Immer wieder Lust auf dich
meinte, dass er oder Tom das Auto wieder abholen könnten, wenn sie Mandy besuchen würden.
Eine ganze Woche war er noch bei Dan geblieben. Doch er wusste, dass es Zeit wurde, nach Europa zurückzukehren. Die Abreise würde ihm jedoch schwerfallen. Auch das hatte sich geändert.
Dan hatte recht gehabt. Sie hatten viel aufzuholen gehabt. Bis spät in die Nacht saßen sie beim Bier zusammen und erzählten sich Geschichten aus ihrem Leben.
Rafe erzählte Dan auch von seiner Reise und was er dort erfahren hatte. Es fiel ihm schwer, darüber zu reden, denn noch war alles so neu für ihn. Zum ersten Mal setzte er sich damit auseinander, wie seine Mutter sein plötzliches Verschwinden damals erlebt haben musste.
Sie redeten über Gott und die Welt, nur nicht über Mandy. Oder Tom. Oder deren gemeinsame Zukunft.
Dan tat so, als würde es ihm gar nicht auffallen, dass Rafe Mandys Namen nicht mehr erwähnte.
Aber Rafe musste die ganze Zeit daran denken, dass er ihr versprochen hatte, nicht wieder sang- und klanglos zu verschwinden, sondern sich vorher von ihr zu verabschieden. Er verstand jetzt auch, warum ihr das so wichtig war.
Außerdem wollte er Kelly noch einmal sehen. Er musste sich eingestehen, dass er den Kleinen schon richtig zu vermissen begann. Als er mit seinem Neffen und den beiden Nichten gespielt hatte, ertappte er sich dabei, dass er ihnen von Kelly so erzählte, als sei er sein Kind.
Es gab eigentlich keinen Grund, warum sie nicht in Kontakt bleiben konnten. Er könnte Kelly ja auch schreiben. Aber er wollte auf gar keinen Fall zwischen Tom und Mandy einen Keil treiben.
Rafe erinnerte sich daran, dass er schon am ersten Tag gesehen hatte, dass Tom ein Auge auf Mandy geworfen hatte. Er hatte sich also nicht geirrt. Na ja, sie hätte auch eine schlechtere Wahl treffen können.
Er folgte Dans Wegbeschreibung. Es war nicht schwierig, Mandys Wohnung zu finden.
Da es schon nach acht Uhr war, hoffte er, sie zu Hause anzutreffen. Er hatte sie absichtlich nicht angerufen, um sein Kommen anzukündigen, weil er fürchtete, sie würde Ausreden erfinden, um ihn nicht sehen zu müssen.
Als er vor dem Wohnblock parkte, in dem Mandy wohnte, fühlte sich Rafe an den Moment erinnert, als er vor dem Haus seiner Mutter gestanden und gezögert hatte, hineinzugehen. Er war jetzt genauso aufgeregt und innerlich angespannt.
“Kelly, es wird langsam Zeit”, sagte Mandy nun schon zum dritten Mal.
“Oh, Mandy. Es ist doch noch gar nicht dunkel. Ich muss doch noch lange nicht ins Bett.”
“Ja, ja. Aber du brauchst bestimmt eine Stunde, um dein ganzes Spielzeug wegzuräumen.”
“Das ist kein Spielzeug. Das sind Soldaten. Wie Rafe.”
“Das stimmt. Sie haben jetzt schon das Wohnzimmer erobert und sind dabei, auch die Küche anzugreifen.”
Er grinste, und sie lächelte zurück.
“Weißt du was?” Ihr war etwas eingefallen. “Du darfst noch eine halbe Stunde spielen, wenn du mir einen Kuss gibst.”
Kelly sah sie überrascht an. “Einen Kuss?”, wiederholte er, als hätte er das Wort zum ersten Mal gehört.
“Genau. So einen wie heute Morgen.”
Er machte eine ernste Miene. Dann lachte er plötzlich über das ganze Gesicht. “Das ist ein Geschäft!” Er flog in ihre Arme und drückte ihr einen festen Kuss auf die Wange. Augenblicklich war er wieder bei seinen Soldaten und in das Spiel vertieft.
Mandy setzte sich aufs Sofa und sah ihm eine Weile beim Spielen zu. Eigentlich hätte sie noch eine Menge am Schreibtisch zu tun gehabt. Sie fragte sich, warum Kelly ausgerechnet auf Kriegsspiele verfallen war, denn sie wusste, dass Rafe mit dem Jungen wenig über seine Arbeit gesprochen hatte. Andererseits hatte Kelly auch viel Zeit mit Dan verbracht. Sie musste sich bei Gelegenheit mal ihren Bruder zur Brust nehmen und herausbekommen, was er dem Jungen alles erzählt hatte.
Sie hatte ganz vergessen, wie laut und schmutzig die Stadt war. Dagegen war ja der Verkehr in Austin geradezu erholsam. Wie hatte sie es nur so lange hier aushalten können?
Sie konnte es kaum noch erwarten, die Zelte hier für immer abzubrechen, um auf die Ranch zurückzukehren. Kelly freute sich auch und redete schon die ganze Zeit von dem Hund, den er dann haben wollte.
Mandy hoffte, sie würde ihn noch in Wimberley in der Schule unterbringen können. Vieles musste jetzt noch kurzfristig geregelt werden, weil sie bald umziehen wollten.
Als sie gerade dabei war, die erste Akte zu studieren und sich Notizen zu machen, klingelte es an
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