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Imagon

Imagon

Titel: Imagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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während meiner Reisen sehr bald festgestellt, dass der Mythos differiert, je nachdem, ob ich mich im Norden, Osten, Westen oder Süden der Insel aufhielt. Diese verschiedenen Versionen habe ich untereinander verglichen und aus allen Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten eine Essenz gezogen, die dem Ur- Taaloq am nächsten kommen dürfte. Er beginnt mit folgender Erzählung …«
    Nachdem DeFries die ersten Zeilen still für sich allein gelesen hatte, zitierte er: »Horche und erinnere Dich im Namen Simiuts und Qianaas. Dies zeugt von den Toten, als die Erde und die Himmel in den Höhen noch keine Namen trugen und nichts existierte außer den Meeren von Inua und Taqana, den Alten, die sie alle zeugten, ihre Wasser wie ein Wasser.
    Zu jener Zeit war es, dass die Götter unter den Alten geformt wurden. Muq und Aamu wurden hervorgebracht und mit Namen benannt. Raam und Tonaatoq wurden geschaffen und zeugten unseren Meister Simiut, der ohne Rivalen unter den Göttern ist.
    Die Älteren Götter kamen zusammen und störten Taqana, das Schwarze Meer, wie es hin und her wogte. Sie belästigten es durch ihre Rebellion in der Sternenwohnung. Inua konnte das Geschrei nicht dämpfen, und Taqana war sprachlos. Die Taten waren den Alten abscheulich. Inua erhob sich, die Götter zu bändigen. Mit magischem Spruch und Zaubermacht focht er, doch er wurde getötet von der Magie der Älteren Götter, und es war ihr erster Sieg. Sein Körper wurde in den leeren Raum gelegt, in einer Spalte der Himmel verborgen; doch sein Blut schrie zur Himmelswohnung.
    Taqana, erzürnt und mit bösen Gefühlen angefüllt, sprach: Lasst uns Diener schaffen, die ausziehen und gegen die boshaften Söhne kämpfen, gegen die mörderischen Abkömmlinge, die einen Gott töteten.
    Sie erhob sich und fügte dem Heer der Alten unvergleichliche Wesen hinzu. Taqana zeugte Tiere, die Berge erdrücken konnten und sich mit scharfen Zähnen und langen Fängen durch das Fleisch der Welt gruben, und füllte ihre Körper mit Gift statt Blut. Brüllende Dämonen krönte sie und schuf sie wie Götter, sodass vergehe, wer sie wahrnimmt. Sie rief mächtige, rasende Geister herbei, die keinen verschonten. Elf dieser Sorte zeugte sie, mit Qaapra, ihrem Führer.«
    DeFries griff blind nach seinem Glas, ohne die Augen vom Text abzuwenden. Seine Hand zitterte, als er es an seine Lippen führte und schlürfend einen Schluck nahm.
    »Mir ist schleierhaft, was dieser Mythos mit dem Krater, dem Bauwerk und Chapmanns Zustand zu tun haben soll«, nutzte ich die Unterbrechung für einen Kommentar.
    »Alles, Poul.« DeFries sah mich eindringlich an, stellte das Glas ab und füllte es wieder auf. »Alles«, betonte er dabei mit Nachdruck. »Sie müssen nur Geduld haben. Imaqa.«
    Ich rümpfte die Nase. »Imaqa, natürlich. Dann erzählen Sie mir diese Geschichte wenigstens in Ihren eigenen Worten. Mir schwirrt von diesen Wortgedrechsel bereits der Kopf.«
    DeFries faltete seine Hände auf dem offenen Notizbuch und blickte ein paar Sekunden lang auf die Tischplatte. »Na schön. Simiut fürchtete die Niederlage und rief seinen Sohn Ilam. Er eröffnete ihm den geheimen Namen, die geheime Zahl und die geheime Form, durch die er gegen die Alten Götter kämpfen und sie besiegen konnte. Ilam bewaffnete sich mit einer sogenannten Scheibe der Macht und verließ seinen Vater in einem Feuerwagen. Dann rief er einen Zauber, worauf die Dämonen von lodernden Flammen niedergestreckt wurden.
    Nur Qaapra blieb übrig und stürzte sich wütend auf Ilam. Der blendete Qaapra mit der Scheibe der Macht und trennte ihm den Kopf ab. Dann, so erzählt der Taaloq, war alles ruhig.
    Ilam nahm die Tafeln des Schicksals und hängte sie um seinen Hals. Die Älteren Göttern jubelten ihm zu, denn nun war Ilam der erste unter den Älteren. Er schlug Qaapra in zwei Teile und formte den Himmel und die Erde, mit einem Tor, um die Alten im Draußen zu halten, und verbarg dessen Schlüssel für immer. Aus Qaapras Blut formte er die Menschen und erbaute Wachtürme für die Älteren Götter. Er machte ihre Geister als Sternzeichen fest, damit sie die Tore beobachten und bewachen; das Tor von Taqana und von Qaapra, und das Tor, dessen Hüter Iak Sakkak ist. Diese Kräfte, heißt es, widerstehen der Macht der alten Künste, dem magischen Spruch der Ältesten und der Beschwörung der Urkraft … So endete der erste Krieg.«
    »Ich wusste gar nicht, dass dieser Begriff im Wortschatz der Inuit überhaupt existiert«, bemerkte

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