Immortal Guardians: Düstere Zeichen (German Edition)
verzichtete sie lieber, denn irgendwo hatte sie mal gelesen, dass man diese besser nicht bei Stichverletzungen benutzen sollte. Dafür trug sie sie großzügig auf die zahllosen Wunden an Armen, Bauch und Beinen auf. An manchen Stellen war die Haut nur aufgeschürft, an anderen klafften tiefe Risse, die mit Pflaster zusammengehalten werden mussten.
Hamameliswasser. Wundsalbe. Pflaster bei Bedarf. Verbandsmull. Sie hatte keine Ahnung, was sie sonst noch für ihn tun könnte.
Wenigstens blutete keine seiner Wunden mehr, ein gutes Zeichen.
Aber irgendwie auch kurios.
Der Schnitt an ihrer Hand hatte damals gar nicht mehr aufgehört. Noch Stunden später, als sie das Handtuch durch einen richtigen Verband ersetzt hatte, war Blut geflossen. Es hatte Tage gedauert, bis die Wunde sich geschlossen hatte.
Doch bei Roland war nichts mehr zu sehen, nicht einmal an den Händen.
Wie konnte das angehen?
Hatte es vielleicht mit seiner Krankheit zu tun? Gerann das Blut von Menschen mit hoher Lichtempfindlichkeit schneller? In dem Fernsehbeitrag über die Kinder war nichts dergleichen erwähnt worden.
Selbst aus den tiefen Stichwunden in seinem Waschbrettbauch sickerte kein Blut mehr. Irgendwie unheimlich.
Nein, nicht nur irgendwie. Das war doch nicht normal. Würde sich sein Brustkorb nicht so gleichmäßig heben und senken, hätte man meinen können, er sei tot.
Sarah ging die Schüssel ausspülen und füllte sie erneut mit Hamameliswasser.
Unter viel Geächze, das nicht sehr damenhaft klang, drehte sie ihn auf die Seite, um sich seinen Rücken anzuschauen.
Lange, tiefe Risse und Verletzungen, die offenbar auch von einem Messer stammten, überzogen seinen Rücken. Zumeist waren sie blutverkrustet und mit Dreck und Gras verklebt. Auch hier waren die Blutungen zum Stillstand gekommen.
Sarah machte sich daran, die Wunden zu verarzten, und fing bei Rolands breiten Schultern an. Er hatte einen kräftigen und muskulösen Rücken. Eine klaffende Wunde zog sich von seiner rechten Schulter bis zur linken Achselhöhle. Es brauchte eine ganze Rolle Pflaster, um den Schnitt zusammenzuhalten. Eine weitere tiefe Wunde sah aus, als wäre der Angreifer mit einer scharfen Waffe am Rippenbogen abgeprallt. An der rechten Seite von Rolands schmalen Hüften verlief ein dritter Schnitt.
Ihr kam das seltsam vor.
Heutzutage trugen Verbrecher doch Schusswaffen. Selbst Kleinkriminelle.
Ganz gleich, welche Feinde Roland sich als Waffenhändler gemacht hatte, warum schossen sie nicht auf ihn, sondern traktierten ihn mit Messern?
Sarah dachte weiter darüber nach, während sie ihn verarztete.
Vielleicht hatten sie keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen. Immerhin wäre ein Schuss hier draußen weithin hörbar gewesen.
Andererseits gab es in dieser Gegend kaum Waffenkriminalität. Zumindest im Vergleich zu Houston, wo sie geboren und aufgewachsen war. Hier draußen dachte man bei einem Schussgeräusch an einen Jäger, Schießübungen, einen knallenden Auspuff oder Böller.
Außerdem gab es doch Schalldämpfer.
Sarah lief vor Scham rot an, als sie sich daranmachte, Blut und Dreck von Rolands Po zu waschen. Er besaß den schönsten Hintern, den sie je gesehen hatte. Alle Männer, mit denen sie je ausgegangen war, hatten keinen Arsch in der Hose gehabt, doch Rolands war rund und knackig. Und die Beine erst …
Wie sein übriger Körper waren auch sie muskulös und perfekt austrainiert (nur die Schnittwunde am Oberschenkel störte den Eindruck der Vollkommenheit).
Ihn so zu berühren, während er schlief, kam ihr sehr intim vor. Normalerweise war Sarah Männern gegenüber eher schüchtern und ließ sich nicht so leicht auf Sex ein. (Für die meisten Frauen, die sie kannte, war Sex eher so eine Art Freizeitsport, über Geschlechtskrankheiten machten die sich keinen Kopf.)
Bei ihrem ersten Freund hatte es sich um einen spindeldürren Typen gehandelt. Der zweite war zu Beginn ihrer Beziehung vergleichbar dünn gewesen, hatte jedoch gut 30 Kilo zu viel auf den Rippen gehabt, als sie sich nach drei Jahren trennten. Und soweit sie sich erinnern konnte, hatte keiner der beiden je eine Hantel angefasst, geschweige denn gestemmt.
Roland dagegen war wie ein Olympia-Athlet gebaut und für einen Augenblick (oder zwei oder drei … vier) wünschte Sarah sich, er wäre unverletzt und sie lockerer.
Nun hatte sie den armen Kerl aber genug angeschmachtet, beschloss sie und stellte Schüssel und Handtuch beiseite. Auf dem schwarzen Bezug des Futons
Weitere Kostenlose Bücher