Immer für dich da (German Edition)
sie länger als sonst, so als hätte er ganz bestimmte Absichten, und murmelte: »Du bist so schön.«
Da öffnete sie die Augen und starrte ihn trübe an. »Okay, wie heißt sie? Wenn du zu dieser unchristlichen Zeit behauptest, ich sei schön, kann das nur dein schlechtes Gewissen sein.«
»Du machst wohl Witze! Bei deinen Stimmungsschwankungen in letzter Zeit komme ich mir vor, als hätte ich gleich drei Frauen. Da kann ich keine mehr gebrauchen.«
»Aber Sex wäre nett.«
»Sex wäre wirklich nett. Komisch, dass du es erwähnst.«
»Zum Lachen komisch oder komisch, weil du dich nicht erinnerst, wann wir es das letzte Mal getan haben?«
»Komisch, dass wir dieses Wochenende Glück haben.«
»Ach ja, wieso?«
»Ich habe mit deiner Mom vereinbart, dass sie Marah nach ihrer Geburtstagsparty mitnimmt. Dann können wir in Seattle einen romantischen Abend verbringen.«
»Und was ist, wenn mir meine Ausgehsachen nicht mehr passen?«
»Glaub mir, ich hab kein Problem damit, wenn du nackt gehst. Wir müssen ja auch nicht ausgehen, sondern können den Zimmerservice bestellen. Obwohl du wirklich die Einzige bist, die meint, sie sei fett. Probier einfach mal was an, ich glaube, du wirst überrascht sein.«
»Kein Wunder, dass ich dich so liebe.«
»Allerdings, ich bin eben ein Gott.«
Sie lächelte, schlang die Arme um ihn und küsste ihn sanft.
Ihnen waren gerade wieder die Augen zugefallen, als das Telefon klingelte. Kate richtete sich langsam auf und schaute auf die Uhr: 5 Uhr 47 .
Beim zweiten Klingeln nahm sie ab und sagte: »Hallo, Tully.«
»Hey, Katie«, erwiderte Tully. »Woher wusstest du, dass ich es bin?«
»Hab geraten.« Kate rieb sich über den Nasenrücken, weil sie spürte, dass sie Kopfschmerzen bekam. Neben ihr knurrte Johnny etwas über Menschen, die nicht die Uhr lesen konnten.
»Heute ist mein großer Tag, das weißt du doch? Meine Sendung über die Reservisten, die Bush eingezogen hat. Meine erste wirklich bedeutende Story.«
»Ach ja. Richtig.«
»Du klingst aber nicht sehr begeistert, Katie.«
»Es ist kurz vor sechs.«
»Oh. Ich dachte, du wolltest die Sendung sehen. Tut mir leid, dass ich dich gestört habe. Bye.«
»Tully, warte –«
Zu spät. Sie hörte nur noch das Freizeichen.
Leise fluchend legte Kate auf. In letzter Zeit schien sie ständig das Falsche zu sagen. Sie und Tully hatten zurzeit so wenig gemeinsam, dass ihnen der Gesprächsstoff ausging. Tully hatte keine Lust mehr auf die endlosen Mommygeschichten, und Kate konnte nur eine begrenzte Menge an Anekdoten über Tullys großartiges Leben ertragen.
»Sie wollte uns daran erinnern, dass sie heute in den Frühnachrichten ist«, sagte Kate.
Johnny warf die Decke zurück und schaltete den Fernseher ein. Dann saßen sie gemeinsam da und hörten sich Deborah Norvilles Bericht über den wachsenden Konflikt im Irak und die Reaktion des Präsidenten an.
Plötzlich erschien Tully auf dem Bildschirm. Sie stand vor einem schäbigen Betonbau und sprach mit einem erschütternd jungen Mann mit roten, militärisch kurzgeschnittenen Haaren und Sommersprossen.
Aber es war Tully, die alle Blicke auf sich zog. Sie wirkte unglaublich professionell, geradezu makellos. Ihr Haar trug sie jetzt in einem seidig glänzenden Bob, und sie hatte gerade so viel Make-up aufgelegt, dass ihre Augen betont wurden.
»Wow«, flüsterte Kate. Wann hatte diese Verwandlung stattgefunden? Jetzt war sie nicht mehr das aufgedonnerte Kind der glamourösen Achtziger, sondern die ernstzunehmende Journalistin Tallulah Hart – so schön wie Paulina Porizkova, so professionell wie Diane Sawyer.
»Wow, allerdings«, bestätigte Johnny. »Sie sieht umwerfend aus.«
Sie sahen sich die Sendung an. Dann küsste Johnny Kate auf die Wange und ging duschen.
»Ja, wirklich umwerfend«, murmelte Kate. Sie beugte sich zum Telefon und gab Tullys Nummer ein. Die Empfangsdame von NBC meldete sich und fragte, ob sie eine Nachricht hinterlassen wolle.
Also war Tully sauer.
»Sagen Sie ihr, Katie habe angerufen und gesagt, die Sendung sei großartig gewesen.«
Dabei stand Tully wahrscheinlich genau in diesem Moment neben dem Telefon.
Kate ging ins Badezimmer. Es hatte keinen Sinn, einen erneuten Versuch zu starten, wieder einzuschlafen. Marah würde jede Minute aufwachen. Johnny sang unter der Dusche einen alten Song von den Rolling Stones – ziemlich falsch.
Trotz aller Zweifel blickte sie in den Spiegel. Er war zwar beschlagen, doch ihr Spiegelbild war zu
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