Immer hab ich dich geliebt
aussetzen. Ich muss verrückt gewesen sein, mich bei meinem Vater einzunisten. Ich möchte nicht, dass er etwas von meiner Krankheit erfährt.”
Powell brachte es nicht über sich, ihr zu erzählen, dass ihr Vater es bereits wusste. Er steckte die Hände in seine Hosentaschen und blickte Antonia fest in die Augen. Er musste ihren Willen mit seinem Willen besiegen.
“Du solltest mit Menschen zusammen sein, die sich um dich kümmern”, sagte er entschieden.
“Das bin ich. Barrie ist wie meine Familie.”
Antonia machte es ihm schwer. Er wusste nicht, wie er an sie herankommen könnte. Er klimperte mit den Münzen in seiner Hosentasche, während er krampfhaft nach Wegen suchte, die Antonia überzeugen könnten.
Antonia bemerkte seine Unentschlossenheit. “Wenn du diese Entscheidung treffen müsstest … wenn es dein Leben wäre … würdest du ganz sicher niemandem danken, der versuchen würde, sich einzumischen.”
“Ich würde kämpfen”, sagte er heftig. Es machte ihn zornig, dass Antonia aufgab. Er fühlte sich so hilflos. “Und das weißt du.”
“Natürlich würdest du das”, erwiderte sie mit gebrochener Stimme. “Du hast Anlass zu kämpfen … deine Tochter, dein Besitz, dein Reichtum.”
Powell runzelte die Stirn.
Sie bemerkte, wie er sie ansah, und lachte bitter. “Verstehst du nicht? Mir sind die Gründe ausgegangen, für die es sich zu kämpfen lohnen würde”, teilte sie ihm mit. “Ich habe nichts! Nichts! Mein Vater liebt mich, aber er ist alles, was ich habe. Ich stehe morgens auf, gehe zur Arbeit, ich versuche Kinder zu bilden, die lieber spielen würden als Hausarbeiten zu machen. Ich komme nach Hause und esse mein Abendbrot und lese ein Buch und gehe zu Bett. Das ist mein Leben. Mit Ausnahme von Barrie habe ich in der ganzen Welt keine Freunde.” Sie hörte sich so erschöpft an, wie sie sich fühlte.
Sie setzte sich auf die Ecke der Couch und verspürte fast so etwas wie Erleichterung, dass jemand um all das jetzt wusste … dass sie endlich zugeben konnte, wie sie sich wirklich fühlte. Powell würde nicht allzu betroffen davon sein. Er hatte ja bewiesen, wie schnell er sich innerlich von ihr lösen konnte. Letzten Endes blieb sie ihm gleichgültig.
“Ich bin müde, Powell. Ich habe mich in letzter Zeit so krank gefühlt, dass ich mich kaum aufrecht halten konnte. Mir ist das Leben mittlerweile gleichgültig geworden. Die Therapie macht mir größere Angst, als der Gedanke zu sterben. Außerdem … da ist nichts mehr, das der Mühe wert wäre, weiterzuleben. Ich möchte nur, dass es schnell vorbei ist.”
Powell war erschüttert. Er hatte noch nie jemanden gehört, der sich so geschlagen gab. Mit dieser Einstellung würde keine Therapie nützen. Antonia hatte aufgegeben.
Er stand da, starrte auf ihren nach vorn gebeugten Kopf. Sein Atem ging unregelmäßig, während er nach Worten suchte, die Antonia aufrichten könnten, die ihr den Willen zu kämpfen zurückgeben könnten. Was sollte er nur um Himmels willen tun?
“Gibt es nichts, was du dir wünschst, Antonia?”, fragte er leise. “Gibt es nichts, das für dich Grund genug wäre, durchzuhalten?”
Sie schüttelte den Kopf. “Ich bin dir dankbar, dass du den ganzen Weg zurückgelegt hast und gekommen bist. Aber du hättest dir die Reise ersparen können. Lass mich allein, Powell.”
“Dich allein lassen …!” Er stieß die Worte heraus. Zorn übermannte ihn. Er wollte irgendetwas greifen, um es gegen die Wand zu schleudern. Antonia hörte sich so ruhig, so ungerührt an. Und er war bis ins Innerste aufgewühlt. “Was habe ich all diese neun verdammt langen, leeren Jahre getan?”, fragte er aufgebracht.
Sie hob nicht den Kopf, um ihn anzusehen, als sie sagte: “Verliere nicht die Beherrschung. Ich kann nicht mehr kämpfen. Ich bin zu müde.”
So sah sie auch aus. Sie sah besiegt aus. Das entsprach so wenig ihrem Wesen, dass Powell sie am liebsten bei den Schultern gepackt und durchgeschüttelt hätte.
Stattdessen kniete er sich vor sie hin, nahm sie bei den Handgelenken und zog sie so weit zu sich, dass sie ihn anschauen musste.
“Ich habe Leute gekannt, die Leukämie hatten. Mit der richtigen Behandlung könntest du noch Jahre und Jahre leben. Die Wissenschaft hält nicht still, sie könnten schon morgen die absolute Heilung finden. Es ist verrückt, sich so gehenzulassen … nicht einmal die Chance zu ergreifen, um weiterzuleben.”
Antonia blickte ihm forschend in die dunklen, jetzt so
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