Immer für dich da (German Edition)
wie eine junge Frau, die sich einen Namen machen würde. Im Monat zuvor hatte sie ihre erste ernstzunehmende Story bekommen: Sie war nach Arkansas geflogen, um dort über ein preisgekröntes Mastschwein zu berichten. Zwar wurde ihr Bericht nie gesendet, doch sie hatte ihre Sache gut gemacht und eine Menge gelernt.
Ein achtzehnstündiger Arbeitstag ließ ihr nicht mehr viel Zeit für Privates, doch sie hatte immer noch Katie, trotz der großen Entfernung zwischen ihnen. Sie telefonierten mindestens zweimal die Woche, und jeden Sonntag rief Tully Mrs M. an. Dann erzählte sie vom Druck bei der Arbeit, von Prominenten, die sie gesehen, und Events, die sie besucht hatte, und erfuhr Einzelheiten über die Reise, die die Mularkeys im Frühjahr geplant hatten, oder von der großen Neuigkeit, dass Kate wieder schwanger war und alles sehr gut aussah.
Die Tage vergingen so schnell, wie die Bäume ihre Blätter verloren. Bevor Tully wusste, wie ihr geschah, war es bereits Winter. Sie wusste nur eins: Sie war auf dem richtigen Weg.
An einem eiskalten Dezembertag, der sich kaum von seinen Vorgängern unterschied, verließ sie, müde von vierzehn Stunden Arbeit, den Sender.
Unten auf der Straße wurde sie sofort vom weihnachtlich geschmückten Rockefeller Center gefesselt. Obwohl es ein trüber grauer Spätnachmittag war, wimmelte es von Menschen, die Einkäufe machten, Fotos von dem riesigen Weihnachtsbaum schossen oder auf der Kunsteisbahn Schlittschuh liefen.
Sie wollte sich schon auf den Heimweg machen, da fiel ihr das Schild des Rainbow Rooms ins Auge und sie dachte: Warum eigentlich nicht? Schließlich war sie jetzt schon über ein Jahr in New York, und obwohl sie viele neue Leute kennengelernt hatte, war sie kaum ausgegangen.
Sie wusste nicht, ob es an der Weihnachtsdekoration lag oder daran, dass ihr Chef bei ihrer Bitte um Urlaub nur gelacht hatte, aber sie wusste, dass es Freitagabend kurz vor Weihnachten war und sie nicht die geringste Lust hatte, allein in ihre einsame Wohnung zu gehen. CNN konnte warten.
Die Aussicht vom Rainbow Room aus war noch überwältigender, als sie erwartet hatte. Es war, als befände man sich auf der Brücke eines riesigen Raumschiffs, das über dem farbenprächtig beleuchteten Manhattan schwebte.
Es war noch früh, daher gab es etliche freie Plätze an der Bar und den Tischen. Sie setzte sich an einen Tisch am Fenster und bestellte eine Margarita.
Sie wollte sich gerade eine zweite bestellen, als sich die Bar füllte. Berufstätige von der Wall Street und aus Midtown sowie schickgemachte Touristen drängten sich in Grüppchen um Tische und Stühle und belagerten die Bar.
»Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mich zu Ihnen setzte?«
Tully blickte auf.
Ein gutaussehender blonder Mann in teurem Anzug schaute lächelnd auf sie herunter. »Ich habe es satt, mich durch die Yuppies zu drängen, um einen Drink zu bekommen.«
Er sprach mit englischem Akzent. Dafür hatte sie eine Schwäche.
»Ich kann es doch nicht zulassen, dass Sie hier verdursten.« Sie schob mit dem Fuß einen Stuhl in seine Richtung, so dass er Platz nehmen konnte.
»Gott sei Dank.« Er winkte einen Kellner heran, bestellte einen Scotch auf Eis für sich und eine weitere Margarita für sie und ließ sich dann auf den Stuhl sinken. »Grässliche Fleischbeschau hier, finden Sie nicht? Übrigens, ich heiße Grant.«
Da ihr sein Lächeln gefiel, schenkte sie ihm ihres. »Tully.«
»Keine Nachnamen? Ausgezeichnet. Also können wir uns den Austausch unserer Lebensgeschichten sparen und gleich zum interessanten Teil des Abends kommen.«
Der Kellner brachte ihre Drinks.
»Cheers«, sagte Grant und stieß mit ihr an. »Die Aussicht hier ist besser, als man mir gesagt hat.« Er beugte sich zu ihr. »Sie sind hinreißend, aber das wissen Sie bestimmt schon.«
In der Tat hörte sie das nicht zum ersten Mal. Normalerweise tropften Komplimente von ihr ab wie Regen von einem Metalldach, doch aus irgendeinem Grund war es hier in diesem Raum und jetzt so kurz vor Weihnachten genau das, was sie hören wollte. »Wie lange sind Sie in der Stadt?«
»Ungefähr eine Woche. Ich arbeite für Virgin Entertainment.«
»Erfinden Sie das jetzt?«
»Nein, im Ernst. Das ist eine der Firmen von Richard Branson. Wir suchen nach Standorten für einen Virgin Megastore.«
»Ich mag mir gar nicht vorstellen, was Sie verkaufen.«
»Ihre Phantasie geht wohl mit Ihnen durch. Es ist ein Musikladen, zumindest fürs Erste.«
Sie nippte an der
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