Immer verlasse ich dich
viermal getroffen. Was Blythe betrifft, wir sind
Nachbarn, gute Nachbarn, aber keine dicken Freunde oder so.«
»Haben Sie sie mal mit jemandem
zusammen gesehen?«
»Mit wem zum Beispiel?«
»Mit wem weiß ich nicht, deshalb frage
ich ja Sie.«
»Sie meinen, mit einem Mann?«
»Mann, Frau, wie Sie wollen.« Ich weiß
nicht mal genau, warum ich diese Fragen stelle.
»Sie ist keine Nonne, wenn es das ist,
worauf Sie hinaus wollen.« Er lächelt bei dieser Umschreibung, als sei sie
höchst originell.
»Und das heißt?«
»Klar sehe ich sie mit Leuten zusammen.
Und sie sieht mich mit Leuten zusammen. Was soll das beweisen?« Ungeduldig
schaut er auf seine Movado-Armbanduhr, sein Diamantring fängt einen
Sonnenstrahl ein, und ich blinzle.
Er trägt die Uhr am rechten Handgelenk.
»Sie sind Linkshänder?«
»Ist das ein Verbrechen?«
Ich seufze. Warum reagieren alle
Menschen genauso?
»Als Sie Meg, Blythes Mutter,
kennenlernten, war sie da mit jemandem zusammen?« Ich denke an Thema Nr. 1.
»Mal sehen, schon möglich. Es war ganz
zwanglos. Einmal fand bei Blythe eine Party statt, da könnte sie mit jemandem
zusammen gewesen sein, ich bin nicht sicher.«
Falls es so war und falls Thema Nr. 1
verheiratet ist, wie ich vermute, dann war er es nicht.
»Wann haben Sie Blythe zum letztenmal
gesehen?«
»Kann mich nicht erinnern. Vor ein paar
Tagen vielleicht. Ja, wir brachten beide zur gleichen Zeit den Müll raus.«
»Haben Sie sich unterhalten?«
»Klar.«
»Worüber?«
»Wir sprachen über Ratten.«
»Ratten?«
»Ja, Ratten auf den Straßen.«
»Dann haben Sie sie gestern abend nicht
gesehen?«
»O doch, warten Sie einen Moment. Das
habe ich, aber wir sagten uns nur kurz hallo. Sie hatte einen Begleiter dabei.
Ich nehme an, sie gingen aus.«
Das muß die Person gewesen sein, die
sie in dem Taxi nach Hause brachte. »Können Sie ihn beschreiben?«
»Wozu?«
»Zum Spaß, Mr. Lightbourne«, sage ich.
»Ich habe keine Zeit für solche Späße.«
»Tut mir leid, das zu hören. Bitte
beschreiben Sie ihn.«
»Warten Sie mal. Groß, dünn, blondes
Haar, nichts Auffälliges.«
Welch große Hilfe. »Haben Sie ihn schon
einmal gesehen?«
Er denkt nach. »Weiß ich nicht mehr.«
»Wie war er gekleidet?«
»Ich weiß nicht«, antwortet er gereizt.
»Anzug, Joggingsachen, Shorts... was
immer Ihnen einfällt.«
Lightbourne schließt die Augen, um
Konzentration zu demonstrieren, öffnet sie wieder. »Jackett und Hose, weiß
nicht mehr, ob es ein Anzug war oder nicht.«
»Attraktiv?«
»Tut mir leid, so etwas würde mir nicht
auffallen.«
Ich muß fast lachen. Unsichere
heterosexuelle Männer lassen keine Gelegenheit aus, dies auf die eine oder
andere Art klarzustellen. Ich möchte am liebsten sagen, Ja, Jason
Lightbourne, ich weiß, daß Sie straight sind, tue es aber nicht.
»Haben Sie sie vorher schon mal mit
diesem Typ gesehen?«
»Einen Augenblick. Nein, ich glaube
nicht. Der hier war neu.«
»Also haben Sie verfolgt, mit wem
Blythe ausgeht?«
»Hey, einen Moment mal, legen Sie mir
hier nichts in den Mund.«
»Zum Beispiel was?«
»Zum Beispiel... zum Beispiel, keine
Ahnung. Zum Beispiel, daß ich ihr nachspioniere oder so. Ich habe nicht verfolgt, mit wem sie ausgeht.«
»Sind Sie mal mit ihr ausgegangen?«
»Nein.«
»Wenn Sie Blythe sehen sollten, würden
Sie ihr ausrichten, daß sie mich anrufen soll?« sage ich und reiche ihm meine
Karte.
Er tritt zurück, als böte ich ihm eine
verseuch te Cracknadel an. »Ich habe keine Tasche.«
Ich sage ihm, daß ich sie auf die
oberste Stufe lege und er sie mitnehmen kann, wenn er zurückkommt. Er willigt
ein, dann sagt er: »Vermutlich wird sie nicht mehr da sein, wenn ich
zurückkomme. Die klauen doch alles, selbst eine alberne Visitenkarte.«
Als ich um die Ecke biege, hole ich
meinen Notizblock heraus und notiere Lightbournes Namen. Daneben schreibe ich:
»Ganz großes Arschloch.«
Ein neues Café, Donatello’s, ist in diesem Sommer auf
der Bildfläche erschienen. Die Arbeiten haben zwei Jahrzehnte gedauert, aber
schließlich wurde es doch noch eröffnet, am Waverly Place, in der Nähe des
südlichen Teils der Seventh Avenue, etwa dreißig Sekunden von meinem Haus
entfernt. Es hat saubere grüne Markisen und ist groß für ein Café. Was ich dort
am liebsten esse, ist ein großes Stück Moussetorte mit Sahnesoße. Aber heute
gedenke ich, enthaltsam zu sein, weil ich bereits dieses
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