Immortal Guardians: Düstere Zeichen (German Edition)
benutzen.«
Roland fluchte und warf den Kopf in den Nacken.
»Was?«, fragte Marcus.
»Als die Lakaien das Benzin ums Haus herum ausgeschüttet haben, konnte ich hören, wie sie sagten, Bastien habe angeordnet, erst die Frau herauszuholen, bevor sie Feuer legten. Ich bin allerdings davon ausgegangen, dass er … Ich weiß auch nicht … dass er sie bestrafen … oder dass er sie im Fall unserer Flucht als Geisel benutzen wollte. Aber die Lakaien haben explizit davon gesprochen, sie mit sich zurückzunehmen.«
Chris schüttelte den Kopf. »Sie wollen damit doch nicht etwa behaupten, dass Bastien Sarah beschützen wollte?«
Marcus hob eine Braue. »Wenn er keine Menschen umbringt … «
Der arme Chris sah so aus, als würde ihm gleich die Sicherung durchbrennen.
»Der befehligt eine Truppe von Vampiren! Halten Sie die etwa auch für gutartig?«
»Wir dürfen ihn nicht töten«, wiederholte Roland. »Wir müssen erst ganz sicher sein.«
»Und dann? Werden Sie dann zu ihm gehen, ihm die Hand schütteln und sagen: Nichts für ungut ?«
»Nein.« Roland bemerkte Marcus’ Seitenblick. »Wir fangen ihn ein und bringen ihn zu Seth.«
Marcus nickte nachdenklich. »Willst du Seth davon in Kenntnis setzen oder soll ich es tun?«
Rolands Hand schloss sich fester um Sarahs Finger. »Das mache ich schon.«
14
Mit laut hallenden, akzentuierten Schritten eilte Seth durch die schier endlosen Korridore seines Schlosses. Flurauf und flurab.
Sein Gang war zackig, die Schultern hatte er zurückgenommen. Mit wehendem Ledermantel bog er um die Ecken. Obwohl an den Wänden weder Fackeln noch Lampen brannten, bewegte er sich sicher.
In der rechten Hand hielt er sein Handy so fest, dass es zu bersten drohte. Rolands Worte wollten ihm einfach nicht aus dem Kopf gehen, wie Aasgeier umkreisten sie gierig sein Hirn.
Das durfte nicht wahr sein!
Niemals war es möglich, dass Rolands Feind ein Unsterblicher war. Er konnte keinen übersehen haben.
Oder etwa doch?
Endlich hatte er sein Ziel erreicht und betrat einen großen Saal, in dem man Tanzevents hätte ausrichten können. Achtlos ließ er hinter sich die Flügeltüren offenstehen. Unsterblichen und Menschen war es gleichermaßen verboten, über diese Schwelle zu treten oder auch nur einen Blick in den Saal zu werfen. Die Türen hatten zwar kein Schloss, doch selbst unter größter Gewaltanwendung und unter Einsatz sämtlichen Werkzeugs würde es während Seths Abwesenheit nie jemandem gelingen, sie zu öffnen.
Seth nahm seine Verpflichtungen sehr ernst, und normalerweise standen seine zahlreichen Häuser den Unsterblichen jederzeit offen – ebenso wie jenen Menschen, die ihnen so treu und tapfer dienten. Stets war er bestrebt, die Wünsche und Bedürfnisse anderer zu erfüllen. Doch dieser Saal …
… war allein sein Reich.
Er besaß keine Fenster. Nicht ein Mondstrahl erleuchtete Seths Weg.
Ohne die Lampen an der Decke, die auf seinen stummen Befehl hin aufleuchteten, hätte der Älteste in absoluter Dunkelheit gestanden. Zudem gab es keine Möbel. Die einzig dekorativen Elemente waren kunstvolle Verzierungen, die sich über den gesamten Boden und drei der blassgrauen Marmorwände zogen. Allein das Mauerwerk an der Türseite sah kahl und schmucklos aus.
Mit zitternden Händen durchquerte Seth die Halle. Seine Schritte hallten in dem leeren Gewölbe wider, sein Herz hämmerte laut in seiner Brust. Vor Furcht krampfte sich ihm der Magen zusammen. Ein Gefühl, als habe er Säure getrunken.
In den Schatten und Vertiefungen der Gravuren verbargen sich Namen, Daten und kleine Anmerkungen, in einer Sprache, die wohl jeden mit Ausnahme des Verfassers vor ein unlösbares Rätsel gestellt hätte.
Auf der Stirnseite, im äußersten Winkel des Saals, fand Seth schließlich, wonach er suchte.
Einen Namen. Eine einzige Anmerkung. Ein Datum.
SEBASTIEN NEWCOMBE , EARL OF MARSTON
EMPATH
1783
Scheppernd fiel das Handy zu Boden.
Es entsprach doch der Wahrheit.
Sebastien oder Bastien, wie er nun hieß, war ein Begabter gewesen und hatte sich, nachdem er mit dem Virus infiziert worden war, nicht in einen Vampir, sondern einen Unsterblichen verwandelt.
Und Seth hatte sich nicht um ihn gekümmert.
Von Schuldgefühlen übermannt ließ er sich gegen die Wand sinken.
Wie hatte er so etwas nur übersehen können?
Um Fragen zu vermeiden, die er nicht beantworten konnte oder wollte, hatte er den Unsterblichen gegenüber nie erwähnt, dass er drei Dinge intuitiv spürte, auch wenn sie
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