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Immer diese Gespenster

Immer diese Gespenster

Titel: Immer diese Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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schnell, sofort!»
    Susan starrte ihn verständnislos an. «Mein Zimmer?» sagte sie. «Weshalb? Ich verstehe nicht.»
    Hero herrschte sie an: «Das ist auch gar nicht nötig; tun Sie, was ich sage. Aber rasch, wenn ich bitten darf.»
    Nun erkannte sie die unterdrückte Erregung in seiner Stimme und zögerte nicht länger, sondern eilte mit ihm, Sir Richard und Mark in den oberen Stock. Ihnen auf den Fersen folgte Mr. Witherspoon mit dem Weihwedel in der Hand. Susan nahm, gelenkig wie sie war, gleich drei Treppenstufen auf einmal, und ihr dunkles Haar flog nur so. Oben angekommen, rannte sie den Korridor entlang nach links, bis sie eine verschlossene Tür erreichte, jene, die das Zimmermädchen in seiner Angst zugeknallt hatte. Sie hielt davor inne, nicht etwa aus Feigheit oder Nervosität, sondern weil sie nicht wußte, was Hero von ihr erwartete. Für den Augenblick hatte er sie ganz in seiner Gewalt, ohne daß sie sich dessen bewußt gewesen wäre.
    «Treten Sie alle zurück!» befahl Hero. Er drückte die Klinke herunter, stieß die Tür auf und trat ein. Hinter ihm ertönte eine halb hysterische, halb schockierte Stimme: «Satanas! Satanas!» Sie entrang sich der Kehle des Pfarrers, der mit grauem Gesicht und offenem Mund in den Raum blickte und sich krampfhaft bekreuzigte.
    Im Zimmer herrschte ein unbeschreibliches Durcheinander. Auf den ersten Blick sah es aus, als hätte ein Wirbelsturm darin gehaust. Dek-ken und Bettwäsche waren aus dem Himmelbett gerissen worden, Kissen aus den Hüllen gezerrt und auf der bloßen Matratze aufgetürmt. Der Boden war übersät mit weiblichen Kleidungsstücken; unordentlich übereinandergeworfene Tennis-, Abend- und Straßenkleider, Nachthemden, Morgenröcke, Unterwäsche und ein Gewirr von Nylonstrümpfen. Mäntel, Schuhe und Hüte lagen auf einem anderen Haufen, und offene Koffer und Taschen standen herum.
    Schubladen und Schränke waren aufgerissen, Puder verstreut, Lippenstift verschmiert, Flaschen ausgegossen, Bürsten und Toilettengegenstände zu Boden gefegt. Die Spiegel waren zur Wand gedreht worden, ebenso die Bilder, die schief hingen und den Rücken zeigten. Lampen, Gläser, Vasen, Wasserkrüge standen auf dem Kopf; alle elektrischen Birnen waren ausgeschraubt und lagen am Boden.
    Susan Marshall stand neben dem erschreckten und unglücklichen Geistlichen in der Türöffnung. Zornestränen funkelten in ihren Augen, und ihre Wangen waren gerötet. Sie schämte sich, daß ihre intimsten Kleidungsstücke und Habseligkeiten von fremden Händen berührt worden und allen Blicken preisgegeben waren. I
    «Oh», rief sie, «ein Vandale hat hier gehaust! Das ist kein Spaß mehr, das ist ganz abscheulich!»
    Mark Paradine war bleich vor Wut, und seine Hände öffneten und schlossen sich krampfhaft. Doch Lord Paradine rief: «Was, zum Teufel, soll das heißen? Das Zimmer ist durchsucht worden. Isobel, wir müssen der Sache auf den Grund gehen!»
    Isobel legte den Arm um Susan und sagte: «Das war ein schlechter Spaß, meine Liebe.»
    «Oh», jammerte Susan, «all meine Sachen!» Sie ging zum Toilettentisch, wo ihr Schmuck — ein paar Armbänder, Ringe, Broschen und eine Perlenkette — in einem Häufchen verschüttetem Puder lagen, und Hero befahl streng: «Warten Sie, Miss Marshall, wenn ich bitten darf. Es soll nichts angerührt werden.» Er stand in der Mitte des Zimmers und blickte sich empört um.
    Pfarrer Harry Witherspoon hatte seine Fassung einigermaßen wiedergefunden. Er drängte sich durch die Leute an der Tür und sagte: «Gestatten Sie, gestatten Sie. Ich muß hinein. Das ist unerhört, unerhört. Die Geisterbeschwörung muß unverzüglich fortgesetzt werden.»
    «Nein», sagte Mr. Hero energisch, «für jetzt ist’s genug. Später vielleicht, doch jetzt nicht. Sie hat nichts genützt.»
    Eine krächzende, spöttische Stimme ließ sich von der Tür her vernehmen: «Sie wollen doch nicht etwa behaupten, daß Sie an diesen Humbug glauben!» Die Attacke kam von dem hämischen alten Offizier, Major Wilson.
    Hero entgegnete: «Nein, ich nicht, doch sollte es auch für Sie offenkundig sein, daß irgendwas dran glaubt und äußerst heftig darauf reagiert hat.»
    Lord Paradine schnaubte irritiert durch die Nase: «Irgendwas — Sie wollen sagen , nicht wahr? Jemand hat in Susans Zimmer etwas gesucht.»
    Hero schenkte ihm nur halbe Aufmerksamkeit, denn er war zu sehr mit dem beschäftigt, was sich in dem Zimmer zugetragen hatte und was es ihm verriet. «Falls

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