Immortal Guardians: Dunkler Zorn (German Edition)
hatte und wie groß ihre Abneigung gewesen war, zum Netzwerk zu fahren und sich von den dortigen Ärzten behandeln zu lassen.
Er würde sich hüten, ihr Vertrauen zu missbrauchen.
Frustriert schrieb er eine SMS an Seth: Geh endlich an dein verdammtes Handy! Ami braucht dich!
Fluchend steckte Seth sein Handy zurück in die Hosentasche und suchte ungeduldig die nebelverhangene Lichtung um sich herum ab. Nach ihrem kürzlich geführten Gespräch ging er nicht davon aus, dass Marcus schon wieder Mist gebaut hatte. Da die Nachricht jedoch so schnell nach einem Anruf von Reordon kam (Chris hatte allerdings keine Nachricht hinterlassen), schwante ihm nichts Gutes.
Warum musste das Treffen ausgerechnet in dieser Nacht stattfinden?
Und warum musste die Hölle immer genau dann losbrechen, wenn Seth den Angelegenheiten der Unsterblichen Wächter nur einmal kurz den Rücken zukehrte oder sich eine Stunde – nur eine Stunde – freinahm, um sich um eine Privatsache zu kümmern?
Feuchtkalter Nebel umwaberte seine Knöchel. Um ihn herum erhoben sich majestätische Berge, gigantische Bäume ragten hoch in den Nachthimmel auf und bohrten sich wie Dolche in die Sichel des Mondes, der von oben auf ihn herunterlächelte.
Was den Treffpunkt selbst anbelangte, handelte es sich eindeutig um eine gute Wahl. Dunkel. Einsam. Die Luft war frisch und weniger von Umweltgiften verpestet als an anderen Orten.
Die Lichtung war klein und fast vollständig kreisförmig, man hatte das Gefühl, am Grunde eines grün belaubten, verlassenen Raketensilos zu stehen.
Ein weiches, peitschendes Geräusch drang an seine Ohren.
Na endlich.
Sekunden später trat eine Gestalt aus dem Schatten des Waldes und schlenderte in seine Richtung.
Hochgewachsen. Mehrere Zentimeter größer als Seth. Dunkles, welliges Haar, das ihm über die Schultern fiel. Nackter Oberkörper, schwarze, tief auf der Hüfte sitzende Lederhose. Er erinnerte Seth an eine muskelbepackte Version von Jim Morrison.
»Ich stehe etwas unter Zeitdruck«, erklärte Seth ohne weiteres Vorgeplänkel, »und würde es zu schätzen wissen, wenn wir das hier so schnell wie möglich hinter uns bringen könnten.«
Die Mundwinkel des anderen Mannes verzogen sich zu einem grimmigen Lächeln. »Ich freue mich auch, dich wiederzusehen, Cousin.«
»Da du dich nur bei mir meldest, wenn es Ärger gibt, dachte ich, es ist besser, wenn ich gleich zur Sache komme. Was gibt es für ein Problem?«
Der Gesichtsausdruck des anderen Mannes verfinsterte sich. »Deine unsterblichen Superhelden vermasseln alles.«
Seth rollte mit den Augen. »Hat sich einer von ihnen zu nahe an dein Versteck herangewagt?«
Die Kiefermuskeln des anderen zuckten. »Das wäre sehr unklug.«
»Was ist dann das Problem?« Seth blieb reglos stehen, während der andere näher trat und ihn gemächlich umrundete.
»Hast du wirklich gedacht, dass wir nichts von dem Aufstand im letzten Jahr wussten?«
»Natürlich wusstet ihr davon«, erwiderte Seth. »Ist das nicht genau das, was ihr – du und die anderen Tratschtanten – in eurem Nähzirkel tut? Herumsitzen und sich das Maul zerreißen?«
Sein Gegenüber knurrte leise.
»Dann weißt du auch, dass wir ihn niedergeschlagen haben.«
»Habt ihr das?« Er blieb direkt vor Seth stehen.
»Ja.«
»Und warum hat sich dann die Geschichte über den Aufstand rund um den Globus verbreitet?«
»Eine dieser modernen Sagen, wie sie gern in Chatrooms verbreitet werden. Da steckt nichts dahinter.«
Der andere schüttelte den Kopf. »Auch wenn du nicht in der Lage bist, in die Zukunft zu sehen, ein paar von uns besitzen diese Gabe. Und ich sage dir, schon bald ist hier die Kacke am Dampfen.«
Seth wirkte plötzlich interessiert. »Was weißt du?«
»Das kann ich dir nicht sagen.«
Seth schnaubte. »Ach ja, richtig. Du mischst dich nicht ein. Du machst keinen Finger krumm. Du beobachtest nur.« Spöttisch zog er eine Augenbraue in die Höhe. »Und dennoch bist du hier. Was hat sich geändert?«
»Unsere Existenz muss ein Geheimnis bleiben. Du kennst den Grund.«
»Ja, ich kenne die Entschuldigung, die ihr dafür habt, tatenlos herumzusitzen und Däumchen zu drehen –«
»Provozier mich nicht, Seth«, knurrte er. »Ich bin hier, um dir einen Gefallen zu tun. Wenn du diese Scheiße nicht in den Griff bekommst, dann werden die anderen dich, deine Unsterblichen Wächter und das menschliche Netzwerk, das du aufgebaut hast, auslöschen.«
»Das könnt ihr gern versuchen«, entgegnete
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