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Immer diese Gespenster

Immer diese Gespenster

Titel: Immer diese Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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fand Hero. Die Bewunderung mußte in seinem Gesicht zu lesen sein, denn sie lächelte ihn freundlich an und drückte ihm kräftig die Hand. Sie sagte: «Ich bin froh, daß Sie gekommen sind—sehr froh.» Ihre Stimme war so angenehm wie sie selbst und ohne jeden Akzent. Er schloß daraus, daß sie im Ausland erzogen worden war.
    «Richard», sagte Paradine, «willst du die weiteren Vorstellungen übernehmen!»
    Hero hatte von Sir Richard bereits eine ziemlich genaue Beschreibung der Gäste des Country Clubs erhalten. Außerdem hatte er die Namen auf der Liste auswendig gelernt. Nun, da er diesen Menschen persönlich gegenüberstand, mußte er feststellen, daß Lockeries Urteil und Beobachtungsvermögen gar nicht schlecht waren. Mr. Jellicot war tatsächlich ein kleiner, dicker Mr. Pickwick, der fast platzte vor Wichtigtuerei und unterdrückter Aufregung. Das affenähnliche Gesicht von Dr. Paulson, in dem er während der Begrüßung eine gewisse Feindseligkeit wahrzunehmen glaubte, war ihm von Fotografien her bekannt. Der eisengraue Ingenieur Ellison zeigte keine Spur von Interesse, als sie einander vorgestellt wurden. Horace Spendley-Carter war überschwenglich und übertrieben freundlich, seine Frau unscheinbar und bedrückt. Auf die geradezu rührende Häßlichkeit des Kindes Noreen, das ihnen gehörte, war Hero nicht vorbereitet. Er erinnerte sich, daß Lockerie gesagt hatte, Major Wilson, der Offizier, habe eine blonde Frau, doch überraschte ihn der Hunger in den Augen dieser blassen, schlanken Frau, die seine Hand einige Sekunden länger in der ihren hielt als die anderen. Der Major mit dem zurückweichenden Kinn und den kalten Augen war eindeutig feindselig. Er reichte Hero nicht einmal die Hand, sondern nickte bloß und brummte etwas vor sich hin. Die untersetzte, derbe Witwe mit dem blaugetönten Haar, Mrs. Geraldine Taylor, war genau wie beschrieben. Und schließlich der ungeschlachte und unhöfliche junge Mann, natürlich Vetter Freddie, Lord Paradines Neffe, der Hero seine dicke, schlaffe Hand reichte und sagte: «Willkommen in Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett! Folterkammer im Keller, einen halben Shilling extra.»
    Als die Begrüßung beendet war und sich die Anwesenden miteinander unterhielten, gab Sir Richard die Ursache seiner Verlegenheit kund, indem er leise murmelte: «Es tut mir leid, Hero — ich wurde richtiggehend überrumpelt. Als der Pfarrer vernahm, daß wir Sie herbestellt hatten, beharrte er auf einer sofortigen...»
    Hero fragte: «Wer hat ihm gesagt, daß ich mit dem Fall beauftragt worden bin?»
    Sir Richard senkte seine Stimme noch mehr und entgegnete: «Vetter Freddie. Man kann sich darauf verlassen, daß er alles verpfuscht. Sie halten wohl nichts von dieser Zeremonie?»
    Hero sagte: «Mir persönlich ist das gleichgültig. Wo schwarze Magie im Spiele ist, kann ein wenig weiße nichts schaden. Doch es ist schon vorgekommen, daß es die Krise beschleunigte, was oft mit unangenehmen Folgen verbunden ist. Nun...» Der unvollendete Satz und sein Blick zum Pfarrer hinüber, der Anstalten traf, mit der Zeremonie zu beginnen, besagten, daß sie das in Bälde erfahren würden.
    Pfarrer Harry Witherspoon, das alte, ledergebundene Buch geöffnet in einer Hand, den in Weihwasser getauchten Wedel in der anderen, begab sich in die Mitte des Saales, kniete nieder und begann: «O allmächtiger Vater, ewiger Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der du den gefallenen und flüchtigen Tyrannen dem ewigen Höllenfeuer übergabst; der du deinen einzigen Sohn in die Welt sandtest, damit er den Geist des Bösen besiege...»
    Mr. Hero empfand plötzlich Sympathie für diesen harmlosen und aufrichtigen Mann. Während er vor kurzem noch ein aufdringlicher und geradezu aggressiver Wichtigtuer gewesen war, der seinen Willen durchsetzen wollte, strahlte er nun eine schlichte Würde aus. Sein Glaube verlieh ihm menschliche Größe.
    Hero, der neben Sir Richard stand, paßte auf, wer von den Anwesenden, wie Lockerie und er selbst, stehen blieb und wer nicht. Lord Para-dine stand mit vor Ärger gerötetem Gesicht da, während Lady Paradine und ihre Schwägerin Isobel auf den Knien lagen. Die letztere erinnerte Hero irgendwie an ein mittelalterliches Burgfräulein. Die edle Haltung ihres silberblonden Hauptes und der weiche Zug um den Mund rührten ihn. Sie gab sich ganz dem Augenblick hin. Hero dachte, daß Isobel wohl kaum je mit ihren Gefühlen zurückhalten würde.
    Mrs. Wilson kniete neben Beth,

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