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Immer wenn er mich berührte

Immer wenn er mich berührte

Titel: Immer wenn er mich berührte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verlor den Mut, hineinzugehen. Als sie weitergehen wollte, versperrte ihr plötzlich ein Mann den Weg.
    »Ich glaube, Fräulein, wir kennen uns«, sagte er.
    Und in ihr zuckte einen Augenblick lang die Hoffnung auf. Ein Zufall – warum nicht? War sie nicht auf der Suche nach einem Zufall?
    »Ich kann mich nicht erinnern«, sagte sie zweifelnd und immer noch auf das Wunder wartend.
    »Das macht nichts, Kleine«, lachte der Fremde, »ich suche heute so einen Typ wie dich, haste eine Bude in der Nähe?«
    Janine drehte sich um und floh entsetzt. Erst im Hotelzimmer merkte sie, wie durchgefroren sie war. Ihr Körper zitterte noch unter der Bettdecke. Stille und Dunkelheit umgaben sie. Tränen liefen ihr übers Gesicht. Lieber Gott, gib mir mein Leben zurück, flehte sie, laß mich keine Kinderlieder mehr singen und mich nicht mehr durch die Nacht laufen, nimm mir die Binde ab und laß mich die sehen, die ich geliebt habe …
    Jürgen flog nicht am nächsten Tag nach Berlin zurück. Er blieb die ganze Woche. Eine Woche, die nun vorüber war.
    Heute lagen sie das letzte Mal so nebeneinander in der vertrauten Dunkelheit ihres Zimmers, müde geliebt, glücklich.
    Gaby strich ihm mit den Fingerspitzen den Nacken entlang. Sie dachte an die Männer, die sie vor Jürgen geliebt hatte. Irgendwie waren es immer Enttäuschungen gewesen. Keiner hatte sie auf der Woge des Glücks fortgetragen. Alle wollte sie wieder loswerden, so schnell wie möglich.
    »Wirst du mich immer lieben?« fragte sie leise.
    »Immer«, antwortete er.
    »Auch wenn ich alt und häßlich bin?«
    Seine Hände streichelten sie. »Du wirst nie alt und häßlich, Liebling. Für mich wirst du immer so sein wie jetzt, jung und schön.«
    Sie schloß die Augen. Es genügte ihr, seine Stimme zu hören, seine Hände zu spüren. Bei Jürgen war eben alles anders. Seine Geliebte zu sein war das, wovon sie bisher nur geträumt hatte. Das war mehr als spärliche Befriedigung, mehr als ein bißchen Lust, das waren die wilden Schläge zweier Herzen, das war Taumel, Leidenschaft.
    Daß sie schön war, daß sie einen makellosen, verführerischen Körper besaß, das wußte sie längst. Daß sie so lieben konnte, so heiß und selbstvergessen, das wußte sie erst jetzt.
    Und zum ersten Male in ihrem Leben fühlte sie, was es hieß, eifersüchtig zu sein. Eifersüchtig auf alles. Auf Frauen, die noch kommen konnten, auf Frauen, die vor ihr waren. Für diesen Mann sollte es nichts mehr auf dieser Welt geben als nur sie, nichts mehr, nichts mehr sonst.
    »Weißt du, was ich manchmal denke, Jürgen?« fragte sie plötzlich. »Wenn du jetzt verheiratet wärst, wenn deine Frau in Berlin säße, würde dann unsere Liebe nur ein billiger Seitensprung sein, würde sie in dem Nichts eines Abenteuers enden?«
    »Nein«, erwiderte er. »Nein, Gaby, ohne dich könnte ich nicht mehr existieren.«
    Sie beugte sich über ihn, nackt und schamlos, mit dem Blick einer Katze, die ihr Opfer nicht mehr losließ. »Jürgen, ich weiß, daß du deine Frau geliebt hast. Ich habe ihr Bild gesehen, sie war ein ganz anderer Typ als ich, wenn nun Liebe gegen Liebe stehen würde, für wen würdest du dich entscheiden?«
    »Aber Liebling, du weißt, daß es nicht so ist, daß Janine tot ist, daß sie nie mehr auferstehen wird und daß ich noch nie jemanden so geliebt habe wie dich.«
    »Verzeih mir«, sie preßte ihre Hand in seinen Arm, »ich bin sogar auf die Toten eifersüchtig.«
    »Und ich«, murmelte er, »habe mir immer auf meinen kühlen Kopf etwas eingebildet. Aber für dich könnte ich alles tun, ich glaube, ich wäre zu einem Verbrechen fähig.«
    Ihre grünen Augen waren ganz nahe über den seinen.
    »Nur das ist für mich Liebe«, sagte sie.

VII
    »Schade, daß Sie jetzt den Chef nicht mehr sehen«, sagte Direktor Balke von den Westphal-Werken. »Er wird heute nachmittag zurückerwartet.«
    »Ich bedauere das ebenfalls«, versicherte Jürgen Siebert, »aber in Berlin warten schon sehr dringende Arbeiten auf mich. Sie kennen ja jetzt meine Vorschläge für die Fernsehwerbung. Herr Westphal kann sie sich in Ruhe durchsehen, so daß wir dann nächste Woche mit den Arbeiten am Katalog beginnen können.«
    »Sie werden sehr oft nach München kommen müssen, Herr Siebert.«
    »Ja, das fürchte ich auch«, lächelte er. Ein Blick auf seine Armbanduhr überzeugte ihn, daß es nun höchste Zeit zum Aufbruch war, wenn er die Elf-Uhr-Maschine erreichen wollte.
    Die beiden Männer gaben sich die Hand.

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