Immorality Engine
sich zu vergewissern, dass dieser
noch bewusstlos war, und erkannte erst jetzt, dass der Brand längst auf den
Gemüseladen übergegriffen hatte. Die seltsame Schusswaffe, die der Mann benutzt
hatte, um die Droschke aufzuhalten, lag mitten zwischen brennenden Kisten.
Bainbridge taumelte weiter. Er musste die Munition vor den Flammen in
Sicherheit bringen, er mussteââ¦
Es gab eine ohrenbetäubende Explosion, dann wurde es schwarz.
18
Veronica spähte über die Dachkante hinweg gut drei
Mannshöhen nach unten und fragte sich nicht zum ersten Mal an diesem Tag, ob
Newbury völlig den Verstand verloren hatte.
Eine Stunde zuvor waren sie aus Chelsea herübergekommen, nachdem sie
in Newburys Haus ihre Ausrüstung zusammengestellt hatten â Dietriche,
kleine Messer, einen alten Revolver â, um das Packworth House zu erkunden,
den Sitz der Bastion Society. Sie hatte Newbury noch nie mit einer Schusswaffe
gesehen und grübelte, was die Bastion Society
denn Unheimliches an sich hatte, dass er zu derartigen
VorsichtsmaÃnahmen griff. Sie hoffte jedenfalls, es ergäbe sich kein Grund, die
Waffe zu benutzen.
Scarbright hatte sie in makellosem Anzug mit einer Nachricht von Bainbridge
erwartet. Newbury hatte den Zettel im Salon rasch gelesen und an Veronica
weitergereicht. Der kurze Text hatte nichts Gutes verheiÃen:
Â
Newbury,
jemand greift die Queen an.
Arbeiten Sie ohne mich weiter an dem Sykes-Fall.
Ihr
Charles
Bainbridge hatte die Nachricht offenbar in groÃer Eile
hingekritzelt, denn die Handschrift war krakelig und unordentlich. Also war es
bitterer Ernst. Es sah dem Chief Inspector gar nicht ähnlich, derart überhastet
zu reagieren. Scarbright bestätigte, dass ein Kurier die Botschaft etwas früher
am Abend überbracht hatte, weil Bainbridge zu beschäftigt gewesen war, um
persönlich vorbeizukommen. Daraufhin war zwischen Veronica und Newbury eine
Debatte über die Frage entbrannt, wie es nun weitergehen sollte. Newbury hatte in
Betracht gezogen, ihren für den Abend gefassten Plan aufzugeben und zum Palast
zu eilen, um Bainbridge bei dem zu unterstützen, was auch immer dort zu tun
war. Veronica hatte dagegen darauf beharrt, dass sie die Ermittlungen gegen die
Bastion Society fortsetzen müssten. Wenn Amelias grässliche Vision der
drohenden Ereignisse â ganz zu schweigen von Newburys eigenen
Vorahnungen â etwas mit den Angriffen auf den Palast zu tun hatte, dann
mussten sie umso dringender herausfinden, ob die Bastion Society auf irgendeine
Weise beteiligt war. Bainbridge konnte sich ganz gut allein um die Queen
kümmern, hatte Veronica erklärt.
AuÃerdem hatte Victoria sicher schon eine ganze bewaffnete Garnison
herbeigerufen, um den Palast zu sichern. Wenn sie Newbury brauchte, konnte sie
jederzeit nach ihm schicken.
Das war alles gut und schön, aber
Veronica konnte andererseits nicht bestreiten, dass die schrecklichen
Qualen ihrer Schwester einen nicht unerheblichen Beitrag zu genau dieser
Sichtweise geleistet hatten. Amelia brauchte sie, und wenn sie beim Einbruch in
das Haus der Bastion Society die Antwort auf die Frage fanden, was Dr. Fabian
ihr antat, und vielleicht sogar einen Hinweis entdeckten, wie man Amelia
wohlbehalten aus dem Grayling Institute retten könnte, dann wollte Veronica es um jeden Preis versuchen. An diesem Punkt
hatte sie bereits entschieden, den Plan zur Not auch allein auszuführen, falls
Newbury darauf beharrte, Bainbridge zu Hilfe
zu eilen. Sie wollte sich um keinen Preis von ihrem Vorhaben abbringen
lassen â nicht von Newbury, nicht von der Queen, von niemandem.
Am Ende hatte Newbury widerstrebend nachgegeben. Sie waren mit einer
Droschke quer durch die Stadt gefahren und ein paar StraÃen vor dem Packworth
House ausgestiegen, um sich dem Gebäude heimlich zu Fuà zu nähern.
Jetzt hockten sie auf dem Dach eines Nachbarhauses und blickten auf
einen Balkon hinab, der auf der anderen Seite der Gasse ein Stockwerk tiefer
lag.
Newbury stand neben ihr und legte ihr sanft eine Hand auf die Schulter. »Veronica, ich frage Sie noch einmal: Wollen
Sie das wirklich auf sich nehmen?« Es klang ehrlich besorgt, als wollte
er sie überreden, doch noch einen Rückzieher zu machen.
Sie nickte. Sie hatte schon Schlimmeres getan und bei weitaus
gefährlicheren Unternehmungen ihr Leben aufs Spiel gesetzt. Trotzdem, die
Aussicht, von einem Gebäude
Weitere Kostenlose Bücher