Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)
Wenn ich allein arbeite, bin ich am besten.«
Das klang schon wieder nach James Bond, und ich kicherte.
»Lüttjens. Jan Lüttjens. Im Auftrag Ihrer Majestät, Nele der Ersten.«
Jan kitzelte mich mit dem Stöckchen. »Mach dich nur über mich lustig. Ich habe jedenfalls etwas herausgefunden, und zwar ohne dich.«
»Sorry. Du bist der beste aller Brüder. Was ist es denn? Haben wir es plötzlich nur noch mit einer Zahl unter hundert zu tun?«
Ein größeres Wunder konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Mit der Hand schob ich das Stöckchen weg.
»Zwölf«, sagte Jan.
»Was?«
»Es sind nur noch zwölf Namen.«
»Du willst mich verkohlen.«
»Was du wieder von mir denkst.« In seinem Blick lag mächtiger Stolz, als er jetzt aufzählte: »Es sind genau sechs Hertha Kowalskis, zwei H. Kowalskis, zwei M. Kowalskis, ein Hans-Friedrich Kowalski und ein Karl-Theodor Kowalski.«
»Aber … wie …?« Es geschah eher selten, dass ich um Worte verlegen war.
»Ganz einfach. Einer unserer Kunden arbeitet bei der Bahnauskunft. Er hat für mich recherchiert und herausgefunden, dass eine Reisende namens Hertha Kowalski für den Montag telefonisch einen Abteilplatz für die Strecke von München nach Hamburg-Altona reserviert hatte. Das hat die Suche erheblich eingegrenzt. Ich bin dann noch einmal unsere Liste durchgegangen und habe mich auf die Stadtviertel Altona, Eimsbüttel, St. Pauli und Ottensen konzentriert.«
Ich riss die Augen auf. »Du hast einen Spion bei der Bundesbahn? Sag mal, wo arbeitest du eigentlich? In einem Friseursalon in der Schanze oder bei der Mafia in Palermo?«
Jans stolzer Blick zeigte das Selbstbewusstsein eines Helden. »Gute Kontakte sind wichtig. Man weiß nicht, wofür man die Leute mal brauchen kann.«
Sage ich doch. Mafia.
An dieses außerordentliche Wunder mochte ich jedoch nicht glauben.
»Nur weil sie in Altona ausgestiegen ist, heißt das noch nicht, dass sie im näheren Umkreis wohnt«, gab ich zu bedenken.
Jan wirkte beleidigt. »Nee, klar. Aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch. Oder hast du einen besseren Vorschlag?«
Ich schüttelte beschämt den Kopf.
»Eben. Wer schläft, fängt keine Herthas.«
Den blöden Spruch hatte ich mir jetzt verdient.
»Und hast du da schon angerufen?«
Jan schüttelte den Kopf. »Ich habe mir eine andere Vorgehensweise überlegt.«
»Willst du jemandem ein Angebot machen, das er nicht ausschlagen kann?«
»Was?«
»Nichts. Schon gut.«
Ganz so mafiös, wie ich befürchtet habe, war mein Bruder doch nicht unterwandert.
»Diese Telefonate bringen nichts«, führte er aus. »Stell dir vor, wir erwischen die richtige Hertha, und sie will nicht zugeben, dass sie die Tupperdose mitgenommen hat. Am Telefon können wir nichts machen, aber wenn wir vor ihr stehen, rückt sie Opas Asche vielleicht raus. Ich habe die Adressen. Morgen früh fahren wir nach Hamburg und klappern die Kowalskis einen nach dem anderen ab. Du wirst sehen, wir finden die richtige und bringen Opa rechtzeitig nach Hause.«
»Okay«, sagte ich schlicht. Was auch sonst? Die erotischen Träume von gleich zwei Männern hatten mich stark von meinem Hauptproblem abgelenkt. Wie gut, dass wenigstens einer von uns einen klaren Kopf behielt und mich zum Handeln zwang.
»Super.« Jan sprang auf. »Und wenn wir schon einmal in Hamburg sind, können wir auch mal nach Mama schauen. Sonst gibt es hier bald noch einen ausgewachsenen Rosenkrieg.«
»Wenn du meinst, das bringt was«, erwiderte ich wenig hoffnungsvoll.
»Einen Versuch ist es wert. Am besten nehmen wir sie mit nach Hause. Und jetzt komm. Wir gehen zu Otto. Ich habe Lust, die alte Clique wiederzusehen. Du nicht?«
»Ich weiß nicht«, gab ich ehrlich zu. »Ich habe ein bisschen Angst vor Karl.«
»Vor Karl oder vor dir selbst?«
»Beides«, gab ich zu.
»Da musst du durch. Sonst fragst du dich die nächsten dreizehneinhalb Jahre, was eventuell aus euch noch hätte werden können.«
»Aus uns kann nichts werden!«
Jan zog die Brauen hoch und schwieg.
»Bestimmt nicht«, ereiferte ich mich.
»Weil du in Paul verknallt bist?«
»Du hast ja einen Schuss!«
Jan steckte die Beleidigung mit einem leichten Lächeln weg. »Früher oder später wirst du dich entscheiden müssen: Karl oder Paul.«
»Du verstehst überhaupt nichts! Karl ist Vergangenheit, und Paul gibt den Priester. Was soll ich da noch entscheiden? Ich bleibe für immer und ewig allein, so wird es sein. Ich werde keine Kinder haben, keine
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