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Immer wieder du: Roman (German Edition)

Immer wieder du: Roman (German Edition)

Titel: Immer wieder du: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paige Toon
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zurückgekommen?«, hake ich nach.
    »Meine Oma wurde krank. Meine Mum lebt in Perth. Sie kam ohnehin mit ihrer Mutter nicht klar, deshalb habe ich mir hier einen Job gesucht und bin zurückgekehrt, um Oma Gesellschaft zu leisten.«
    »Das war nett von dir.«
    Er zuckt mit den Schultern. »Ich mochte meine Oma. Jedenfalls deutlich mehr als meine Mum.«
    »Warum magst du deine Mum nicht?«
    »Sie ist sehr egoistisch. War sie schon immer. Sie wollte keine Kinder. Ich war ein Betriebsunfall, und sie hat dafür gesorgt, dass ich es auch spüre.«
    »Das ist schlimm.« Ben erzählt das sehr locker, doch ich finde es traurig. »Und was ist mit deinem Dad?«, frage ich hoffnungsfroh.
    »Wer weiß?« Er lacht freudlos. »Hab ihn nie kennengelernt. Manchmal frage ich mich, ob Mum überhaupt weiß, wer es ist.«
    Schockiert schaue ich ihn an. Und ich war der Meinung, ich hätte ein schlechtes Leben. Er lächelt mich ironisch an.
    »Lebt deine Oma noch?«, frage ich leise.
    »Nö.« Er steht auf. »Sie ist im Winter gestorben.«
    »Das tut mir leid.« Es klingt läppisch, aber mir fällt nichts anderes ein.
    »Danke«, erwidert er. »Ich muss nach den Kängurus sehen. Willst du mir helfen?«
    »Sehr gern.« Ich stehe schnell auf und klopfe mir den Staub ab. »Was muss ich tun?«
    »Prüf nach, ob sie Schwellungen oder Lähmungserscheinungen haben, ob sie stark geifern oder tränende Augen haben … Wir suchen den Strahlenpilz.«
    »Was soll das sein?«
    »Eine Krankheit, die Abszesse am oder um den Kiefer verursacht. Wird durch eine Infektion ausgelöst.«
    »Ist das was Ernstes?«
    »Meistens müssen wir nur einen entzündeten Zahn entfernen und Antibiotika verabreichen. Es ist sehr wichtig, dass die Kängurus kein weiches Obst bekommen. Keine Bananen oder Pfirsiche. Sie brauchen knackige Möhren und Süßkartoffeln, so was in der Art.«
    »Interessant«, bemerke ich, und er lächelt mich an.
    »Du kannst mir beim Zählen helfen«, sagt er.
    Eins, zwei, drei  … Ich zähle die Tiere im Kopf. »Fünfundzwanzig«, behaupte ich, während Ben mit seiner Untersuchung der Kängurus fortfährt.
    »Es müssen sechsundzwanzig sein«, sagt er.
    »Sechsundzwanzig?« Mein Blick schweift suchend über die Koppel.
    »Hier vorn«, sagt Ben. Er deutet mit dem Kinn auf ein Känguru, das ungefähr zehn Meter entfernt ausgestreckt auf dem Boden liegt. Neugierig beobachte ich, wie er sich ihm langsam und vorsichtig nähert. »Schon gut, altes Mädchen«, sagt er besänftigend, als das Känguru sich erkennbar anspannt. Ich sehe zwei Beine, die aus dem Beutel ragen, und meine Augen weiten sich, als mir klar wird, dass das sechsundzwanzigste Känguru ein Baby ist – beziehungsweise ein Joey , wie man in Australien die Jungen von Beuteltieren nennt. Die Mutter kommt auf die Beine, in ihrem Beutel bewegt sich etwas; die Beine verschwinden, und stattdessen taucht ein winziges Köpfchen auf. Mit angehaltenem Atem schaue ich zu, wie Ben die beiden Kängurus schnell und effektiv untersucht, bevor die Mutter weghoppelt. Er schaut zu mir herüber.
    »Worauf wartest du? Du kannst mit Freddie anfangen. Oder Roy, wenn dir der Name lieber ist.« Er zwinkert mir zu.
    Bei der Arbeit geht mir kurz durch den Kopf, dass es eigentlich merkwürdig ist, wie offen Ben sich mir gegenüber über sein Leben ausgelassen hat. Aber es kam mir überhaupt nicht seltsam vor.
    »Warum übernimmst du heute die Kängurus?«, frage ich ihn, als wir über die Koppel zurückgehen.
    »Ein Kollege hat sich krankgemeldet.«
    »Gehst du jetzt rüber zu den Koalas?«
    »Yep. Willst du mitkommen?«
    »Ja, gern. Kann ich da helfen?«
    »Du kannst mir helfen, sie zu wiegen, wenn du willst.«
    »Cool.«
    Und einfach so finde ich meinen ersten Freund in Australien. Einen Freund namens Ben. Ich denke mal, Michael Jackson hätte es zu schätzen gewusst.

    Die ersten Tage vergehen wie im Flug. Josh sehe ich kaum. Er schläft noch, wenn sein Dad und ich morgens aus dem Haus gehen, da die Werkstatt in Mount Barker, in der Josh arbeitet, nicht vor neun Uhr aufmacht. Und wenn wir nach Hause kommen, hängt er entweder vor dem Fernseher oder ist mit seinen Kumpels unterwegs. Mum ist so glücklich, dass sie mir freie Hand lässt; entweder wirbelt sie tagsüber in der Küche herum oder macht weiß Gott was im Haus. Gestern, als wir heimkamen, war sie gerade dabei, aus dem Obst im Garten Aprikosenmarmelade zu kochen. Ich glaube, da hat sich Michael noch mehr in sie verliebt. Gestern Abend hat er sie

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