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Imagon

Imagon

Titel: Imagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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kommentierte Rijnhard, während er den gefrorenen Wasserdampf, der aus dem Behälter quoll, mit der flachen Hand verwehte. »Morgen, vielleicht übermorgen, sitzen wir alle in Unterdruck-Quarantänezellen.«
    »Übermorgen …« DeFries zog seinen Parka aus und ließ sich auf einen der Stühle sinken. Völlig teilnahmslos betrachtete er den Kühlkanister, aus dem Rijnhard nun mit einer Greifzange ein verschlossenes Kryoröhrchen zog, und in seinem Gesicht widerspiegelte sich zunehmende Resignation. »In vier Tagen endet hier der Zyklus der Mitternachtssonne …«
    Seine Worte wirkten kälter als die gefrorene Substanz, die der Arzt nun in seiner Hand hielt. Sie klangen wie: In fünf Tagen sind wir alle tot!
    »Spüren Sie das?«, hörte ich Rijnhard fragen.
    Ich war durch DeFries’ Worte für ein paar Sekunden abgelenkt gewesen. »Was?«, fragte ich verständnislos. Dann erkannte ich, dass Rijnhard das Kryoröhrchen an meine Haut hielt. »Nein …«
    »Und jetzt?«
    Ich sah zu, wie der Arzt mit dem Röhrchen – weiß Gott, was es enthielt und wie kalt es war – meinen Arm entlang strich; über Narbengewebe und über gesund wirkende Haut. Träge schüttelte ich den Kopf. »Tut mir Leid, ich fühle nichts.«
    »Überhaupt nichts? Weder Druck noch Kälte? Keinen Schmerz?«
    Ein Kopfschütteln meinerseits beendete das Experiment. Rijnhard verstaute das Röhrchen wortlos im Kühlbehälter und stellte diesen zurück in den Schrank. Dann untersuchte er gründlich meine Haut.
    »Keine Anzeichen von Kaltverbrennung«, bemerkte er nüchtern. »Weder eine Verfärbung der Haut, noch zerstörtes oder ausgerissenes Gewebe. Auch die Blutbahnen wirken unbeeinträchtigt …« Er zückte erneut sein Diktiergerät und fügte seinem Bericht eine ergänzende Bemerkung hinzu. Dabei hörte ich auch, worum es sich bei der Substanz in dem Kryoröhrchen gehandelt hatte: Um eine versiegelte Probe von Soerensens Blutplasma, entnommen wenige Tage vor seinem Tod und gelagert über flüssigem Stickstoff.
    Das Metall, mit dem mir Rijnhard über die Haut gestrichen hatte, musste mehr als minus 150 Grad Celsius kalt gewesen sein!
     
    »Also?«, fragte ich, nachdem der Arzt eine Zeit lang schweigend in den Schaum gestarrt hatte.
    Rijnhard hob seinen Blick. »Ich bin mit meinem Latein so ziemlich am Ende«, gestand er. »Es sind Narben, aber …« Er trommelte mit seinen Fingernägeln rhythmisch auf die Tischplatte und starrte wieder in den Schaum, als könne er durch ihn hindurch meine stigmatisierte Haut studieren. »Aber die Art und Weise, wie sie entstanden sein könnten, ist mir ein völliges Rätsel. Ich bin nicht einmal sicher, ob es Ihre Haut ist, die verletzt wurde. Es wirkt, als seinen die Narben mit Ihrer Haut verschmolzen worden. Fast so, als habe man heißes, flüssiges Gewebe aufgetragen, wie … wie eine Art Fleischziselierung.« Ein wenig hilflos sah er den still vor sich hinbrütenden DeFries an. Als dieser keinerlei Regung zeigte, erklärte Rijnhard: »Das Gewebe, aus dem die Narben bestehen, ist jedenfalls nicht identisch mit Ihrem Gewebe. Aber ich bin nicht in der Lage, eine DNA-Analyse zu erstellen. Ich finde einfach keine genetischen Informationen.«
    »Unheiliges Protoplasma …«, bemerkte DeFries.
    »Bitte?«, fragte der Arzt verdutzt.
    DeFries behielt sich eine Erklärung vor.
    Ich tauschte einen vielsagenden Blick mit Rijnhard, vorauf dieser nur die Schultern zuckte. »Haben Sie noch Schmerzen?« fragte er mich.
    »Mehr psychischer Natur.«
    »Ja …« Rijnhard nickte. »Gewiss würden Sie auch ohne Morphium nichts spüren.« Er nahm den Stapel Computerausdrucke zur Hand und sagte: »Was hier steht, stellt jegliche Wissenschaft auf den Kopf. Wenn ich nur einen Anhaltspunkt für den Verursacher besäße oder Sie sich zumindest erinnern könnten, was mit Ihnen geschehen ist, nachdem Sie in den Tunnel geführt wurden …«
    »Es ist ein Gottesgeschenk, dass er es nicht kann«, warf DeFries ein. »Seine Amnesie ist beabsichtigt. Den Aqunaki ist kaum etwas unmöglich. Sie kennen jede Zeit und jeden Winkel des Kosmos. Ihr Wissen ist nahezu grenzenlos, und ihre Allianz mit den Älteren …«
    Rijnhard erhob sich und baute sich vor DeFries auf. »Jonathan, wovon zum Teufel reden Sie?«
    DeFries blinzelte den Arzt an, als sei er soeben aus einem Tagtraum erwacht. »Von den Aqunaki. Von den Äußeren Wesen …«
    »Aqunaki, aha.« Rijnhard schien Mühe zu haben, sich zu beherrschen. »Und diese Narben? Sind sie vielleicht ebenfalls

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