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Imagon

Imagon

Titel: Imagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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hergefallen waren und mich zumindest gefesselt hatten, während ich geschlafen hatte.
    Für Rijnhard war ich ein Alien. Seiner Aussage zufolge hatte sich meine gesamte biomolekulare Struktur verändert. Mein Hautmantel war nicht mehr menschlich. Ginge es nach Rijnhard, hätte er mich unter anderen Umständen in einen Eisblock eingefroren und bei passender Gelegenheit in dünne Scheibchen zersägt – zur wissenschaftlichen Untersuchung. Und ich war sicher, dass er nicht der Einzige war, der so dachte. Unter DeFries’ Mitarbeitern rief ich mehr Angst hervor als die amorphe Masse, in die Chapmann sich verwandelt hatte, und mehr als der Shoggothe am Grund des Kraters. Ich war unter ihnen. Ich konnte mich bewegen. Ich lebte, sprach, aß, agierte.
    »Teufel auch, sie könnten wenigstens den Notstromgenerator einschalten«, wetterte Stomford und verpasste der Heizung einen Tritt, der sie durch den halben Raum rollen ließ.
    »Das haben sie längst«, erklärte Rijnhard emotionslos.
    »Aber es ist kalt! Und Strom gibt es auch keinen.« Er schlang die Decke, in der er sich gehüllt hatte, enger um sich. Dabei bemerkte er, dass ich ihn beobachtete. »Sieh an, unser Reptilienfreund ist auch wieder wach. Ich nehme an, Ihnen ist die Saukälte scheißegal.«
    »Sie benötigen den Strom für das Habitat«, lenkte Rijnhard die Aufmerksamkeit auf sich. Er bedachte mich dabei mit einem Blick, der sagte: ›Ohne mich hätten sie dich längst gelyncht.‹
    »Woher wissen Sie das so genau?«, fragte ich ihn.
    Rijnhard zuckte mit den Schultern. »Ich weiß, wie viel Energie die MARS braucht, um reibungslos zu funktionieren. Ehrlich gesagt glaube ich, dass der Notstrom dafür gar nicht ausreicht.«
    »Die MARS?«, echoten Stomford und ich unisono. Selbst DeFries schien aus seiner Lethargie erwacht zu sein und hob den Blick. Seine Augen blieben dabei jedoch so schmerzerfüllt-teilnahmslos wie zuvor.
    »Dieser Metallkessel, der dort draußen steht und Mertens und Broberg als Verhörraum dient, ist das MARS I-Habitat.« Rijnhard sah uns der Reihe nach an. »Sie haben keine Ahnung, wovon ich rede, nicht wahr?«
    »Nein«, gestand ich.
    »Tja, das war schon damals unser Problem …«, nickte der Arzt deprimiert. Er zog die Hände aus seinen Parkataschen und verschränkte die Arme vor der Brust. Dabei ging sein Blick zu DeFries, der mit zusammengepressten Lippen wieder auf die Tischdecke starrte. »MARS steht für Mars Arctic Research Station. Das Habitat, für das wir uns hier den Arsch abfrieren, war Bestandteil des Flashline-Projekts. Unter Dr. Pascal Lee war ich seinerzeit drei Jahre lang am Projekt beteiligt. Genauer gesagt: Ich kenne das Habitat in- und auswendig, denn ich habe zwei arktische Sommer darin verbracht. Vielleicht wird es Sie überraschen, vielleicht auch nicht: Dr. Pascal Lee ist leitender Projektwissenschaftler am AMES Research Center.«
    »Sie gehören zu AMES?«, entfuhr es mir verblüfft. »Sie und Chapmann …?«
    »Nein, ich gehöre nicht zu AMES«, unterbrach mich Rijnhard. »Ich unterstand Dr. Lee als freier Mitarbeiter.«
    »Und Chapmann?«
    »Er war damals ebenfalls dabei. Ihn in die Breva-Station zu holen, war mein Vorschlag gewesen. Chapmann wäre auch heute noch am Flashline-Projekt beteiligt; an der MARS II. Er wollte unbedingt zu den Ersten gehören, die … na ja, das ist eine andere Geschichte.«
    »Wollen Sie uns weismachen, dass das Habitat von Kalifornien bis hierher geschafft worden ist, nur, um einen Verhörraum zur Verfügung zu haben?«
    »Nein, sie kommen aus Thule.«
    »Aus Thule?!« Stomford lachte auf. »Das ist noch absurder. Kein Chinook schafft diese Strecke, ohne zwischendurch aufzutanken. Das sind mehr als tausend Kilometer über den kompletten Eisschild!«
    Rijnhard zeigte sich nicht im Geringsten beeindruckt. »Gewiss«, stimmte er zu. »Aber südöstlich von Thule liegt die kanadische LIMA-Station, und zweihundert Kilometer nordwestlich von hier das Summit Camp. Letzteres wurde Ende der Achtziger auf dem Eisschild errichtet, um die Austauschprozesse und Wechselwirkungen zwischen der Atmosphäre und der Gletscheroberfläche zu untersuchen. Die drei Türme, die damals aufgebaut wurden, werden heute von der NASA genutzt. Im Summit Camp gibt es genug Treibstoff, um ein Dutzend Chinooks aufzutanken.« Er machte eine Pause und lauschte. Draußen liefen zwei Personen am Container vorbei. Zwar hörten wir nicht ihre Schritte, aber ihre lauten Stimmen. Sie mussten schreien, um das Zischen des

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