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Imagon

Imagon

Titel: Imagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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Belüftungssystems in ihren Schutzanzügen zu übertönen und sich verständigen zu können.
    »Was wollen sie hier mit dem Habitat?«, wunderte ich mich gedämpft, nachdem minutenlang nichts mehr zu hören war. »Weshalb der Aufwand, es hierher zu schaffen?«
    »Wegen seiner Funktion«, sagte Rijnhard. »Der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel. Erstens stand es praktisch vor der Haustür, und zweites wurde es letztes Jahr ausgemustert und durch das MARS II ersetzt. Was dort draußen steht, ist der Prototyp eines Marslande-Habitats. Es diente uns als Basis für Teams aus vier bis sechs Personen: Geologen, Astrobiologen, Ingenieure, Mechaniker, Ärzte …
    Ehe die Station damals in Betrieb genommen werden konnte, galt es, einen idealen Mars-Analog zu finden; einen Ort, an dem einige Umweltbedingungen, geologische Merkmale, biologische Attribute oder Kombinationen daraus in bestimmter Art und Weise denjenigen ähnlich sind, die auf dem Mars vermutet werden. Vor zehn Jahren entdeckte ein Team von Forschern unter der Führung von Dr. Lee einen idealen marsähnlichen Standort in der kanadischen Arktis: den zwanzig Kilometer großen Haughton-Meteoritenkrater und seine Umgebung auf Devon Island, knapp vierhundert Kilometer westlich von Thule.
    Oberflächlich betrachtet gleicht das Habitat nur einem zylindrischen Metallkessel, doch es ist weitaus komplexer. Die Station ist in zwei Ebenen unterteilt, die durch eine Luftschleuse miteinander verbunden sind. Unten lag damals der Arbeitsbereich, oben der Wohnraum. Die Basis der Wohneinheit bilden die BUCs. Für uns waren sie gleichzeitig Schlafstätte und persönlicher Wohn- und Studierraum. Alle Seitenwände können verschlossen und die BUCs beliebig positioniert werden, entweder aufeinander gestapelt oder nebeneinander. Die wichtigste Einrichtung der Station ist die Medienwand, ihr Kommunikationszentrum. Durch sie können Videokonferenzen mit der Mission Control, den Außenteams oder lediglich von Etage zu Etage abgehalten werden.
    Und genau das prädestiniert das Habitat für Brobergs und Mertens’ Zwecke. Es bietet eine geschützte Unterkunft und ist ein effektives Feld-Labor, realistisch und anpassungsfähig. Ich bin sicher, dass man es ein wenig modifiziert hat – zu einem keimfreien Verhörraum.« Rijnhard schwieg bedeutungsschwanger und schien eine Reaktion auf seine Vermutung zu erwarten. Als keiner von uns etwas sagte, fügte er hinzu: »Diese Arsche müssen eine Scheißangst vor uns haben!«
    Ich verzog spöttisch die Lippen, doch das innere Unbehagen verwandelte meine Züge schnell wieder in eine ausdruckslose Miene.
    »Darf ich Sie um etwas bitten, Rijnhard?«
    Der Arzt hob das Kinn, horchte mit gleichgültigem Gesichtsausdruck.
    »Ich verändere mich weiter, wie Sie wissen. Niemanden ängstigt diese Metamorphose mehr als mich selbst. Ich verstehe ihren Sinn und Zweck nicht, aber ich kann ihn vermuten – und diese Vermutung macht mir Angst …« Mein Blick traf den Stomfords. Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, dass auch DeFries sich mir unmerklich zugewandt hatte. »Ich verspreche Ihnen, niemanden aus der Station willentlich zu verletzen«, fuhr ich fort. »Leider weiß ich nicht, ob mir dies gelingen wird, sobald diese Veränderungen irgendwann meinen … Geist erreichen und mich zwingen sollten, das zu tun, wofür ich zurückgeschickt wurde.« Ich starrte nun beim Reden auf meine Hände, als könne ich dem Prozess, dem mein Körper unterworfen war, dadurch Einhalt gebieten. Dann sagte ich: »Egal, was mit mir in den kommenden Stunden oder Tagen passieren wird – verhindern Sie unter allen Umständen, dass ich den Tempel betrete – mit allen Mitteln, falls es notwendig sein sollte!«
     
    Diesmal warnten uns keine Stimmen. Die Außentür wurde geöffnet, und mehrere Personen betraten den Eingangscontainer. Dann wurde die Innentür entriegelt und schwang auf. Der Lauf eines automatischen Gewehrs und der rote Lichtpunkt eines über den Fußboden wandernden Laserpointers waren das erste, was wir sahen, ehe der Soldat in seinem aufgeblähten Schutzanzug den Raum betrat. Mit ihm kroch ein eiskalter Luftzug von draußen in die Küche. Dem Bewaffneten folgte ein zweiter, ebenfalls in einen Schutzanzug gekleideter Soldat. Er leuchtete uns mit einer Stabtaschenlampe nacheinander an, und ich bildete mir ein, hinter dem Helmsichtfenster so etwas wie Nervosität in seinen Augen blitzen zu sehen. Der Argwohn und die Vorsicht der beiden waren verständlich, denn sie waren

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