Immer wieder du: Roman (German Edition)
Kartoffeln und Gemüse.«
»Das klingt toll.« Scheint so, als wäre mein Appetit wieder da.
»Hab ich mir gedacht.«
»Danke, Mum.« Sie schaut auf ihre Armbanduhr, und ich lasse mich aufs Sofa fallen.
»Was möchtest du trinken? Ich habe eine Flasche Weißwein aufgemacht.«
»Das wäre schön«, erwidere ich dankbar lächelnd.
»Bin gleich wieder da.«
Ich streife meine Pumps ab, lege die Füße auf den Couchtisch und schließe einen Moment lang die Augen. Sie brennen vor Anspannung und Schlafmangel. Mum kommt mit zwei Weingläsern zurück und reicht mir eins.
»Füße vom Tisch.« Sie schnalzt missbilligend mit der Zunge.
»Entschuldigung.« Ich nehme sie wieder herunter. Das hat ihr früher nie etwas ausgemacht.
»Wie war denn der Besuch deines Dads?«, fragt sie und setzt sich auf die Kante des zweiten, kleineren Sofas zu meiner Rechten.
»Schön. Es war gut. Die Mädchen sind so groß geworden.«
»Das kann ich mir vorstellen. Und Lorraine, wie ist sie so?« Mums Stimme klingt gezwungen, wenn sie nach der Frau meines Vaters fragt.
»Es geht ihr gut. Sie ist immer noch dieselbe.«
»Tja, das ist schön«, sagt sie spitz. »Und was ist mit dir? Alles in Ordnung?«
Ich schüttele leicht den Kopf. »Eigentlich nicht, Mum, nein.«
»Willst du mir nicht sagen, worum es geht?«
Ich seufze und beuge mich vor, um mein Glas auf den Tisch zu stellen. Ich habe noch keinen Schluck getrunken. »Ich brauche ein wenig Zeit für mich allein«, erwidere ich schließlich.
»Ohne Richard? Warum?«
»Ich weiß nicht genau, ob ich ihn wirklich heiraten will«, bringe ich hervor.
»Ach!« Sie schnappt nach Luft. »Warum nicht? Hat er dir weh getan?«
»Nein, natürlich nicht, Mum. Es liegt an mir. Ich … habe Gefühle für einen anderen.«
»Oh, Lily«, erwidert sie enttäuscht. »Wie konntest du das zulassen?«
»Wie ich das zulassen konnte?«, frage ich ungläubig. »Ich hatte nicht vor, mich in zwei Männer zu verlieben!«
»Nein, schon gut«, besänftigt sie mich, »natürlich wolltest du das nicht. Wer ist es denn? Wie hast du ihn kennengelernt?«
»Schon vor Jahren.« Ich ignoriere ihre erste Frage. »Entschuldigung, aber ich möchte jetzt nicht so gern darüber reden.«
Sie schaut mich kurz an, blickt dann wieder auf die Armbanduhr und geht in die Küche. Es klopft an der Tür. Mum stürzt aus der Küche. »Er ist früh dran.«
»Wer?« Ich richte mich auf, während sie zögert, ob sie zu mir kommen oder an die Tür gehen soll.
»Ich möchte dir jemanden vorstellen.« Ich kenne den Ausdruck in ihren Augen. Dieses Flehen …
»Was?« Ich setze mich noch aufrechter hin.
»Bitte, Lily, es ist jemand, mit dem ich schon länger zusammen bin.«
»Das soll wohl ein Witz sein«, sage ich mit ausdrucksloser Miene. »Ich komme hierher, weil ich ein bisschen … Trost brauche … und du erwartest von mir, dass ich mich mit deiner neuesten Errungenschaft zusammensetze?«
Wieder klopft es auffordernd an der Tür, diesmal etwas eindringlicher.
»Es ist wichtig«, zischt sie mir verzweifelt zu und dreht sich zur Tür um.
»Die sind immer ALLE wichtig!« Wütend stehe ich auf. »Ich fasse es nicht, dass du so egoistisch sein kannst.«
»Bitte«, fleht sie mich an. »Er kann dich hören.«
Schwungvoll reißt sie die Tür auf, und vor ihr steht ein untersetzter, gebräunter Mann in mittleren Jahren, der breit grinst.
»Komm rein, komm rein!«, drängt Mum ihn und setzt ihr glückliches Lächeln auf. »Das ist meine Tochter Lily.«
Ich weiß nicht, wie es mir gelingt, nicht in mein Zimmer zu stürzen und wie ein Teenager die Tür zuzuschlagen.
»Hallo.« Ein Lächeln bringe ich allerdings nicht zustande.
»Ah, das ist also deine Tochter.« Mir fällt auf, dass er einen italienischen Akzent hat. Er walzt herein und gibt mir auf jede Wange einen dicken Schmatzer. Meine Mum lächelt nervös, als ich ihr über seine Schulter hinweg einen wütenden Blick zuwerfe.
»Und das ist Antonio«, stellt Mum den Mann vor.
»Ich bin so froh, dich endlich kennenzulernen«, ruft er.
Ich würde gerne dieselbe Begeisterung aufbringen können.
»Das Essen ist fast fertig«, sagt Mum fröhlich. »Was kann ich dir zu trinken bringen? Weißwein?«
»Si, si, perfetto!«
In Rekordzeit taucht Mum mit Antonios Weinglas wieder auf. Sie ist offensichtlich besorgt, dass ich in ihrer Abwesenheit Ärger machen könnte. »Setz dich an den Tisch, Liebling.« Mir wird klar, dass sie Antonio meint, nicht mich. Jetzt begreife ich,
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