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Immer verlasse ich dich

Immer verlasse ich dich

Titel: Immer verlasse ich dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Scoppettone
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sind, und lege mich in
einem Türeingang auf der anderen Straßenseite, ein kleines Stück von ihrem
Laden entfernt, auf die Lauer. Niemand nimmt Notiz von mir. Die Passanten sind
zu sehr mit sich selbst beschäftigt, mit ihren Gedanken, ihren Terminen.
    Innerhalb von zehn Minuten zähle ich
sechs Leute mit mehreren Ohrringen, vier mit durchstochenen Nasen und einen mit
einem Ohrstecker an der Unterlippe. Schon bei der Vorstellung zucke ich
zusammen. Ich weiß, daß manche Leute sich sogar die Brustwarzen durchstechen
lassen. Und noch andere Stellen. Auuutsch. Ich habe mir Ohrlöcher stechen
lassen, als ich etwa zwanzig war, aber der Gedanke, irgendeinen anderen Teil
meines Körpers durchbohren zu lassen, ist mir ein Greuel.
    Das Glück ist mir hold. Peter Wood
kommt aus seinem Laden und geht in Richtung Sixth Avenue. Ich nehme auf meiner
Straßenseite die Verfolgung auf. Er geht ins Peacock Café. Ich warte. Als er
meiner Meinung nach genug Zeit gehabt hat, sich einen Platz zu suchen,
überquere ich die Straße und gehe hinein.
    Das Peacock ist eines der ältesten
Kaffeehäuser im Village. Die Bedienung ist langsam, die Stühle ungemütlich, der
Kaffee so lala, die Einrichtung ergötzlich (eine Rokokostatue im rückwärtigen
Teil), und an Musik spielen sie gewöhnlich Opern. Ich denke, was es am Leben
erhält, ist der Eindruck von Authentizität.
    Zu dieser Tageszeit sind die meisten
Tische leer. Peter sitzt im hinteren Teil, in der Nähe des Tresens, auf dem die
funkelnde, kunstvoll gearbeitete Espressomaschine thront. Seine Augen sind
geschlossen, und ich vermute, er hört der Musik zu, einer Sopranistin, die
etwas singt, das ich nicht identifizieren kann, weil ich Opern verabscheue. Kip
liebt Opernmusik und geht einmal im Monat mit unserer Freundin Vonnie zur
Metropolitan Opera.
    Ich ziehe mir einen Stuhl heran, und
bei dem Geräusch schlägt Peter die Augen auf. Sein Mund formt ein O, doch er
sagt nichts.
    »Hallo, Peter, was dagegen, wenn ich
mich zu Ihnen setze?«
    Da ich bereits sitze, kann er nicht
mehr viel sagen. Er schaut nervös zur Tür, dann wieder zu mir.
    »Ich weiß von den U-Bahn-Fahrchips«,
sage ich barsch.
    »O bitte«, beschwört er mich, läßt den
Kopf in die Hände sinken, stützt die Ellbogen auf den Tisch.
    »Erzählen Sie mir lieber, welche Rolle
Sie dabei gespielt haben.«
    »Paul wird mich umbringen.«
    Ich frage mich, ob er das wörtlich
meint.
    »Ich werde es Paul nicht verraten.«
    Peter schaut mich an, die Augen voller
Naivität. »Sie verstehen das nicht.«
    »Dann helfen Sie mir doch dabei.«
    »Ich hatte nichts damit zu tun.« Er
schiebt die Ärmel seines blauen Sweatshirts hoch, als bereite er sich auf eine
unangenehme Aufgabe vor.
    »Zu tun womit?«
    »Sie sagten doch, Sie wüßten Bescheid?«
    »Nicht alles. Ich brauche Ihre Hilfe,
um die fehlenden Teile einzusetzen.«
    »Was wissen Sie denn genau?« fragt er.
    An dieser Stelle wird es knifflig. Keiner
von uns will preisgeben, über wieviel Informationen er/sie verfügt. Aber ich
muß etwas geben, wenn ich etwas bekommen will.
    »Ich weiß, daß der sogenannte
Händlerverein nur Schein ist und daß Sie alle an einem Fahrchipschwindel
beteiligt waren.«
    »Ich nicht«, erklärt er voller Panik.
»Ich habe Paul gesagt, wir sollen uns nicht daran beteiligen, aber das Geschäft
läuft so schlecht. Ich wollte nichts damit zu tun haben. Paul hat darauf
bestanden.«
    »Wie ging das vor sich?«
    »Nun ja, wir... sie bewahrten lediglich
die Fahrchips im Lager auf, bis die Typen sie abholten.«
    »Die Typen?«
    »Ich weiß nicht, wer sie sind. Ich habe
Ihnen doch gesagt, ich wollte nichts damit zu tun haben.«
    »Und was weiter? Diese Typen bezahlten
die einzelnen Ladenbesitzer?«
    »Ja. Einen wöchentlichen Betrag.«
    »Wieviel?«
    »Paul hat es mir nicht erzählt, weil
ich es nicht wissen wollte. Aber wir gingen wieder dreimal die Woche auswärts
essen, und wir haben uns einen Mitsubishi-Fernseher mit
Fünfunddreißig-Zoll-Bildschirm gekauft. Himmel, Sie sollten ihn mal sehen, er
ist unglaublich.«
    Typisch. Er wollte nicht in die Sache
hineingezogen werden, beteiligte sich aber gern am Profit. »Worum ging es bei
dem Streit vor Megs Laden?«
    »Er wird mich umbringen.«
    »Ist das Ihr Ernst, Peter?«
    »Hm? Nein. Natürlich nicht. Es ist nur
so eine Redensart. Jetzt fangen Sie nicht an, mir die Worte im Mund umzudrehen,
ja?«
    »Also worum ging es bei dem Streit?«
    »Meg wollte aussteigen. Was noch
wichtiger war, sie wollte, daß

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