Immer für dich da (German Edition)
die Kinder hatte sie im Schlafanzug zur Schule gefahren.
»Keine Ahnung, warum ihr darum so ein Aufhebens macht«, sagte sie zu ihrem Mann, als er sich abends danach erkundigte. Er hatte wieder eine Stelle bei seinem alten Sender angenommen und dadurch jetzt unglücklicherweise mehr Zeit, auf Kates Fehler zu achten. »Ich bin nicht durchgedreht, sondern habe nur leicht gegen ein paar Hygieneregeln verstoßen.«
»Du hast eine Depression.« Er zog sie zu sich aufs Sofa. »Außerdem gefällst du mir offen gestanden gar nicht.«
Das hatte weh getan, wenn auch, wie sie sich eingestand, nicht so sehr, wie es eigentlich sollte. »Dann mach mir einen Termin beim Schönheitschirurgen. Zum Arzt muss ich jedenfalls nicht. Du weißt, ich halte all meine Kontrolltermine ein.«
»Gehen wir lieber auf Nummer sicher«, antwortete er, und so kam es, dass sie jetzt auf dem Weg in die Stadt war. Obwohl sie es gegenüber Johnny nie zugegeben hätte, war sie im Grunde ihres Herzens doch froh. Sie war ihre ewige Erschöpfung und Niedergeschlagenheit leid. Vielleicht konnte ihr ja ein Medikament helfen – eine Pille, die über eine verlorene Freundin hinweghalf.
Als die Fähre anlegte, fuhr sie über die Rampe und fädelte sich in den morgendlichen Berufsverkehr ein. Vor dem Krankenhaus suchte sie sich einen Parkplatz.
Vierzig Minuten später, nachdem sie jeden einzelnen Artikel in der neuesten Ausgabe von Eltern gelesen hatte, wurde sie in den Untersuchungsraum geführt, wo eine Krankenschwester ihre Daten aufnahm.
Als sie wieder allein war, schlug Kate die neue People auf.
Sie stieß auf ein Foto von Tully, die in die Kamera grinste und ein leeres Champagnerglas in die Höhe hielt.
In dem Moment betrat Dr. Marcia Silver das Zimmer. »Hallo, Kate. Freut mich, Sie zu sehen.« Sie glitt auf ihrem Rollhocker zu Kate und las ihre Karteikarte. »Gut. Sind Sie aus einem bestimmten Anlass hier?«
»Mein Mann meint, ich hätte Depressionen.«
»Und was meinen Sie?«
Kate zuckte mit den Schultern. »Ich bin vielleicht ein bisschen niedergedrückt.«
»Seit Ihrem letzten Termin sind fast genau zwölf Monate vergangen. Also war’s mal wieder Zeit.«
»Wir katholischen Mädchen halten uns eben an die Regeln.«
Marcia lächelte und nahm sich ein Paar Handschuhe. »Okay, Kate, dann machen wir zuerst mal einen Abstrich.«
Die nächsten Minuten ließ Kate all die kleinen entwürdigenden Prozeduren über sich ergehen, die bei einem Frauenarztbesuch unumgänglich sind: Spekulum, Abtasten, Abstrich. Die ganze Zeit redeten sie und Dr. Silver über Belanglosigkeiten wie das Wetter, das neueste Stück im Theater an der 5 th Avenue, den nächsten Urlaub.
Als Marcia dann Kates Brust abtastete, verstummte sie abrupt. »Wie lange haben Sie schon diese Verfärbung hier?«
Kate blickte auf den kleinen roten Fleck neben ihrer rechten Brustwarze. Dort ähnelte die Haut einer Orangenschale. »Etwa neun Monate. Oder auch ein Jahr. Das war ein Insektenstich. Mein Hausarzt meinte, er hätte sich infiziert, und verschrieb mir Antibiotika. Dadurch verschwand er eine Weile, kam aber wieder. Manchmal wird er ganz heiß – daher weiß ich, dass es eine Entzündung ist.«
Als Marcia mit gerunzelter Stirn daraufstarrte, fügte Kate hinzu: »Ich war pünktlich bei der Mammographie. Alles okay.«
»Verstehe.« Marcia ging zum Telefon, gab eine Nummer ein und sagte: »Bitte eine Ultraschallaufnahme von Mrs Ryans Brust. Jetzt sofort. Und veranlassen Sie alles Weitere. Danke.« Sie legte auf und wandte sich wieder zu Kate.
»Sie machen mir Angst, Marcia.«
»Ich hoffe, es ist nichts, Kate, aber ich möchte doch sichergehen, in Ordnung?«
»Aber was –«
»Warten wir ab, was dabei herauskommt, dann reden wir weiter. Janis bringt Sie zur Radiologie. Ist Ihr Mann auch da?«
»Sollte er?«
»Nein, nein. Ich bin sicher, alles ist in Ordnung. Ah, da kommt ja Janis.«
Kate schwirrte der Kopf. Bevor sie sich’s versah, war sie wieder angezogen und wurde durch endlose Gänge und Treppenhäuser geschoben. Dann folgte eine weitere Brustuntersuchung, bei der der Arzt die Stirn runzelte und mit der Zunge schnalzte, und schließlich der Ultraschall.
»Ich habe alle Selbstuntersuchungen durchgeführt«, erklärte Kate. »Und nie eine Verhärtung ertastet.«
Die Krankenschwester und der Radiologe tauschten einen Blick aus.
»Was ist denn?«, fragte Kate und hörte die Furcht in ihrer Stimme.
Als der Ultraschall vorbei war, durfte sie den dunklen
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