Immer verlasse ich dich
recht, ob ich verstehe, warum. Bedanke ich mich,
weil es ihr leid tut? Weil sie Megs Tod anspricht? Meinen Kummer anerkennt?
Oder das alles zusammen?
Ich sage: »Apropos, ich bin
vorbeigekommen, um mit Jenny und Jill über Meg zu reden, aber vielleicht kannst
du mir auch helfen.«
»Klar. Ich werd’s versuchen. Worum geht’s?«
Hilary hat die Angewohnheit, einem immer direkt in die Augen zu schauen, was
einem das Gefühl gibt, daß man ihre volle Aufmerksamkeit hat. Das ist nett,
kann manchmal aber auch störend sein.
»Hat... hatte Meg hier ein
Kundenkonto?« Kip und ich haben eins und bezahlen einmal im Monat.
»Nein. Hatte sie früher mal. Mmmmm.
Vielleicht vor zwei oder drei Jahren. Ich kann es vermutlich nachsehen, wenn es
wichtig ist.«
»Ich glaube nicht. Willst du damit
sagen, daß sie keine Bücher mehr kaufte?«
»Himmel, nein. Sie kaufte nur nicht
mehr auf Rechnung.«
»Sie zahlte direkt beim Kauf?«
»Genau. Manchmal gab sie dreihundert
die Woche aus.«
Mir fällt ein, wie Meg mir kürzlich
erzählt hatte, daß der Laden in einer Woche ganze fünfhundert Dollar abwerfen
würde. Wie hatte sie das hingekriegt?
»Wie oft gab sie soviel aus?«
»Eigentlich fast jede Woche. Manchmal
zweihundert, einhundertfünfzig, aber gewöhnlich um die dreihundert herum.«
Ich bin nach wie vor erstaunt. Aber
wieso? Ich hatte die Bücher in ihrer Wohnung gesehen. Hatte ich denn gedacht,
sie habe sie gestohlen, um Himmels willen?
»Meg war immer süchtig nach Büchern«,
sage ich, als sei das eine Erklärung für alles.
Hilary nickt mitfühlend.
»Wie hat sie bezahlt?« frage ich und
will die Antwort nicht, die ich garantiert bekommen werde.
»Mit Bargeld«, sagt Hilary lächelnd.
»Nehme an, sie war nicht so schlimm dran wie alle anderen Läden.«
»Als sie nicht mehr auf Rechnung
kaufte, bezahlte sie also mit Bargeld?«
»Ja.«
Ich spüre, wie mich der Mut verläßt.
Ich will der unvermeidlichen Wahrheit über meine Megan nicht ins Auge sehen.
»Es war merkwürdig«, fährt Hilary fort,
»weil sie einfach alles kaufte. Ich meine, als sie auf Rechnung kaufte,
traf sie eine sorgfältige Auswahl. Als sie anfing, mit Bargeld zu bezahlen,
machte sie irgendwie keinen Unterschied mehr: Krimis, Garten-Bücher, Romane...
eben einfach alles.«
»Garten-Bücher? Warum hat sie
Garten-Bücher gekauft?« Meg hatte keinen Garten.
»Das waren vermutlich Geschenke, wenn
ich recht überlege. Ja, bestimmt. Die Bücher für den Kaffeetisch, die sie sich
gewöhnlich von uns einpacken ließ.«
Ich bin im Begriff, eine weitere Frage
zu stellen, als plötzlich eine Kakophonie von Lauten aus dem Keller dringt:
Jill und Jenny und Theo, ihr neuer Lakeland-Terrier. Theo macht den meisten
Lärm. Sie kommt zu mir gerast, ihre Krallen klicken, wo der Boden nicht mit
Teppich ausgelegt ist. Sie springt hoch und ihre Vorderpfoten reichen mir bis
zur Taille.
»Theo«, locke ich. »Du wirst ja so
groß.« Sie ist etwa acht Monate alt und einfach niedlich. Und außerdem,
zumindest momentan, der Mittelpunkt im Leben der beiden Js.
»Theo, runter«, befiehlt Jenny.
Theo beachtet sie nicht.
»Theo, runter.«
Theo beachtet sie nicht.
»Du bist ein richtiger Clyde Beatty«,
sage ich.
»Sehr lustig«, sagt sie. Jenny ist
klein, etwa von meiner Größe, hat helles lockiges Haar und ein engelhaftes
Gesicht, das darüber hinwegtäuscht, wie sie wirklich ist. Nicht, daß sie nicht
nett wäre, aber wenn sie will, kann sie auch ziemlich boshaft sein. Sie trägt
ein gestreiftes T-Shirt und blaue Shorts. Jenny zieht sehr gern Shorts an, ganz
gleich welche Jahreszeit gerade ist.
Jill kommt herüber und gibt mir einen
Kuß, während Jenny mit Theo kämpft. Jill ist um die Vierzig, ein paar Jahre
älter als Jenny. Wir warten alle geduldig darauf, daß Jenny vierzig wird, da
sie die jüngste in unserer Clique ist und irgendwie schon immer das »Küken«
war.
Jill hat tiefrotes schulterlanges Haar,
Sommersprossen und grüne Augen. Sie ist ungefähr 1,60 m groß, eine attraktive
Frau. Sie trägt ebenfalls Shorts und ein hübsches schmalgestreiftes Shirt, mit
aufgerollten Ärmeln.
»Wie geht’s dir denn so?« fragt Jill.
»Theo, runter.«
»Ganz gut«, sage ich. Die Js haben mir
bereits am Telefon ihr Beileid ausgesprochen.
»Runter, Theo.«
»Ich habe gerade mit Hilary über Megs
Gewohnheiten beim Bücherkauf gesprochen.«
»Theee-o!«
»Mmmm. Habe mich eigentlich auch schon
darüber gewundert«, sagt Jill.
»Hilary sagte, sie habe vor
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