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Immer diese Gespenster

Immer diese Gespenster

Titel: Immer diese Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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brauchen sich keine Sorgen zu machen — schließlich bin ich ja hier, um die Gefahr, wenn sie überhaupt besteht, abzuwenden. Beruhigt Sie das?»
    Mrs. Wilson nickte und sagte: «Wenn ich Angst habe oder etwas zu sehen oder zu hören glaube — darf ich...?» Sie vollendete den Satz nicht, sondern blickte ihn mit ihren hungrigen hellen Augen und einem katzenhaften Lächeln in den Mundwinkeln an.
    Wiederum fühlte sich Hero seltsam erregt: Ja, die Zeichen waren unmißverständlich. Er erwiderte ihren Blick und entgegnete: «Ja, selbstverständlich. Zögern Sie bitte nicht.»
    Mrs. Wilson antwortete: «Vielen Dank. Nun bin ich ganz beruhigt.»
    Dann traten sie ohne weitere Worte durch den Haupteingang hinaus. Hero überlegte, wann sie ihm wohl ein Stelldichein anbieten würde.
    Als sie sich Susan Marshall und Beth näherten, sagte Hero zu Susan: «Ich habe Sie eben gesucht. Gehen Sie ein Stück mit mir spazieren. Ich möchte einige archäologische Untersuchungen anstellen und hätte Sie gern dabei.»
    Susan seufzte: «O wie schade! Beth und ich haben eben die neue Herbstmode so schön verrissen.» Doch sie erhob sich und begleitete ihn, ohne zu zögern. Mrs. Wilson lächelte ihnen heiter zu, als sie durch den Park in Richtung auf das Nonnenkloster davongingen. Hero stellte plötzlich fest, daß Susans Gegenwart ihr Lächeln und das Versprechen, das es enthielt, viel weniger verlockend machten, als es eben noch gewesen war, und er ärgerte sich über sich selbst. Er kannte seine Schwäche für Frauen nur zu gut und wußte, daß er derlei Komplikationen aus dem Wege gehen mußte, besonders da Susan Marshall im Sturmzentrum der unheimlichen Erscheinungen im Schloß zu stehen schien. Und doch steuerte er fast ebenso in eine Verstrickung hinein wie Mrs. Wilson. Mrs. Wilson erregte seine Sinne, doch Susan Marshall wirkte unnahbar. War es das, was ihn so fesselte?
    «Sie ist eine anziehende Frau, nicht wahr?» sagte Susan ganz unvermittelt.
    Hero, der Mrs. Wilson schon vergessen hatte und seinen Gedanken nachging, sagte zerstreut: «Wer? O ja, gewiß.» Er empfand eine gewisse Verstimmung, denn diese Bemerkung hätte ebensogut von seiner Stiefschwester Meg stammen können. Woher wußte Susan davon? Woher wußten alle Frauen sofort, wenn ein Mann und eine Frau sich zueinander hingezogen fühlten? Dann verwandelte sich sein Ärger in Vergnügen darüber, daß sie sich für sein Privatleben interessierte. War dieses scheinbar so unabhängige und selbständige Mädchen vielleicht doch verletzlicher, als er angenommen hatte?
    Die Ruinen des Klosters bestanden aus den Mauerresten eines Kreuzganges mit zwei sehr schönen normannischen Bogen, den Fundamenten der ehemaligen Küche, einem verfallenen quadratischen Turm, der vermutlich einer späteren Bauperiode angehörte, sowie den Überresten einer kleinen Kapelle. Die Schloßgärtner hatten auf der alten geweihten Stätte kein Unkraut wuchern lassen, und die grauen Mauern erhoben sich aus einem gepflegten, samtenen Rasenteppich. Als die beiden innerhalb des Gemäuers standen, schaute Hero mit prüfendem Blick in die Runde und zupfte an der Unterlippe. «Ein Konglomerat verschiedener Stile», sagte er. «Zum ursprünglichen Kloster ist mindestens dreimal hinzugebaut worden. Wurde offenbar durch Feuer zerstört.»
    «Und das alles können Sie auf den ersten Blick feststellen?» rief Susan Marshall. «Wie gelehrt Sie sind!»
    Hero sagte : «Ich will Ihnen nichts vormachen — ich habe es in einem Buch nachgelesen, bevor ich herkam.»
    «Oh», sagte Susan, «und ich dachte schon, Sie seien auch auf diesem Gebiet Fachmann.»
    «Das bin ich in der Tat», antwortete Hero bescheiden. «Warten Sie nur, bis ich mein fachmännisches Urteil über diese Stätte abgebe.» Er wanderte eine Weile in den Ruinen herum und meinte dann: «Nicht gerade gespenstisch, finden Sie nicht auch? Man sollte sich bedrückt und beunruhigt fühlen, von namenlosem Grauen erfüllt. Übrigens, hatten Sie in der vergangenen Nacht Ruhe in Ihrem Sektor?»
    «Ja. Der Riegel ist sehr beruhigend.»
    Hero warf ihr einen neugierigen Blick zu. «Ach, finden Sie? Weshalb?»
    Susan erwiderte ernsthaft: «Vor Gespenstern fürchte ich mich nicht.»
    «Aha», sagte Hero. Und dann: «Ein wenig Angst würde vielleicht nichts schaden.»
    Susan schaute ihn erstaunt an und wollte noch etwas sagen, besann sich dann aber anders. Nach einer Weile fragte sie: «Gestern beim Dinner, als alle Sie mit Fragen bestürmten, erwiderten Sie, daß

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