Immer wenn er mich berührte
gehen.«
»Ich habe eine viel bessere Idee«, sagte er.
»Ja?«
»Du setzt dich gleich in den Wagen, kommst in den Bayerischen Hof, und wir spielen ein bißchen Sommer. In dem Schwimmbad oben auf dem Dach …«
»Spielen wir heute bloß Sommer?« fragte sie spöttisch.
»Du Hexe.«
»Ist es schlimm, verhext zu sein, Liebling?«
»Sehr schlimm«, gab er zu.
Gaby hängte zufrieden ein. Sie wählte aus ihren zwei Dutzend Bikinis einen türkisfarbenen aus, packte einen Bademantel in der gleichen Farbe dazu und verließ das Haus.
Das Leben gefiel ihr heute wieder mal besonders gut. Sie war jung, schön und reich. Drei Eigenschaften, die sie sehr zu schätzen wußte. Dazu kam das prickelnde Gefühl, daß sie bald in den Armen ihres Geliebten liegen würde. Der Gedanke daran machte sie ganz benommen.
Früher war Liebe für sie ein Zeitvertreib gewesen, ein Spiel mit dem eigenen und dem fremden Körper, ein hübsches Abenteuer, das sie nicht sonderlich aufregte. Jetzt raubte ihr schon die Vorstellung, ihn zu haben, ihn zu berühren, den Atem. Aus der Sparflamme war ein heißes Feuer geworden.
Im Bayerischen Hof fuhr sie hinauf ins Dachgeschoß, zog sich in einer Kabine aus und trat an den Rand des Swimming-pools. Alle Männer schauten sie an. Sie war das gewöhnt, und es machte ihr immer wieder Spaß, besonders hier, wo die Männer mit Schönheit verwöhnt wurden, wo Starlets, Mannequins und Photomodelle darauf warteten, entdeckt zu werden.
Aber alle diese Männer waren unwichtig, keiner interessierte sie, niemandem schenkte sie einen Blick. Nur einen sah sie: Jürgen.
Er winkte ihr aus dem Wasser zu.
Sie schwamm zu ihm hin.
»Hast du nicht noch einen kleineren Bikini?« fragte er sie kopfschüttelnd.
»Bist du eifersüchtig?« lachte sie.
»Na, was denkst du.«
Gaby tauchte unter ihm weg. Das Wasser war warm und angenehm. Am liebsten hätte sie nackt gebadet, irgendwo an einem Strand, wo man sich dann in den heißen Sand legen konnte.
Natürlich ging so etwas hier nicht.
Dafür schimmerten draußen vor den Fenstern Schneedächer, und man konnte sich vom Ober Sekt bringen lassen. Man konnte die Füße ins Wasser hängen und sich ein bißchen betrinken, gerade so viel, daß die Zukunft wie ein angenehm plätscherndes, sanftes, blaues Meer von Glück erschien …
»Weißt du«, sagte Gaby, »ich möchte so heiraten, wie mein Vater geheiratet hat …«
»Nämlich?«
»Meine Mutter war Tänzerin. Papa hat sie in einem Pariser Varieté auftreten sehen. Drei Wochen später kam er mit ihr nach Hause zurück. Und da war sie schon seine Frau.«
Jürgen schwieg.
»Du denkst jetzt an deine Frau, nicht wahr?« Gaby bekam eine zornige, steile Falte über der Stirn. Ihre Lippen wurden schmal. »Du denkst, daß sie es dir übelnehmen würde, so kurz nach ihrem Tod zu heiraten, du möchtest lieber die Trauerzeit abwarten, du hast Angst davor, was die Leute denken.«
Er packte sie am Arm. Sein Griff tat weh. »Nein, Gaby«, stieß er erregt hervor, »ich habe vor gar nichts Angst, verstehst du? Und wenn sie von den Toten auferstehen würde, ich könnte doch nur dich lieben.«
Sie lächelte. Das war das, was sie immer wieder hören wollte, wovon sie nie genug bekam. Seine Augen waren schwarz vor Leidenschaft, und diese Leidenschaft galt ihr, ihr allein. Warum ging ihr bloß diese Tote nicht aus dem Kopf? Lag es daran, weil sie so blond war, so ganz anders als sie?
Sie trank ihr Sektglas aus und streifte mit den Lippen seine Wange. »Wollen wir gehen?«
Jürgen nickte.
Gaby stand auf. »Ich ziehe mich um«, sagte sie.
Sie ließ sich Zeit. Als sie, den Mantel lose um die Schulter gehängt, endlich aus der Kabine kam, wartete Jürgen schon vor dem Lift auf sie. Zwei Stockwerke tiefer schob er sie sanft hinaus.
In großen Hotelpalästen der ganzen Welt wird nicht gefragt, wer mit wem aufs Zimmer geht.
Jürgen schloß die Türe von innen zu. Zitterten seine Hände, als er sie an sich riß? Ihr Mantel fiel zu Boden, ihr Kleid …
Hatte er sie je so geliebt wie an diesem Nachmittag, so besessen, wie von Furien gepeitscht? Ein wildes Triumphgefühl erfaßte sie. Du wirst nie genug von mir haben, dachte sie. Das ist meine Stärke, Jürgen. Dabei wirst du deinen toten blonden Engel vergessen …
Sie war nicht für das Händchenhalten geboren. Keuschheit hielt sie schon mit fünfzehn für keine Tugend mehr. Sie war damals nicht verführt worden, nein, sie selbst hatte den ersten Mann verführt, einen Freund ihres
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