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Immer diese Gespenster

Immer diese Gespenster

Titel: Immer diese Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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feine Dame, Miss Isobel.»
    «Ja», pflichtete Hero bei. «Nun wird der Schaden bald repariert sein.» Er ging gedankenversunken ins Haus, und als er das Schreibzimmer des Country Clubs im Ostflügel durchquerte, stieß er auf Mrs. Geraldine Taylor, die mit einem Spiel rotrückiger Karten eine Patience legte. Er konnte der Versuchung nicht widerstehen, zuzuschauen, ob sie aufgehen würde.

Die heiratslustige Witwe

    «Wenn Sie Lust haben, kommen Sie näher, junger Mann; bleiben Sie nicht mitten im Zimmer stehen», befahl Mrs. Taylor. «Mich stört’s nicht, wenn Sie zuschauen. Ich glaube, ich werde gewinnen. Ich hoffe es sehr, denn ich habe einen Wunsch.»
    Hero trat näher und schaute ihr zu, wie sie mit kurzen, geschickten Fingern die Karten sortierte und langsam, aber sicher die Familien auf die vier Asse aufbaute.
    Dabei hatte er Gelegenheit, sie genauer zu betrachten. Sie war eine untersetzte Frau mit den breiten Hüften der langjährigen Reiterin. Ihr graues Haar war kurz geschnitten, schön gewellt und vom leicht blau getönt. Hero war überzeugt, daß sie beim Reiten eine weiße Halsbinde und einen Dreispitz trug und daß ihr beides gut zu Gesicht stand. Jetzt hatte sie ein dunkelgrünes, senfgelbgesprenkeltes Kostüm aus Donegal-Tweed an, eine weiße sportliche Bluse und dazu eine grüne Krawatte, in der eine brillantenbesetzte Nadel steckte, die ein Pferdekopf und eine Gerte zierte. Am Jackenaufschlag war eine Brillantuhr befestigt, und an ihren fleischigen Händen blitzten ein mindestens zehnkarätiger Brillant und ein ziemlich großer, schön geschliffener Smaragd. Mr. Hero notierte im Geist: Bevor er sich über ihr drittes Hobby schlüssig werden konnte, unterbrach sie seine Gedanken und sagte: «Jetzt oder nie.» Noch drei Karten blieben übrig. «Ich muß die Pikdrei haben, doch wenn sie unter dem Herzkönig liegt, geht das Spiel nicht auf.»
    Hero fragte: «Welche ist es wohl?»
    Sie blickte ihn belustigt an. Ihr Gesicht war — wie alles an ihr — breit und kräftig. Sie besaß eine etwas platte Nase und hellbraune Augen mit einem Stich ins Grünliche, doch wirkte sie mit ihrer Energie und Aufgeschlossenheit sehr sympathisch.
    «Die Pikdrei natürlich», sagte sie und hob die Karte ab. Es war tatsächlich die Pikdrei. «Ha! Sehen Sie, es geht auf!» rief sie. Die nächste Karte war die gewünschte Treff neun, der gefährliche Herzkönig blieb als letzter übrig, und die Patience war zu Ende.
    Mrs. Taylor nahm sich nicht die Mühe, die restlichen Karten auf die Asse zu legen, sondern begnügte sich, sie mit zufriedenem Lächeln zu betrachten. «Es geht fast immer auf», sagte sie, «dabei sah es zu Anfang keineswegs danach aus.»
    Hero fragte: «Darf man Ihren Wunsch erfahren, oder bricht das den Zauber?»
    «Durchaus nicht», erwiderte Mrs. Taylor fröhlich. «Einen Ehemann wünsche ich mir. Haben Sie noch nicht gehört, daß ich hier bin, um mir einen Mann zu kapern? Was ist denn aus der guten altmodischen Kunst des Klatschens geworden?»
    Ihre liebenswürdige Offenheit überraschte Hero. Er hatte nicht erwartet, daß sie so bereitwillig zugeben würde, was jedermann hinter ihrem Rücken flüsterte. Sein Erstaunen spiegelte sich in seinem Gesicht wider. Die untersetzte Frau mißverstand es und sagte: «Ich bitte Sie, junger Mann — wie war doch gleich Ihr Name? Mr. Hero, nicht wahr? Glauben Sie, eine Frau hört auf, eine Frau zu sein, nur weil sie fünfzig Jahre alt und dick ist?»
    Hero entdeckte mit einiger Beunruhigung, daß ihre Augen prüfend auf ihm verweilten.
    «Sie haben allen Grund, beunruhigt zu sein, junger Mann», sagte Mrs. Taylor. «Ich will Ihnen verraten, daß es nur schlimmer wird, wenn man einmal die Fünfzig überschritten hat. Wenn ich ein netter junger Mann wäre, hätte ich Angst, in einer Welt voll älterer Frauen zu leben. Es ist geradezu gefährlich für Sie, überhaupt da zu sein.»
    Hero grinste und flüsterte: «Hilfe!» Und sie warf den Kopf zurück und lachte schallend. Dann sagte sie: «Von mir haben Sie nichts zu befürchten. Die Konkurrenz ist zu groß.»
    Mr. Hero setzte sich auf die Kante eines Stuhles ihr gegenüber. «Haben Sie — hm — schon jemand gefunden, der Ihnen besonders zusagt?»
    «Ach, die Auswahl ist nicht sehr groß», erwiderte die Witwe, sammelte die Karten und begann, sie mechanisch, ohne daß es ihr bewußt wurde, zu mischen. «Dr. Paulson ist mir zu eingebildet. Ich mag

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