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Imagica

Imagica

Titel: Imagica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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gleichen Weg beschreiten wie Hapexamendios. Ist das möglich?«
    »Wir können es versuchen.«
    »Ich möchte den Unerblickten sehen, Pie'oh'pah. Ich möchte wissen, warum Taylor und deine Kinder im Fegefeuer leiden.
    Ich möchte den Grund dafür verstehen.«
    Gentle richtete keine Frage an das Wesen, und deshalb schwieg es, atmete nur etwas schneller.
    »Haben wir die Möglichkeit, jetzt sofort aufzubrechen?«
    »Wenn du das wünschst...«
    »Ja, ich wünsche es, Pie. Beweise mir, daß du die Wahrheit gesagt hast - oder laß mich für immer in Ruhe.«
    Es war achtzehn Minuten vor Mitternacht, als sich Judith ans Steuer ihres Wagens setzte, um zu Gentle zu fahren. Die Straßen erstreckten sich fast völlig leer vor ihr, und mehrmals geriet sie in Versuchung, rote Ampeln einfach zu ignorieren.
    Doch zweifellos war die Polizei in dieser Nacht besonders wachsam, und sie wollte es vermeiden, von einer Streife angehalten zu werden. Zwar hatte sie keinen Alkohol im Blut, doch vermutlich unterlag sie anderen Einflüssen, die sich auf ihr Bewußtsein auswirkten. Sie fuhr mit großer Vorsicht und brauchte deshalb fünfzehn Minuten bis zum Atelier. Als sie dort parkte, brannte kein Licht hinter den Fenstern. Hatte Gentle beschlossen, seinen Kummer bei irgendeiner Party zu ertränken? Oder lag er bereits im Bett und schlief? Wenn letzteres der Fall war... Judith brachte Neuigkeiten, die sie für wichtig genug hielt, um ihn zu wecken.
    »Bevor wir diese Domäne verlassen, solltest du dir über 235

    einige Dinge klarwerden«, sagte Pie und nahm den Gürtel ab, um sein linkes Handgelenk mit Gentles rechtem zu verbinden.
    »Uns steht keine leichte Reise bevor. Diese Welt, die Fünfte Domäne, ist nicht mit den anderen zusammengeführt, was bedeutet: Der Transfer zur Vierten birgt gewisse Risiken. Wir gehen nicht einfach über eine Art Brücke, und der Wechsel erfordert viel Kraft. Wenn etwas schiefgeht, müssen wir mit schrecklichen Konsequenzen rechnen.«
    »Was könnte schlimmstenfalls geschehen?«
    »Zwischen den zusammengeführten Domänen und der Fünften befindet sich eine Sphäre namens In Ovo. Wesen aus verschiedenen Welten halten sich dort auf. Einige sind nur zufällig dort und harmlos. Andere wurden verbannt und stellen eine große Gefahr dar. Ich hoffe, wir passieren das In Ovo, bevor uns jemand bemerkt. Falls wir voneinander getrennt werden...«
    »Ich verstehe. Du solltest den Knoten noch fester ziehen, damit er sich nicht öffnet.«
    Pie kam der Aufforderung nach, und Gentle starrte nachdenklich in die Dunkelheit des Zimmers.
    »Angenommen, wir bringen das In Ovo hinter uns«, sagte er.
    »Was erwartet uns auf der anderen Seite?«
    »Die Vierte Domäne«, antwortete Pie. »Wenn ich mich unterwegs nicht verirre, erreichen wir die Vierte unweit der Stadt Patashoqua.«
    »Und wenn du dich unterwegs verirrst?«
    »Nun, dann finden wir uns vielleicht im Meer wieder. Oder in einem Sumpf.«
    »Meine Güte.«
    »Keine Sorge. Ich habe einen guten Orientierungssinn. Und wir verfügen über viel Kraft. Allein würde ich es bestimmt nicht bis zur Vierten schaffen. Aber zusammen mit dir...«
    »Können wir nur von hier aus zur nächsten Domäne?« fragte Gentle.
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    »Ganz und gar nicht. Hier in der Fünften existieren viele verborgene Übergangsstellen: Steinkreise und so weiter. Doch die meisten von ihnen dienen dem Zweck, Reisende zu einem bestimmten Ort zu bringen. Was uns betrifft... Wir lehnen derartige Beschränkungen ab. Und wir streben einen unbemerkten Transfer an, der keine Aufmerksamkeit erregt.«
    »Warum hast du Parashoqua gewählt?«
    »Weil jener Name angenehme Erinnerungen in mir weckt«, sagte Pie. »Weshalb? Nun, das wirst du schon sehr bald verstehen.« Der Mystif zögerte. »Möchtest du nach wie vor aufbrechen?«
    »Natürlich.«
    »Wenn ich den Knoten noch fester ziehe, schnüre ich dir das Blut ab.«
    »Dann sollten wir keine Zeit mehr verlieren.«
    Pies Finger berührten Gentles Gesicht. »Schließ die Augen.«
    Zacharias senkte die Lider und spürte, wie Pie'oh'pah nach seiner freien Hand griff und sie zwischen ihnen anhob.
    »Du mußt mir helfen«, sagte das Wesen.
    »Wie?«
    »Ball die Hand zur Faust. Etwas lockerer. Laß genug Platz darin für einen Atemhauch. Gut. Gut. Denk daran: Atem ist der Ursprung aller Magie.«
    Diese Worte klangen vertraut für Gentle.
    »Und nun...«, fuhr Pie fort, »heb die Faust zum Gesicht, mit dem Daumen am Kinn. Wir benötigen keine Beschwörungen aus eindrucksvoll

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