Immortal. Dunkle Leidenschaft
gut ging.
Sie fragte sich, ob sie den anderen Unsterblichen, sollte der Zauber wirken, ohne Adrian an ihrer Seite gegenübertreten konnte. Würden sie ihr überhaupt zuhören, geschweige denn tun, worum sie sie bat? Oder würden sie ihr spöttisch ihre Macht entgegenschleudern und wieder in der Nacht verschwinden? Adrians Beschreibungen waren nicht sonderlich aufmunternd gewesen.
Es wurde beständig dunkler, und Amber zündete die ersten Papierlaternen an, die bunt wie Blumen in der Finsternis leuchteten. Immer noch keine Spur von Adrian.
Sie holte die Blumen- und Blätterkränze aus dem Kühlschrank, die Sabina und andere Hexen heute Morgen gewunden hatten. Valerian war wieder einmal mürrisch geworden, weil im Kühlschrank kein Platz mehr für das Bier übriggeblieben war, das er für die Feier vorrätig haben wollte.
Nun brachte Amber die Kränze hinaus und verteilte sie an die Hexen, die sich bereits an der Stelle versammelten, wo sie den Zirkel bilden wollten. Bald musste die Zeremonie beginnen, und falls Adrian nicht da war, brauchte Amber einen Ersatz für den Hohepriester.
»Valerian«, sagte sie, als sie an dem Drachenmann vorbeiging.
Er drehte sich zu ihr um und hob die riesigen Hände. »Frag mich nicht, wo Adrian steckt! Ich habe keinen blassen Schimmer.«
»Falls der Dämon und Tain ihn …«
»Daran habe ich auch schon gedacht«, unterbrach Valerian sie, zündete eine letzte Laterne auf der Veranda an und warf das Streichholz weg. »Ich gehe ihn suchen.«
Am liebsten wollte Amber mit ihm gehen, doch das war ausgeschlossen. Hohepriesterin zu sein, und sei es auch nur für eine Nacht, bedeutete, dass sie überall gleichzeitig sein, alles im Auge behalten und Millionen Fragen beantworten musste. Rein technisch gesehen war sie natürlich viel zu jung und zu unerfahren für dieses Amt, aber die hiesigen Hexen meinten einstimmig, Susan hätte gewollt, dass Amber heute Nacht ihren Platz einnahm.
Kleine Feuer loderten auf dem Rasen auf, Gartengrills wurden herbeigerollt, und an den Rändern standen Picknicktische, die mit reichlich Essen und Trinken beladen waren. Für Ambers Nachbarn war Beltane ein ausschweifendes Frühlingsfest, mit dem sie den nassen, kalten Winter verabschiedeten und die warme Jahreszeit begrüßten, die nun einsetzte.
Alle wussten von Susans Ermordung, und die Nachbarn umarmten Amber und drückten ihr Mitgefühl aus. Sie alle trauerten um den Verlust Susans, hatten die meisten sie doch seit Kindertagen gekannt. Amber stiegen Tränen in die Augen, während sie von einer Gruppe zur anderen ging und über Susan sprach.
Als es schließlich ganz dunkel war und der Mond als wächserne Sichel am Himmel stand, riefen die Hexen Amber herbei, um den Zirkel vorzubereiten. Die Nachbarn setzten sich an ihre Tische, wo sie aßen, tranken und den Hexen bei ihren seltsamen Ritualen zusahen. Komische Mädchen , schienen sie zu denken, aber harmlos, und die lustigen Kostüme sehen hübsch aus . Die anderen Hexen hatten sich ihre Kränze selbst aufgesetzt, Amber indessen würde ihre Krone während des Rituals vom Hohepriester aufgesetzt bekommen.
Falls er jemals auftauchte.
Amber zeichnete mit ihrem Stab einen Kreis auf die Erde und legte mit den anderen zusammen Blumen darum. Dieses Jahr war es ein großer Zirkel, da sämtliche Hexen der Stadt teilnahmen. Sie alle wollten beim Rufzauber helfen und waren vor allem wohl auch neugierig, was passierte. Bei ihrer Tätigkeit sprachen sie Gebete für Susan und die andere Hexe, die getötet worden war.
Dann stellten sie dicke grüne Kerzen in die Mitte – Norden, Süden, Osten und Westen. An der Nordseite wurde der Altar aufgestellt, auf dem sie zwei kleine Statuen für Gott und Göttin nebst einem Gefäß mit Weihrauch, einem Kelch mit Wasser und einer Schale Salz sowie Steinen für Wohlergehen und Fruchtbarkeit arrangierten. Außen herum plazierten sie noch mehr grüne Kerzen. Mit den bunten Bändern, die überall von den Bäumen hingen, bot sich nun ein sehr farbenfrohes, wunderschönes Bild.
Hinter ihnen ragte der Maibaum auf, ein drei Meter hoher Mast, der mit Blumen und langen Bändern geschmückt war. Die Nachbarskinder tanzten gern um den Maibaum herum, flochten und entflochten dabei die Bänder, ohne zu wissen, was ihr Tanz symbolisierte. Nun, vielleicht wussten einige von ihnen es doch. Kinder bekamen heutzutage ja so vieles mit.
»Hör auf, den Maibaum anzustarren und an Adrian zu denken!«, murmelte eine der Hexen Amber zu. Als sie
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