Immer diese Gespenster
freundlich sein und sie unverzüglich Lord Paradine übergeben oder, falls er nicht erreichbar ist, Sir Richard Lockerie.»
Der Butler kehrte in wenigen Augenblicken zurück und sagte: «Wollen Sie bitte ein treten, Sir.»
Während er durch die hohe Doppeltür in den eichengetäfelten und mit Bannern geschmückten Saal geführt wurde, hatte Hero einen Moment lang das unheimliche Gefühl, in ein Film- oder Fernsehstudio geraten zu sein, kurz bevor eine Szene aufgenommen wird. Jener Augenblick, da die Schauspieler, zu Statuen erstarrt, in kleinen Gruppen oder an mit Kreide bezeichneten Plätzen stehen und darauf warten, daß der Befehl des Regisseurs und das Summen der Kamera sie zum Leben erweckt.
Im Zentrum der riesigen Halle, an dem zwanzig Fuß langen eichenen Refektoriumstisch, stand ein grauhaariger Geistlicher im weiß und schwarzen Meßgewand der anglikanischen Kirche, mit rosigem Gesicht, schön gescheiteltem, welligem Haar und einer Stahlbrille. In einer Hand hielt er ein offenes Buch, in der anderen einen Weihwasserwedel. Auf dem Tisch stand ein irdenes Gefäß mit Weihwasser.
Im ganzen hatten sich ungefähr dreißig Leute in verschiedenen Gruppen im Saal versammelt. Auffallend war, daß die Frauen sich wie für den Kirchgang herausgeputzt hatten und Hüte trugen, während die Männer in Alltagskleidern steckten und befangen die Hände über dem Bauch zusammenlegten.
Das Personal von Paradine Hall schien sich vollzählig eingefunden zu haben. Darunter auch Stallknechte, Gärtner und Chauffeure in sonntäglich engen weißen Kragen oder, falls sie Dienst hatten, in Uniform. Als Hero die Halle betrat, rührten sich die erstarrten Gestalten und blickten wie auf Kommando zu ihm hinüber. Der Geistliche schloß verärgert sein Buch, legte den Weihwasserwedel beiseite und fixierte den Eindringling über den Rand seiner Brille hinweg.
dachte Mr. Hero. Er wußte aus Erfahrung, daß nichts auf der Welt Gespenster, ob echte oder eingebildete, mehr aufbringt, als eine kirchliche Austreibung. Nun, es war offensichtlich zu spät, einzugreifen, doch er war froh, noch rechtzeitig dazugekommen zu sein. Er zweifelte nicht, daß sich daraus Unannehmlichkeiten ergeben würden.
Die Geisterbeschwörung
Während er dem Butler in den großen Saal folgte, hielt Hero nach Sir Richard Lockerie Ausschau und entdeckte ihn neben einem Mann mittleren Alters und mittlerer Statur mit schütterem sandfarbenen Haar und vorstehenden Augen. Dies mußte Lord Paradine sein.
Hero, der sich nebenbei auch mit Physiognomik beschäftigte, versuchte, sich ein Urteil über ihn zu bilden, als er sich ihm näherte. Der etwas zu kleine Mund, halb verdeckt von einem unscheinbaren Schnurrbart, hatte etwas von der Reizbarkeit eines Autokraten an sich, doch die Augen waren die eines im Grunde arglosen Mannes. Im Augenblick machte er einen befangenen und gehemmten Eindruck, wohl weil er wie die meisten Männer eine Abneigung gegen jede Art von religiöser Zeremonie empfand.
Sir Richard kam auf Hero zu und begrüßte ihn herzlich: «Hero — ich freue mich, Sie zu sehen. Das ist eine Überraschung, nicht wahr? Wir hatten Sie nicht vor heute abend erwartet. Lord Paradine, darf ich Ihnen Mr. Alexander Hero vorstellen?»
Paradines Begrüßung fiel merklich kühler aus. Er reichte ihm nachlässig die Hand und sagte: «Guten Tag, Mr. Hero! Freut mich, daß Sie kommen konnten.» Der Geistliche in seinem Meßgewand gesellte sich zu ihnen und setzte damit Lord Paradine noch mehr in Verlegenheit. Auch Sir Richard schien es peinlich zu sein. Er sagte: «Pastor Witherspoon, darf ich Ihnen Mr. Alexander Hero vorstellen; er hat sich freundlicherweise bereit erklärt, uns — hm — uns behilflich zu sein.»
Der Pfarrer reichte ihm die schlaffe Hand und sagte: «Freut mich, Sie kennenzulernen, Mr. Hero. Sie sind, wie ich höre, gebeten worden, diesen unheilvollen Erscheinungen auf den Grund zu gehen. Ihre Anwesenheit wird jedoch kaum mehr nötig sein. Ich habe Lord und Lady Paradine gebeten, mir zu gestatten, einen Gottesdienst zur Bannung der bösen Geister abzuhalten. Ich werde gleich damit beginnen und hoffe, das Schloß für alle Zeiten von solchen Heimsuchungen zu befreien.»
Ein ungewöhnlich großer, dicker und grobschlächtiger junger Mann von ungefähr neunundzwanzig Jahren mit langem glattem Haar, einem Polypenmund und frechem Blick sagte zu Hero, ohne vorgestellt
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