Immortal Guardians: Düstere Zeichen (German Edition)
Tanner, gerade dabei, einen Stapel Papier aus dem summenden Drucker zu ziehen.
»Ist das die Liste für heute Abend?«
Tanner fuhr zusammen und drehte sich um. In seinem Blick lag eine Mischung aus Erleichterung und Sorge. »Endlich bist du wach.«
Das konnte nichts Gutes heißen.
»Was ist los?«
Tanner verdrehte die Augen und legte den Stapel auf den sauber aufgeräumten Schreibtisch. »Keegan. Er ruft alle fünf Minuten an und will sich unbedingt mit dir treffen.«
»Hat er gesagt, warum?«
»Nein, er beschimpft mich nur ständig, weil ich dich nicht wecken wollte. Und dann hat er mich auch noch verflucht, weil ich ihm nicht verraten habe, wo du wohnst, damit er herkommen und dich selbst wecken kann.«
»Danke dir.« Bastien tat sich nach wie vor recht schwer damit, Keegan, dem Biochemiker, zu vertrauen, und wollte sich ihm keinesfalls schutzlos ausliefern.
»Kein Ding. Aber vielleicht sollten wir ihn zurückrufen, bevor er noch einen Herzinfarkt bekommt.« Er senkte die Stimme. »Oder bevor ich ihn erwürge.«
Bastien schmunzelte. »Ich werde ihm einen Besuch abstatten, sobald es dunkel ist.«
»Brauchst du Verstärkung?«
»Nein, mit dem werde ich schon allein fertig.«
Tanner lachte. »Das bezweifle ich nicht.«
Erneut klingelte das Telefon.
Tanner warf einen Blick aufs Display, nahm ab und ließ den Hörer dann wieder auf die Gabel fallen. »Wie geht es mit der Jagd voran?«
»Langsamer, als ich dachte.«
»Kann ich sonst noch etwas tun?«
»Du tust ja schon genug.«
Tanner nickte, nahm die Papiere vom Schreibtisch und reichte sie Bastien. »Das sind die Adressen für heute Abend.«
Auf jeder der Seiten war oben ein Name samt Adresse vermerkt, darunter befand sich eine Karte mit Wegbeschreibung.
»Der Nachschub scheint nicht zu versiegen, nicht wahr?«
Tanner presste die Lippen aufeinander. »Ja.«
Dr. Montrose Keegan fiel in die Rubrik arrogantes Arschloch, und Bastien konnte ihn nicht ausstehen, was ihn jedoch nicht davon abhielt, ihn für seine Zwecke auszunutzen.
Montroses dreiundzwanzigjähriger Bruder Casey hatte sich vor vier Jahren mit dem Virus angesteckt. (Betrunkene College-Studenten stellten immer eine leichte Beute für Vampire dar, weshalb ein Großteil von Bastiens Männern auch unter fünfundzwanzig war.) Doch wie so häufig hatte der Vampir, von dem Casey verwandelt worden war, sein Opfer bald schon wieder im Stich gelassen.
Kurz darauf hatte Bastien die beiden Brüder kennengelernt, den jungen Vampir unter seine Fittiche genommen und ihm Unterschlupf und Hilfe angeboten. Im Gegenzug sollte ihm Montrose bei der Suche nach einem Gegenmittel helfen. Casey musste sich einverstanden erklären, das Versteck selbst vor seinem Bruder geheim zu halten.
Bislang hatte diese Vereinbarung auch ganz gut funktioniert. Ab und an musste Montrose allerdings leider daran erinnert werden, wer das Sagen hatte.
Geräuschlos schlich sich Bastien in das Haus des alleinstehenden Mannes und stieg, den Flüchen und dem Krach folgend, die Treppe hinunter ins Kellerlabor.
Montrose stand neben einem zugemüllten Schreibtisch und telefonierte. Dann knallte er mit einem lauten Fluchen den Hörer auf die Gabel.
Bastien fuhr die Reißzähne zur vollen Länge aus, sorgte dafür, dass sich seine Verärgerung auch in seinem Blick niederschlug, und setzte dann seine übernatürliche Geschwindigkeit ein, um wie aus dem Nichts vor dem guten Doktor aufzutauchen.
Montrose erschrak dermaßen, dass er beinahe den Halt verlor und strauchelte. »Bastien! Wo … Wie sind Sie hier hereingekommen?«
Der Vampir ließ seine weißen Reißzähne aufblitzen. »Tanner Long ist nicht nur ein Angestellter, sondern auch mein Freund. Könnten Sie mir bitte erklären, warum Sie ihn beleidigt und dazu gedrängt haben, meine Ruhe zu stören?«
Auf Montroses Stirn standen Schweißperlen. Nervös wich der fast kahle Arzt einen Schritt zurück. »Es … Es war ein Notfall.«
Bastien beugte sich bedrohlich über ihn. »Caseys pulverisierten Überreste zu finden, nachdem ein Unsterblicher ihn in die Finger gekriegt hat, das wäre ein Notfall.«
Montrose erbleichte.
»Aber der liebe Casey erwacht gerade aus seinem wohlverdienten Schlaf, den Sie mir verwehren wollten. Also gibt es keinen Notfall. Haben Sie den Anzug fertig?«
»N… Nein. Aber morgen.«
»Warum ist er jetzt noch nicht fertig?«
Nachdem er mehrmals erfolglos angesetzt hatte, platzte es schließlich aus Montrose heraus. »Ich musste noch … Wo haben Sie die
Weitere Kostenlose Bücher