Immorality Engine
ihn ansah, empfand sie groÃe Zuneigung.
Nach der Flucht aus dem Packworth House hatten sie das Exoskelett in
einer SeitenstraÃe zurückgelassen und eine Dampfdroschke angehalten, um rasch
nach Chelsea zu fahren. Dort hatte Newbury sich kurz mit Scarbright beraten,
den Anzug gewechselt und war gleich wieder losgestürmt, um Charles zu besuchen.
Veronica hatte gefürchtet, er werde den Palast vor den wahren Absichten der
Bastion Society warnen. Sie hatte Angst gehabt, er könnte sein Pflichtgefühl
über all das stellen, was er für sie empfand, und sich um Amelia gesorgt. Wenn
er sich falsch entschieden hätte, dann hätte sie es ihm nie mehr verzeihen
können.
Kurz danach war er in sehr
nachdenklicher Stimmung zurückgekehrt. Er hatte sie informiert, dass Bainbridge
lebte und sich in einem Polizeikrankenhaus
erholte und dass sie in fünfzehn Minuten zum Grayling Institute
aufbrechen würden. Er hatte sie
gebeten, alles mitzunehmen, was sich vielleicht als nützlich erweisen könnte,
und sie auf die Hilfsmittel hingewiesen, die in seinem Arbeitszimmer lagerten.
Da hatte Veronica erleichtert aufgeatmet. Newbury stand offenbar
fest an ihrer Seite. Es hatte keine Diskussionen und keine Debatte gegeben, er
verriet ihr mit keiner Silbe, was er dachte. Aber er hatte sich für sie und
nicht für die Queen entschieden, und das sagte ihr alles, was sie wissen
musste. Mehr noch, es bedeutete, dass er ihr in Bezug auf die Hinterhältigkeit
der Queen Glauben schenkte. Ihre Befürchtungen, dass im Palast etwas
Schreckliches im Gange war, gewannen neue Kraft, denn andernfalls hätte Newbury
nie zugelassen, dass der Angriff auf das Grayling Institute wie geplant
vonstattenging.
Die Konsequenzen waren zu schrecklich und reichten zu weit, als dass
sie in diesem Moment darüber reden wollte. Während sie aber schweigend auf den
Angriff der Bastion Society warteten, konnte sie an nichts anderes denken.
Unterwegs hatte Newbury ihr mit gedämpfter Stimme erklärt, dass die
Queen bereits über den drohenden Angriff im
Bilde sei und begonnen habe, den Palast abzusichern. Veronica war der
Ansicht, diese Gewissheit der Queen könne nur darauf beruhen, dass ihr Amelias
Visionen bekannt waren. In ihren Augen war das der endgültige Beweis dafür,
dass die Queen bei dem, was Amelia im Grayling Institute widerfahren war, die
Hand im Spiel gehabt hatte. Offensichtlich sah Newbury die Sache ähnlich.
Veronica fragte sich, was er Bainbridge erzählt und ob er seinem alten
Freund überhaupt etwas von alledem anvertraut hatte. Sie vermutete, dass das nicht der Fall war. Trotz seines Mitgefühls und seiner herausragenden Fähigkeiten hätte Bainbridge
es nicht verstanden. Er war schon viel zu lange dabei und verehrte die Queen viel
zu sehr. Er war ein guter Mann von unerschütterlicher Loyalität. Das war seine gröÃte Stärke und, wie bei dieser
Gelegenheit, zugleich seine Schwäche. Was auch als Nächstes geschah, sie
hoffte, Bainbridge würde nie herausfinden, dass Newbury wissentlich die Queen
in Gefahr gebracht hatte. Das hätte ein unüberbrückbares Zerwürfnis zwischen
den beiden Männern nach sich gezogen.
Ein schrilles, dünnes Pfeifen, das von einer Rakete herrühren konnte, durchbrach die Stille. Veronica
fluchte leise, weil sie so abgelenkt gewesen war. Der Angriff begann. Das
Geschoss konnte sie nicht sehen, das Geräusch hatte seinen Ursprung aber
anscheinend irgendwo auÃerhalb des Geländes, jenseits des Tors am Ende der
Zufahrt.
Newbury warf ihr einen warnenden Blick zu. Sekunden später traf das
Geschoss das Dach des Gebäudes, explodierte mit einem Donnerschlag und lieÃ
geborstene Ziegel in alle Richtungen davonfliegen. Veronica zog unwillkürlich
den Kopf ein. Als sie einen Moment später hinaufschaute, entdeckte sie ein
klaffendes Loch im Dach. Das Geschoss war bis auf den Dachboden vorgedrungen.
Gelbe Flammen leckten gierig an den Rändern.
Ehe irgendjemand im Haus reagieren konnte, schlugen ein Dutzend
weitere Bomben ein und explodierten unter grellem Blitzen vor dem Gebäude. Es war
ein einziges groÃes Chaos. Die Explosionen dröhnten
wie hundert Donnerschläge, als wäre der Himmel aufgerissen und als
brächen Himmel und Hölle zugleich über das Haus herein. Veronica presste sich
die Hände auf die Ohren.
Ein groÃes Stück Mauerwerk flog in dem Feuerregen aus dem
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