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Immer diese Gespenster

Immer diese Gespenster

Titel: Immer diese Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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wäre es eine Nonne.»
    «Was dachten Sie sich, als Sie die feuchten Flecken an Ihrem Hals entdeckten?»
    «Daß es Schweiß sein könnte. Ich war am ganzen Körper naß. Wie Sie sehen, bin ich doch nicht so tapfer.»
    Hero sagte: «Solchen Mut und Verstand liebe ich. Und dieser Paulson nennt sich Wissenschaftler. Sie entdeckten, daß Ihre Tür unverschlossen war, schauten in den Flur hinaus und begaben sich, als niemand zu sehen war, wieder zu Bett. Was dachten Sie dabei?»
    «Ich versuchte, mich Schritt um Schritt zu erinnern, wie sich alles zugetragen hatte. Dann las ich noch eine Weile, bis ich einschlief. Könnte es vielleicht doch ein Traum gewesen sein?»
    Hero sagte: «Ich glaube nicht.» Er trat vor sie hin, nahm ihre beiden Hände in die seinen und sagte: «Susan, Sie sind ein ungewöhnlich beherztes Mädchen!» Sekundenlang, während sie sich in die Augen blickten, schwebte etwas zwischen ihnen, das zu einem leidenschaftlichen Gefühl hätte werden können, wäre in ihr nicht der Verdacht aufgetaucht, daß sich etwas Bestimmtes hinter seiner Gemütsbewegung verbarg. Seine folgenden Worte schienen es zu bestätigen; wenigstens brachen sie den Zauber.
    «Wenn es unbedingt sein müßte», fragte er, «könnten Sie es über sich bringen, die ganze Geschichte nochmals durchzumachen? Würden Sie einer Wiederholung, allerdings ohne die Gefahr, zustimmen?»
    «Ist das wirklich nötig?» fragte sie.
    «Wenn ich es sage, ja», antwortete er, und wiederum spürte sie seine nüchterne Zielbewußtheit und kalte Unbeugsamkeit. Er war einer Sache auf der Spur, die ihm wichtiger erschien als ihre Person.
    «Nun, wenn es sein muß...» entgegnete Susan gleichmütig.
    «Bravo!» rief er, doch es klang abwesend, so als wäre er in Gedanken schon längst woanders. Schweigend gingen sie zum Schloß zurück, wo Mark Paradine auf der Terrasse wartete.
    Der rothaarige junge Mann beobachtete Susan und Hero aufmerksam, während sie näher kamen, denn seit ihrem Streit hatten das junge Mädchen und er nicht viele Worte gewechselt. Er hätte gern gewußt, woher sie kamen, was Hero zu ihr gesagt hatte und warum sie beide so schweigsam waren. Er war sich bewußt, wie banal es klingen mußte, und doch kam ihm nichts Besseres in den Sinn als zu fragen: «Hast du Lust auf eine Partie Tennis, Susan?» Daher war er nicht wenig erstaunt, sie sofort eifrig zustimmen zu hören.
    «Oh, wie nett! Sehr gern, Mark.» Susan war selber erstaunt. War es die Reaktion auf jenen Augenblick, da sich zwischen ihr und dem Mann an ihrer Seite etwas anzubahnen schien, was dann in nichts zerrann? Oder tat ihr der Streit mit Mark inzwischen leid, so daß sie sich nun über sein Friedensangebot erleichtert fühlte? Was immer der Grund sein mochte, sie sehnte sich geradezu danach, mit Mark zusammen zu sein, mit ihm Tennis zu spielen, zu rennen, zu kämpfen und zu lachen. «Ich gehe mich umziehen!» rief sie und sprang in langen Sätzen davon.
    Die beiden Männer folgten ihr mit den Blicken. Hero sagte trocken zu Mark: «Ich wette ein Pfund, daß sie Sie schlagen wird. Sie ist in der richtigen Stimmung dafür», und wandte seine Schritte dem Schloß zu.
    Als Hero sich dem massiven Tor von Paradine Hall näherte, entdeckte er eine leichte Veränderung in der Gegend, wo Erdarbeiten vorgenommen wurden. Die Bretter waren von dem zerbrochenen Fenster des Wintergartens entfernt worden, und die neue Scheibe war angekommen. Hero hatte mittlerweile erfahren, daß das Fenster von einer Hacke zertrümmert worden war, die sich vom Stiel löste, als ein Arbeiter sie beim Graben in die Höhe schwang. Die große neue Scheibe stand im Wintergarten bereit, bis die Glaser sie einsetzen würden; der obere Rand berührte den Fensterrahmen, und die Scheibe stand leicht schräg im Raum, so daß sie nicht ins Rutschen geraten konnte.
    Einen Augenblick lang blieb Hero auf den Brettern stehen, die den Graben behelfsmäßig überbrückten, zupfte an der Unterlippe und überlegte, woran ihn dies erinnerte, doch ohne Erfolg. Ein Arbeiter richtete sich aus seiner gebeugten Stellung auf, stützte sich auf die Schaufel und sagte: «Ein prächtiger Tag, Sir.»
    «In der Tat, ein prächtiger Tag», erwiderte Hero und atmete tief die würzige Salzluft ein, die vom Nordostwind herangetragen wurde. «Wie ich sehe, ist die neue Fensterscheibe angekommen.»
    Der Arbeiter nickte. «Bill hat verdammtes Pech gehabt, daß die Hak-ke ins Fenster flog, aber Miss Isobel hat ihm kein böses Wort gesagt. Eine

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