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Imagon

Imagon

Titel: Imagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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in ihren Racal-Anzügen relativ unbeweglich und nahezu taub. Das Zischen der Belüftungssysteme war das einzige Geräusch, dass sie im Inneren ihrer Anzüge hörten – aber es war auch das einzige Geräusch im Raum. Obwohl wir uns hätten weiter unterhalten könnten, sagte keiner von uns ein Wort.
    Nachdem sich die beiden davon überzeugt hatten, dass wir uns friedlich verhielten, winkten sie Hagen, Mylius, Maqi und Paamit in die Küche. Hinter ihnen erkannte ich den Schatten mindestens eines weiteren Soldaten. Hagen und die anderen schienen wohlauf zu sein, wirkten jedoch müde und erschöpft. Der Soldat mit der Taschenlampe sah sich noch einmal um, ehe er seinem bewaffneten Kollegen folgte und die Küchentür wieder verriegelte. Nachdem auch die Außentür geschlossen worden war, ließen sich Hagen und Mylius neben Stomford in zwei freie Sessel fallen. Paamit kramte ein paar Lebensmittel aus den Küchenschränken und verzog sich in Richtung der Schlafräume. Maqi setzte sich zu DeFries, mit Blickrichtung zu mir. An seiner linken Hand trug er einen dicken Verband zum Andenken an unseren gestrigen ›Interessenkonflikt‹. Laut Rijnhard hatte ich ihm zwei Handknochen gebrochen.
    »Sie haben die Schneeraupe vor den Osteingang gestellt«, informierte uns Hagen. »Da ist kein Rauskommen mehr möglich. Auf jeder Seite der Station steht eine bewaffnete Wache. Sie haben die NUB und den Generatorcontainer desintegriert und abgefackelt. Jetzt verbrennen sie alles, was in ihren Augen kontaminiert sein könnte. Zudem versuchen sie, die Nachbarcontainer der NUB zu desinfizieren. Überall stinkt es nach Chlorbleiche. Und dieses Habitat …« Er schüttelte den Kopf und fügte missbilligend hinzu: »Dort draußen sieht es aus wie in einem Science-Fiction-Film.«
    »Wissen Sie, was im Krater vor sich geht?« DeFries Stimme war leise, aber sie erklang so unerwartet, dass jeder zu ihm herübersah.
    »Nein«, meinte Hagen. »Richards’ Leute bauen dort unten irgendetwas auf, mehr weiß ich nicht.« Er erhob sich und wischte sich die Müdigkeit aus den Augen. »Und sie haben die Gräber gefunden … Nun wollen sie alles ganz genau wissen und scheinen sich dabei nicht einig zu sein, ob wir kriminell oder einfach nur verrückt sind.«
    »Was haben Sie ihnen erzählt?«, fragte Rijnhard.
    »Die Wahrheit – vom wissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen.« Und selbstzufrieden fügte er hinzu: »Ich fürchte, sie haben kein Wort davon verstanden.«
    Maqi blickte finster drein und zuckte die Schultern. »Tiaqas«, brummte er.
    »Was hat er gesagt?«, wunderte ich mich.
    »Idioten.«
     
    Fünfzehn Minuten später kamen sie, um uns abzuholen. Hagen hatte bei seiner Schilderung nicht übertrieben. Sekundenlang von der draußen herrschenden Helligkeit geblendet, staunten wir bei unserer Überführung in das Habitat über fünf futuristisch anmutende, von blauem, virentötendem UV-Licht erleuchtete Kunststoffkuppeln, die den Metallkessel umringten. Jenseits des Habitats erstreckte sich eine große, langgezogene Kunststoffbaracke, die von einem flexiblen Kreuzgestänge gestützt wurde und aussah wie ein aufgepumptes Tonnengewölbe. Schemenhaft waren Gestalten in Schutzanzügen hinter den Plastikwänden zu erkennen. Womöglich handelte es sich bei den externen Bauwerken um beheizte Desinfektionsduschen, Schleusen und Umkleideräume. Ich hörte das Zischen der Düsen, durch die Wasser und Chemikalien über die Anzüge jener Männer gespritzt wurden, die im Begriff waren, ihre Arbeit zu beenden und aus den Schutzanzügen zu steigen. Die Anzüge waren – mit Ausnahme von Helm und Gebläse – als Einmalanzüge konzipiert, sodass man sie nach dem Gebrauch verbrennen konnte. Das vorgeschriebene Entgiften nahm für jede Person mehrere Minuten in Anspruch. Dampfschwaden quollen aus den Abluftkaminen des Infrablocks und der Duschkuppeln. Es stank nach Verschmortem, nach Desinfektionsmitteln und der von Hagen erwähnten Chlorbleiche. Ich konnte über diese Donquichotterie nur den Kopf schütteln. Womöglich verlieh der Gestank Mertens’ Leuten und der AMES-Truppe das beruhigende Gefühl, das Mikroben-Gespenst in die Schranken zu verweisen. Sauber zu machen. Aufzuräumen.
    Im gesamten Lager verteilt standen neben teils offenen, teils verschlossenen olivgrünen Militärkisten auch kleine blaue Transportcontainer mit der Aufschrift CDC. Anscheinend hatten das Militär und das Zentrum für Seuchenkontrolle ihre permanenten Kompetenzstreitigkeiten in

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