuf; eine Kettenreaktion erfaßte die ganze Stadt. Jene Soldaten, die das religiöse Zentrum angegriffen hatten, waren angeblich von der aufgebrachten Menge massakriert worden. Einzelheiten ließen sich nicht in Erfahrung bringen, denn Barrikaden schirmten den ganzen Hafenbereich ab.
    »Auf ein solches Signal haben die verschiedenen Gruppen in der Stadt nur gewartet«, meinte Rosengarten. »Wenn wir nicht sofort etwas unternehmen, glauben die Anhänger aller Kulte in den Domänen, der Tag sei gekommen.«
    »Der Tag des Jüngsten Gerichts, wie?«
    »Davon wird die Rede sein.«
    »Vielleicht haben die Leute recht«, erwiderte der Autokrat.
    »Und vielleicht sollten wir uns damit begnügen, den Unruhen einfach nur zuzusehen. Die Kulte verabscheuen sich gegenseitig, nicht wahr? Funkler hassen Mangler, und Mangler 582

    hassen Zenetiker. Sollen sie sich gegenseitig die Kehlen durchschneiden.«
    »Und die Stadt, Sir?«
    »Die Stadt, die Stadt! Zum Teufel mit der verdammten Stadt.
    Es ist aus mit ihr - Schicksal. Wenn ich den Kometen auf sie herabfallen lassen könnte... Ich würde nicht zögern, eine derartige Möglichkeit zu nutzen. Yzordderrex hat ein prächtiges Leben geführt. Was wäre tragisch an einem ebenfalls prächtigen Tod? Es wird andere Städte geben, Rosengarten. Vielleicht baue ich ein neues Yzordderrex.«
    »In dem Fall sollten wir jetzt aufbrechen, bevor die Aufstände beginnen.«
    »Hier im Palast sind wir sicher, oder?« fragte der Autokrat.
    Stille folgte. »Oh, Sie bezweifeln es?«
    »Das Potential der Gewalt ist enorm.«
    »Und ihre Präsenz gab den Ausschlag?«
    »Das Chaos lag ohnehin in der Luft.«
    »Aber sie war der Funken, der die Explosion auslöste?« Der Autokrat seufzte. »Oh, verdammt! Verdammt! Hol die Generäle.«
    »Alle?«
    »Mattalaus und Racidio. Sie müssen diesen Ort in eine uneinnehmbare Festung verwandeln.« Der Herrscher über Imagica stand auf. »Ich spreche jetzt mit meiner ach so geliebten Frau.«
    »Erwarten Sie uns bei Ihrer

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