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Immorality Engine

Immorality Engine

Titel: Immorality Engine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Mann
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diese
ritterlichen Helden der Vergangenheit als Vorbilder, denen es nachzueifern
galt. Sie fragte sich, ob das wirklich so übel war. Jedenfalls fand sie es
angenehmer als die Sekten der Teufelsanbeter, mit denen sie sonst zu tun gehabt
hatten.
    Sie verließen das Schlafzimmer und schlichen bis zum Ende des Gangs
weiter. Dort schwoll der Lärm aus der Halle zu einem wahren Tumult an. Das
Geschnatter der vielen gleichzeitig redenden Gäste war so laut, dass man kein
Wort verstehen konnte.
    Der Flur führte auf eine weite Galerie, die sich um die ganze obere
Etage zog. In regelmäßigen Abständen zweigten von hier weitere Gänge ab. Eine
breite geschwungene Treppe verband das obere mit dem unteren Stockwerk.
    Das hüfthohe steinerne Geländer bildete eine Art Brustwehr und
erlaubte es ihnen, unbemerkt nach unten zu blicken. Glücklicherweise befand
sich sonst niemand auf der Galerie. Wahrscheinlich waren sie alle viel zu sehr
mit dem Fest und dem Geplauder mit ihren Kameraden beschäftigt.
    Newbury schlich leise und vorsichtig zur Brustwehr, hockte sich
dahinter und spähte zwischen den Pfosten in die Halle hinunter.
    Auch Veronica wollte wissen, was dort vor sich ging. Sie eilte zu
ihm und kniete neben ihm nieder. Er hob überrascht den Kopf und zog eine
Augenbraue hoch, als fragte er sich, was sie sich dabei wohl gedacht habe, dann
besann er sich und konzentrierte sich wieder auf die unten versammelten
Clubmitglieder. Veronica folgte lächelnd seinem Beispiel.
    In dem Saal hielten sich gut hundert Männer auf, vielleicht sogar
noch mehr. Es war schwer zu sagen, weil sie
ständig hin und her liefen, von Tisch zu Tisch und von Gespräch zu
Gespräch wechselten. Alle waren identisch gekleidet – sie trugen
dunkelgraue Anzüge und passende Melonen, und alle hatten sich eine rote Schärpe
über die linke Schulter gelegt. Jede Schärpe trug eine andere weiß geschriebene
dreistellige Zahl. Sie fragte sich, was die Zahlen zu bedeuten hatten.
Vielleicht eine Art militärische Rangordnung?
    Die meisten Männer saßen an großen runden Tischen und gaben sich, wie es Veronica schien, einem mittelalterlichen
Gelage hin. Mitten auf den Tischen standen riesige Teller mit gebratenem
Fleisch. Es sah sehr nach Völlerei aus, und die Art und Weise, wie die Männer
über das Essen herfielen und sich mit bloßen Fingern die fetten Brocken in die
Münder stopften, fand Veronica sehr unangenehm.
    Diener in schwarzen Anzügen und weißen Handschuhen, offenbar die
Butler, die sie schon beim ersten Besuch
bemerkt hatten, eilten zwischen den Tischen umher. Ihnen folgten bizarre
achtbeinige Automaten.
    So etwas hatte Veronica noch nie gesehen. Die Maschinen waren
hüfthoch und hatten Beine mit vielen Gelenken. Sie krabbelten auf eine Weise,
die Veronica sofort an die Mordmaschine erinnerte, die sie und Newbury in ihrer
Wohnung angegriffen hatte. Es fiel ihr schwer, ein Schaudern zu unterdrücken.
Diese Apparate waren viel größer, und mindestens zehn von ihnen trippelten
zwischen den Tischen umher und trugen
Tabletts, auf denen Teller und Gläser hoch aufgestapelt waren. Es
handelte sich anscheinend um selbstlaufende Servierwagen, denn jedes Gerät war
offenbar einem anderen Kellner zugeordnet, der die Überreste des Festmahls
auflud und seinen mechanischen Helfer zurück in die Küche schickte.
    Enoch Graves stand am Kamin und lachte und zechte mit einem anderen
Mann. Wie die anderen trug auch er einen grauen Anzug mit passender Melone. Auf
der roten Schärpe stand die Zahl  001  – was
vermutlich seine herausragende Position in der eigenartigen Gesellschaft
andeutete –, und um die Hüften hatte er sich den Zierdegen gegürtet.
    Veronica drehte sich um, als Newbury ihr sachte auf die Schulter
tippte. Er winkte ihr, ihm zu folgen und sich von der Balustrade zu entfernen.
Sie tat es und schlich mit ihm zusammen nach hinten.
    Mit dem Rücken zur Wand und hoffentlich gerade außer Sichtweite der
Gäste, die zufällig nach oben blicken mochten, stand sie auf. Ein rascher Blick
zur Treppe verriet ihr, dass sie nach wie vor allein waren.
    Newbury lehnte sich so nahe neben ihr an, dass sie seinen warmen
Atem auf der Wange spürte. »Wir wollen uns den Flur auf der anderen Seite
ansehen.« Er deutete zu dem Gang, der gegenüber abzweigte. Um ihn zu erreichen,
mussten sie auf der Galerie ein Stück
herumgehen.

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