Immer dieser Michel
wollte und anderen Menschen dabei helfen sollte, auch nüchtern zu bleiben.
"Das, Knirpsschweinchen, das gilt auch für dich", sagte Michel, als er gelobt hatte, und nachher sagten alle Lönneberger, daß außer Michel niemand jemals ein Nüchternheitsgelübde mit einem Schwein zusammen abgelegt hätte.
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"Aber dieser Katthult-Junge, der ist ja auch zu merkwürdig", sagten sie.
Als Michel nach Hause kam und mit Knirpsschweinchen in die Küche ging, saß da sein Vater ganz allein, und im Schein der Petroleumlampe konnte Michel sehen, daß er geweint hatte. Nie zuvor in seinem Leben hatte Michel seinen Vater weinen sehen, und es gefiel ihm gar nicht. Aber dann sagte sein Vater etwas, was ihm sehr gut gefiel.
"Hör mal, Michel", sagte er. Er faßte Michel fest am Arm und sah ihm gerade in die Augen. "Michel, wenn du mir versprichst, in deinem ganzen Leben nüchtern zu bleiben, dann bekommst du dieses verhexte Schwein. . . Ich kann mir übrigens nicht denken, daß es besonders gutes Fleisch auf den Knochen hat - nach all diesem Gehopse und diesen Alkoholheldentaten."
Michel wurde so glücklich, daß er einen Luftsprung machte. Er gelobte noch einmal, sein Leben lang nüchtern zu bleiben. Und das Gelübde hielt er auch. Einen so nüchternen
Gemeinderatspräsidenten, wie Michel es wurde, hatten sie in Lönneberga und ganz Smaland nie zuvor gesehen, und deshalb war es vielleicht gar nicht so schlecht gewesen, daß Michel an einem Sommertag, als er klein war, gegorene Kirschen gegessen hatte.
An diesem Abend lag Michel noch lange wach und redete mit Ida.
Jetzt habe ich ein Pferd, eine Kuh, ein Schwein und eine Henne", sagte er.
"Die Henne habe ich von den Toten auferweckt", erinnerte Klein-Ida, und Michel bedankte sich dafür bei ihr.
Arn nächsten Morgen wachte er früh auf und hörte Alfred und Lina in der Küche sprechen. Er sprang aus dem Bett, denn er mußte ja Alfred erzählen, daß er Knirpsschweinchen geschenkt bekommen hatte.
"Viehbesitzer Michel Svensson", sagte Alfred und lachte dabei leise. Aber Lina warf den Kopf zurück und stimmte ein Spottlied an, das sie sich ausgedacht hatte, als sie beim Melken war. Sie sang:
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"Aber seine Mutter zog mit ihm zum Guttemplerhaus, und da waren Menschen bis auf ein Säuferschwein. Jetzt hat er versprochen, ewig nüchtern zu sein, und nun hat er das Schwein, das er vorher selber war." Ein dümmeres Lied kann man sich kaum ausdenken. "Und nun hat er das Schwein, das er vorher selber war", das ist so dumm, daß nur Lina es sich ausdenken konnte. Sie verstand es eben nicht besser.
Und dann war es Zeit für Alfred und Lina, sich zusammen mit Michels Vater auf den Weg zum Roggenfeld zu machen. Michels Mutter blieb mit den Kindern allein. Sie war darüber ganz zufrieden, denn heute wollte Frau Petrell kommen und ihre Weinflaschen abholen. Wie gut, daß Michels Vater nicht in der Nähe war!
Wenn die Flaschen nur erst aus dem Hause wären, dachte Michels Mutter, während sie sich in der Küche beschäftigte. Frau Petrell konnte jeden Augenblick kommen. Gleich müßte sie das Geräusch der Wagenräder vom Weg her hören. Aber seltsam, es war ganz etwas anderes, was sie hörte - ein Lärm aus dem Kartoffelkeller wie von zerspringendem Glas.
Sie lief hinunter und sah Michel. Er hatte den Schürhaken in der Hand, mit dem er der Reihe nach die Weinflaschen zerschlug. Die Splitter flogen, und der Wein floß.
Michels Mutter schrie:
"Was in aller Welt machst du da, Michel?"
Michel unterbrach sein Werk nur kurz, um seiner Mutter zu antworten:
"Ich wirke für die Nüchternheit. Ich dachte, daß ich mit Frau Petrell anfange!"
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Einige Tage aus Michels Leben, an denen er zum
Teil allen möglichen Kleinunfug machte, zum Teil
aber auch gute Sachen.
An diesen verruchten Kirschwein erinnerte man sich in Lönneberga noch lange. Michels Mutter aber wollte ihn so schnell wie möglich vergessen. In dem blauen Schreibheft erwähnt sie mit keinem Wort, wie es an diesem unglückseligen 10. August mit Michel gewesen war. Es war wohl allzu schrecklich, und sie brachte es nicht übers Herz, darüber zu schreiben. Aber am 11.
August machte sie eine kleine Eintragung, und wenn man ohne vorherige Warnung liest, was sie da geschrieben hat, dann ist es unvermeidlich, daß man zusammenzuckt.
"Gott bewahre mich vor dem Jungen, aber heute war er wenigstens nüchtern." So steht es geschrieben. Kein Wort mehr.
Was soll man nun glauben? Man muß ja geradezu annehmen, daß sich Michel
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