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Immer wenn er mich berührte

Immer wenn er mich berührte

Titel: Immer wenn er mich berührte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zusammenhaben?«
    Sekundenlang zögerte er. Böse Ahnungen preßten ihm die Kehle zusammen. Er saß aufrecht in seinem Bett, hielt den Telefonhörer in der Hand, hörte die Stimme seiner Geliebten, aber eine innere Stimme sprach von Unheil, warnte ihn …
    »Drei Wochen, doch, das müßte schon klappen«, antwortete er schließlich.
    »In drei Wochen«, fuhr Gaby fort, »läuft in Marseille die Hongkong aus, eines dieser kombinierten Fracht-Passagierschiffe, weißt du. Ostasien-Route, Singapur, Golf von Siam, Manila, China, Japan. Nur dreißig Passagiere an Bord, die Kabinen mit Bad, geheizter Swimming-pool, was weiß ich noch alles …«
    »Und wo heiraten wir?« wollte Jürgen wissen.
    »An Bord, der Kapitän traut uns, verstehst du? Ich habe mich erkundigt, das macht keine Schwierigkeiten.«
    »Wenn es nur schon soweit wäre«, entfuhr es Jürgen.
    »Wieso?« Sofort schwang eine Spur von Mißtrauen in ihrer Stimme mit. »Denkst du, daß noch etwas dazwischenkommen kann?«
    »Nein, nein«, beschwichtigte er sie, »ich möchte nur, daß die drei Wochen schon vorbei wären, daß wir auf der Hongkong schwimmen und an nichts mehr zu denken brauchen als an unsere Liebe …«
    An nichts mehr denken – ja, das wäre schön gewesen. Aber leider erlaubte es seine Situation nicht. Zum Glück übertrug der Draht nicht seine Gedanken, sondern nur seine verliebten Worte.
    »Wann kommst du zurück, Gaby?«
    »Freitag, denke ich. Holst du mich am Flughafen ab?«
    »Na, und ob.«
    Nachdem er den Hörer auf die Gabel gelegt hatte, sprang er aus dem Bett und duschte ausgiebig. Der heiße Wasserstrahl rief seine Lebensgeister zurück.
    Zum ersten Male an diesem Morgen wich er der Entscheidung nicht mehr aus. Zum ersten Male dachte er alles richtig zu Ende. Er kapierte, daß es keine bequeme Patentlösung gab. Janine war weder geisteskrank, noch bestand die geringste Hoffnung, daß sie es wurde. Sie verschwand nicht hinter den Mauern einer Heilanstalt, es bestand weder die Chance, daß sie nach Australien auswanderte noch daß sie plötzlich in ein Kloster ging.
    Niemand befreit mich von ihr. Ich selbst muß es tun. Jeder Tag, der vergeht, erhöht das Risiko. Heute, morgen oder übermorgen kann sie ihr Gedächtnis wiederfinden, heute, morgen oder übermorgen kann sie von jemandem erkannt werden …
    Als er unten beim Frühstück saß, drückte sein Gesicht Entschlossenheit aus. Er trug einen stahlblauen Anzug, ein blütenweißes Hemd, goldene Manschettenknöpfe, er trank Grapefruitsaft und schnitt ein Hörnchen auf, aber hinter seiner Stirn formte sich der Plan.
    Es muß wie Selbstmord aussehen, dachte er. Es muß unbedingt wie Selbstmord aussehen. Ins Wasser gegangen, zum Beispiel. Oder vor den Zug geworfen, oder Gift geschluckt.
    Eine Verzweiflungstat. Jeden Tag liest man so was in der Zeitung.
    Heute war Mittwoch. Bis Freitag mußte er es schaffen. Nicht mehr denken müssen, daß die Toten auferstehen, nicht mehr von Alpträumen gequält werden, frei sein … für das zweite Leben, für das große Leben …

X
    »Was ist heute los mit Ihnen?« fragte zur gleichen Stunde der Nervenarzt Dr. Sartorius Janine.
    Sie lag auf der Couch. Alles geschah genauso wie bei den vorausgegangenen Sitzungen. Das Halbdunkel, die perfekte Stille, der Arzt hinter ihr am Kopfende, seine Stimme … trotzdem stellte sich heute der hypnotische Schlaf nicht ein.
    »Es ist nichts los mit mir«, antwortete sie.
    »Versuchen Sie mal, sich ganz zu entspannen«, forderte sie Dr. Sartorius auf.
    »Ich bin entspannt, Herr Doktor.«
    »Nein, ich sehe es Ihnen an. Sie sind heute verkrampft, Janine. Statt den Strom abzuschalten, stehen Sie unter Hochspannung.«
    »Machen wir noch einen Versuch?« bat sie. Als auch dieser Versuch scheiterte, stand sie auf und zündete sich mit zittrigen Händen eine Zigarette an.
    »Ich bin heute eben kein Medium«, versuchte sie die Sache zu bagatellisieren.
    Aber sie täuschte Dr. Sartorius damit nicht. In seinen Augen las sie deutlich das Mißtrauen.
    »Janine«, sagte er, »ich bin Ihr Arzt. Wenn wir weiterkommen wollen, müssen Sie sich mir anvertrauen. Sie müssen Dinge aussprechen, die Sie beschäftigen, und wenn sie noch so intim wären. Sie müssen Ihr Problem auf mich übertragen, nur dann besteht eine Erfolgschance.«
    »Sie kennen doch mein Problem«, entgegnete sie.
    »Es ist ein neues Problem hinzugekommen«, stellte er hartnäckig fest.
    »Nein«, fuhr sie ihn an. »Ich bin nur heute sehr nervös, das ist alles.«
    Die

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